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Amtsgericht Dieburg, Urteil vom 23.04.2012
20 C 29/12 (23) -

Kündigung wegen Eigenbedarfs angesichts des hohen Alters eines Mieters unwirksam

Eigenbedarfskündigung kann gemäß § 574 BGB widersprochen werden

Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs kann gemäß § 574 BGB widersprochen werden, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter eine Härte bedeutet. Eine solche liegt zum Beispiel vor, wenn dem Mieter aufgrund seines hohen Alters nicht zugemutet werden kann, umzuziehen. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Dieburg hervor.

In dem zu Grunde liegenden Fall wurde einer 83-jährigen Mieterin wegen Eigenbedarf gekündigt. Die Vermieterin hatte die Wohnung zuvor gekauft und wollte diese nun selber nutzen. Sie würde damit die Distanz zu ihrem Arbeitsplatz verringern uns sie könne intensiveren Kontakt mit ihrer Familie halten. Zudem strebe sie angesichts ihrer Lebenssituation die Schaffung eines sozialen Netzwerks aus der Nachbarschaft und der Familie an. Die Mieterin legte gegen die Kündigung gemäß § 574 BGB Widerspruch ein. Sie meinte, ein Eigenbedarf bestehe nicht und es liege eine unbillige Härte wegen ihres Alters und ihres Gesundheitszustands vor. Die Vermieterin klagte daraufhin auf Räumung und Herausgabe der Wohnung.

Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung bestand nicht

Das Amtsgericht Dieburg entschied gegen die Vermieterin. Ihr habe kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung zugestanden, da die Mieterin der Kündigung wirksam widersprochen hatte.

Vermieterin begründete Eigenbedarf vernünftig und nachvollziehbar

Die von der Vermieterin ausgesprochene Kündigung wegen Eigenbedarfs (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) sei an sich berechtigt gewesen. So das Amtsgericht weiter. Sie habe ihren Wunsch nach Eigennutz vernünftig und nachvollziehbar begründet und damit ihren Eigennutzungswillen plausibel dargelegt. Er sei auch angesichts ihres höchst persönlichen Interesses und der nach Art. 14 GG geschützten Eigentumsgarantie gerechtfertigt gewesen.

Widerspruch der Mieterin war rechtmäßig

Aus Sicht des Gerichts habe die Mieterin der Eigenbedarfskündigung jedoch gemäß § 574 BGB widersprechen dürfen, da die Beendigung des Mietverhältnisses für sie eine Härte bedeutet habe. Es sei zu beachten gewesen, dass die Vorschrift einen Ausnahmecharakter zur Eigentumsgarantie darstelle und daher streng ausgelegt werden müsse. Es müsse eine umfassende Interessenabwägung stattfinden.

Interessenabwägung erfolgte zu Gunsten der Mieterin

Die Interessenabwägung habe hier ergeben, so das Amtsgericht weiter, dass das Interesse der Mieterin an der Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses stärker zu bewerten war. Es sei zu berücksichtigen gewesen, dass die Mieterin 83 Jahre alt und in ihrer Nachbarschaft verwurzelt sowie in ihrer Gesundheit eingeschränkt war, was einen Umzug erschwert hätte. Zudem begründe der Wunsch eines älteren Menschen am Verbleib in der Nachbarschaft, ein erhebliches Interesse für die Aufrechterhaltung eines Mietverhältnisses. Demgegenüber sei zu beachten gewesen, dass die Vermieterin vor Erwerb der Wohnung gewusst habe, dass dort eine ältere Person lebte, für die ein Umzug eine besondere Härte darstellen würde.

Mietverhältnis wurde unbefristet fortgesetzt

Das Gericht bestimmte die Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit (§ 574 a Abs. 2 Satz 2 BGB). Denn es sei nicht ersichtlich gewesen, dass sich der Gesundheitszustand der Mieterin zukünftig bessern würde.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 27.03.2013
Quelle: Amtsgericht Dieburg, ra-online (vt/rb)

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