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Amtsgericht München, Urteil vom 05.07.2013
331 C 13903/12 -

Versicherung muss Kosten für Gutachter des Versicherungs­nehmers zum Beweis der Unschuld an einem Unfall nicht erstatten

Schadensregulierung liegt im Ermessespielraum der Versicherung

Bestreitet der Versicherungsnehmer gegenüber seiner Versicherung, den Schaden verursacht zu haben, kann die Versicherung selbst entscheiden, ob sie dennoch zahlt oder nicht. Sie muss ihrem Versicherungsnehmer nicht die Kosten für ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten zum Beweis seiner Unschuld erstatten. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts München hervor.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls ist Halterin eines Pkw VW Golf. Am Nachmittag des 29. Dezember 2008 parkte sie ihren PKW in einer Parkbucht in der Lindwurmstraße in München. Hinter ihrem Pkw war ein Pkw BMW abgestellt. Nach kurzer Zeit kehrte sie zurück, um weiter zu fahren. Wegen eines quer vor ihrem Fahrzeug abgestellten Pkw fuhr sie vorsichtig ein kleines Stück zurück und berührte mit der hinteren Stoßstange minimal die vordere Stoßstange des hinter ihr abgestellten Pkw BMW. Sie hielt an und schaute nach, ob ein Schaden einstanden ist. Dies war nach ihrer Meinung nicht der Fall. Bei dem Pkw BMW stand eine Frau, die der Klägerin gegenüber behauptete, dass sie ihr "reingefahren" sei. Die Klägerin kontrollierte nochmals, ob ein Schaden entstanden ist, konnte nichts feststellen, parkte aus und fuhr weiter.

Halterin des BMW erstattete Strafanzeige

Die Halterin des Pkw BMW erstattete Strafanzeige wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gegen die Klägerin. Die Staatsanwaltschaft München I leitete ein Ermittlungsverfahren ein. Von der Polizei wurden zwei Zeuginnen vernommen, die beide angaben, dass beim Ausparkvorgang die Klägerin den Pkw BMW mehrere Male touchiert und beschädigt habe.

Schäden am BMW wurden laut Gutachten nicht durch Fahrzeug der Klägerin verursacht

Am 5. Juni 2009 regulierte die beklagte KFZ Haftpflichtversicherung der Klägerin den angezeigten Schaden in Höhe von 985,78 Euro. Die Klägerin wollte sich aus Sorge um eine Beitrags-Höherstufung bei der Versicherung damit nicht abfinden und ließ von einem Sachverständigen ein Gutachten zum Beweis dafür anfertigen, dass die Schäden am Pkw BMW nicht durch ihr Fahrzeug verursacht worden sind. Das Gutachten ergab, dass der Schaden tatsächlich nicht von ihrem Fahrzeug herrühren konnte.

Klägerin verlangt Gutachterkosten von Versicherung erstattet

Die Klägerin verlangte daraufhin die Kosten für das Gutachten in Höhe von 1.277 Euro von ihrer Versicherung ersetzt. Sie war der Meinung, dass die beklagte Versicherung vor der Schadensregulierung verpflichtet gewesen wäre, selbst ein Gutachten einzuholen.

Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Regulierung ist entscheidend für Regulierungsverhalten des Versicherers

Die Versicherung verweigerte die Zahlung. Daher erhob die Klägerin Klage zum Amtsgericht München. Die zuständige Richterin wies die Klage jedoch ab. Die Klägerin erhält die Kosten für das Gutachten nicht erstattet. Das Gericht führt aus, dass die Versicherung keine Pflichten aus dem Versicherungsverstrag verletzt habe. Aufgrund ihres Regulierungsermessens sei die Versicherung berechtigt gewesen, den Unfallschaden des Unfallgegners zu regulieren. Nach dem Versicherungsvertragsgesetz hafte die Versicherung direkt gegenüber dem Unfallgegner. Sie dürfe selbständig darüber entscheiden, ob sie den Schaden reguliert oder nicht. Sie sei nicht gehalten, eine Regulierung zu verweigern, weil ihr Versicherungsnehmer eine Schadensersatzpflicht bestreitet. Sie habe im Rahmen ihres Ermessensspielraumes selbständig über die Befriedigung der an sie gerichteten Ansprüche zu befinden. Entscheidend für das Regulierungsverhalten des Versicherers sei sein Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Regulierung. Der Ermessensspielraum gehe so weit, dass der Versicherer auch dem Aspekt der Prozessökonomie den Vorrang geben dürfe. Die beklagte Versicherung habe vor der Regulierung den Sachverhalt unter Berücksichtigung des Inhalts der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft geprüft. Darin waren zwei Zeugenaussagen, mit dem Inhalt, dass die Klägerin mehrmals gegen den BMW gefahren sei. Eine der beiden Zeuginnen sei am Geschehen völlig unbeteiligt gewesen. Die beklagte Versicherung habe auch keine Möglichkeit gehabt, eine sofortige Begutachtung einzuleiten, da die Klägerin keine zeitnahe Schadensmeldung gemacht habe. Die beklagte Versicherung sei in Anbetracht der Höhe des regulierten Schadens von unter 1000 Euro auch aus wirtschaftlichen Gründen berechtigt gewesen, von weiteren Ermittlungen abzusehen.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 20.03.2015
Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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Kommentare (3)

 
 
Armin schrieb am 14.10.2015

Es wäre vorliegend vielleicht sinnvoller gewesen die angeblich Geschädigte auf Rückzahlung der unberechtigter Weise erhaltenen Schadenersatzzahlung an die Versicherung zu verklagen. vgl. § 812 BGB

Streitig könnte vorliegend dann jedoch sein, ob die Klägerin dann in zulässigerweise aktivlegitimiert sein kann.

Magdalena schrieb am 23.03.2015

Dann wünsche ich mir jetzt, dass dieser Richterin einmal monatlich dasselbe passiert und dass sie solange entweder ihre Gutachterkosten oder Prämienerhöhung zahlen muss. Vielleicht kommt sie dann einmal von Ihrem Elfenbeinturm herunter. Was hätte die PKW-Fahrerin denn anders machen sollen, um ihre Unschuld zu beweisen, wenn schon die Versicherung zu bequem ist, trotz Hinweis der Fahrerin die Sache zu prüfen. Dass die "geschädigte" Fahrerin evt. sogar betrogen hat, scheint offenbar niemanden zu interessieren. Bei dem Rechtsverständnis kann ich getrost auf die holde Richterschaft verzichten und regele demnächst selber.

Kerstin antwortete am 14.10.2015

das ist ja wirklich das Letzte!

Und das ist die Versicherung, der die Geschädigte vertraut hat! Die jahrelang ihre Beiträge kassiert hat! Da fehlt mir jedes Verständnis.

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