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Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.07.2007
- II ZR 232/05, II ZR 233/05 -
BGH zur Bedeutung des Flaschenpfandes und zum Eigentum an individualisierten Mehrwegpfandflaschen
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich in zwei Fällen mit dem Flaschenpfand zu befassen. Er hat entschieden, dass der auf der Flasche aufgedruckte Begriff "Pfand" als ein Angebot an jedermann zu verstehen ist. Daher kann auch das Pfandgeld verlangen, wer Flaschen im großen Stil beim Hersteller zurückgibt. In einem zweiten Fall hat der BGH entschieden, dass das Eigentum an "individualisierten" Flaschen bei demjenigen verbleibt, der sie als Pfandflaschen in Verkehr bringt. Eine "Ersetzungsbefugnis" derart, dass der spätere Besitzer entscheiden könne, ob er das Pfand verfallen lassen wolle, besteht nicht.
Die Beklagte beider Verfahren vertreibt stilles Mineralwasser in 1,5 Liter PET – Einwegpfandflaschen, die von ihr beim Verkauf des Wassers mit einem Pfand von 0,25 € belegt werden. In die Flaschen sind der Name des Wassers eingestanzt und das Wort "Pfand" oder "Pfandflasche" aufgedruckt. Die Flaschen sind mit einer Banderole versehen, die u.a. den Text "Pfand € 0,25" oder "0,25 € Pfand" enthält. Zu der Beklagten zurückgelangte Flaschen werden nicht erneut befüllt, sondern zerkleinert und das Rohmaterial neu verwendet.
II ZR 232/05
Die Klägerin im Verfahren II ZR 232/05 befasst sich mit der Sortierung von Getränkeflaschen. Sie bietet diese Dienstleistung Getränkeherstellern an und sortiert aus den Kästen ihrer Vertragspartner die Flaschen anderer Hersteller aus. Als Entgelt dafür darf sie einen vereinbarten Anteil der von ihr aussortierten Flaschen behalten. Auf diese Weise haben sich bei der Klägerin erhebliche Flaschenbestände der Beklagten angesammelt. Sie nimmt nunmehr die Beklagte auf Auszahlung des Pfandgeldes Zug um Zug gegen
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos.
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Er hat entschieden, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin das Pfandgeld auszuzahlen und die Flaschen zurückzunehmen. Der Senat hat dem auf der Flaschenbanderole aufgedruckten Begriff "Pfand" das Angebot an jedermann entnommen, den dort angegebenen Betrag gegen Rückgabe der Flasche zu erstatten.
Ob die Beklagte nicht nur durch das in der Flaschenbanderole erklärte und von der Klägerin – mit der Aufforderung, ihr die Pfandbeträge gegen Rückerstattung der Flaschen zu erstatten – angenommene Angebot, sondern auch nach den Vorschriften der Verpackungsordnung zur Rücknahme der Flaschen und Auszahlung des Pfandgeldes verpflichtet ist, hat der Senat offen gelassen.
II ZR 233/05
Die Klägerin im Verfahren II ZR 233/05 vertreibt - wie die Beklagte - stilles Mineralwasser. Sie füllt ihr Wasser in - nach ihren Angaben bis zu fünfzehn Mal verwendbare - 1,5 Liter PET-Mehrwegflaschen ab, deren Anschaffungskosten sie mit 0,173 € beziffert und die sie mit einem Pfand von 0,15 € belegt. Die Flaschen der Klägerin sind mit der Einprägung "GG-Pool" versehen. Die Klägerin macht geltend, die Beklagte habe 728.552 bei ihr aufgelaufene Flaschen der Klägerin mit einem durchschnittlichen Zeitwert von 0,0865 € je Flasche zusammen mit ihren eigenen Flaschen verpresst. Sie nimmt die Beklagte deshalb auf Zahlung von Schadensersatz und Unterlassung der Vernichtung weiterer Flaschen in Anspruch und begehrt außerdem die Feststellung, dass die Beklagte zur
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, zwar sei zu unterstellen, dass die Klägerin beim Verkauf des Wassers das Eigentum an den Flaschen nicht verloren habe. Jedoch sei unter Berücksichtigung der Vorstellungen des Rechtsverkehrs von einer einvernehmlichen Abrede zwischen allen Beteiligten auszugehen, dass es dem Endkunden freistehe, die
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat der Revision der Klägerin teilweise stattgegeben. Die vom Berufungsgericht angenommene "Ersetzungsbefugnis" hat der Senat verneint. Er hat entschieden, dass der Eigentümer einer individualisierten, d.h. aufgrund einer dauerhaften Kennzeichnung als sein Eigentum ausgewiesenen Mehrwegpfandflasche durch den Verkauf des Getränkes über den Großhandel bis zum Endverbraucher das Eigentum an den Flaschen nicht verliert. Er kann deshalb
Diese Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs war hier nicht erfüllt, weil der wirtschaftliche Wert der zerstörten Flaschen geringer war als der von der Klägerin für jede Flasche vereinnahmte Pfandbetrag. Diesen Betrag muss sich die Klägerin auf den durch den Verlust ihrer Flaschen entstandenen Schaden anrechnen lassen.
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Leitsatz zur Entscheidung mit dem Az. II ZR 232/05:
BGB §§ 133 C, 157
Der Begriff "Pfand" auf einer individualisierten - dauerhaft von den Produkten anderer Hersteller/Vertreiber unterscheidbaren - Getränkeflasche beinhaltet das Angebot des dort namentlich genannten Getränkeherstellers/Vertreibers an jedermann, die Flasche gegen Zahlung des Pfandbetrages zurückzunehmen.
Leitsatz zur Entscheidung mit dem Az. II ZR 233/05:
BGB §§ 1004, 985, 986 Abs. 1, 249
a) Der Eigentümer einer individualisierten - aufgrund einer dauerhaften Kenn-zeichnung als sein Eigentum ausgewiesenen - Mehrwegpfandflasche verliert das Eigentum an der Flasche weder durch den Verkauf des Getränkes an den Großhandel noch durch den weiteren Vertrieb des Getränkes bis zum Endverbraucher.
b) Er kann von seinen Konkurrenten Herausgabe seiner leeren Flaschen fordern und sie wegen der Vernichtung seiner Flaschen auf Unterlassung und grundsätzlich auch auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.
c) Auf den durch den Verlust seiner Flaschen entstandenen Schaden muss er sich den vereinnahmten Pfandbetrag anrechnen lassen.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 13.07.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 94/07 des BGH vom 09.07.2007
- Landgericht Wiesbaden, Urteil vom 15.11.2004
[Aktenzeichen: 11 O 84/03] - Landgericht Wiesbaden, Urteil vom 09.12.2004
[Aktenzeichen: 13 O 149/04] - Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 08.07.2005
[Aktenzeichen: 10 U 274/04] - Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 08.07.2005
[Aktenzeichen: 10 U 11/05]
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Dokument-Nr. 4523
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