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Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.10.2015
IV ZR 284/12 -

BGH: Für in den Jahren 1994-2007 abgeschlossene Lebens- und Renten­versicherungen gilt ewiges Widerspruchsrecht

Voraussetzung ist nicht ordnungsgemäße Belehrung über Widerspruchsrecht

Für in den Jahren 1994 bis 2007 abgeschlossene Lebens- und Renten­versicherungen gilt ein ewiges Widerspruchsrecht, wenn der Versicherer nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht des Versicherungs­nehmers belehrt hat. Die von 1994 bis 2007 geltende Vorschrift des § 5 a Abs. 2 Satz 4 des Vertrags­versicherungs­gesetzes (VVG), die eine Widerspruchsfrist von einem Jahr regelt, ist europarechtswidrig und findet daher keine Anwendung. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall schloss ein Versicherungsnehmer im März 2003 eine fondsgebundene Rentenversicherung ab. In diesem Zusammenhang erhielt der Versicherungsnehmer neben dem Versicherungsschein auch die Versicherungsbedingungen und eine Verbraucherinformation. Der Versicherungsschein enthielt nur eine unvollständige Belehrung über das Widerspruchsrecht nach § 5 a VVG alte Fassung. Eine vollständige, aber nicht gänzlich in Fettdruck hervorgehobene Belehrung erfolgte erst in der Verbraucherinformation. Im Februar 2008 erklärte der Versicherungsnehmer den Widerspruch und verlangte die Rückzahlung der geleisteten Versicherungsbeiträge. Der Versicherer hielt den Widerspruch für unzulässig, da dieser gemäß § 5 a Abs. 2 Satz 4 VVG alte Fassung spätestens ein Jahr nach der ersten Prämienzahlung habe erklärt werden müssen. Dies sei nicht geschehen. Der Versicherungsnehmer vertrat die Meinung, dass die Vorschrift europarechtswidrig sei und erhob daher Klage auf Rückzahlung.

Amtsgericht und Landgericht wiesen Klage auf Rückzahlung ab

Sowohl das Amtsgericht München als auch das Landgericht München I wiesen die Klage auf Rückzahlung der Versicherungsbeiträge ab. Das Landgericht begründete dies damit, dass eine vollständige und somit ordnungsgemäße Belehrung über das Widerspruchsrecht erfolgt sei. Folglich habe der Versicherungsnehmer innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der Belehrung seinen Widerspruch erklären müssen. Dies sei aber nicht geschehen. Gegen diese Entscheidung legte der Versicherungsnehmer Revision ein.

Bundesgerichtshof bejaht Anspruch auf Prämienrückzahlung

Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten des Versicherungsnehmers und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Dem Versicherungsnehmer habe ein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Prämien zugestanden. Denn der Widerspruch sei rechtzeitig erfolgt.

Nicht ordnungsgemäße Belehrung über Widerspruchsrecht

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs habe der Versicherer nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers belehrt. So sei die Belehrung auf Seite 1 des Versicherungsscheins unvollständig und inhaltlich falsch gewesen. Die in der Verbraucherinformation erfolgte Belehrung sei ebenfalls unzureichend gewesen. So sei nur der erste Satz in Fettdruck gehalten gewesen. Der übrige Text sei nicht drucktechnisch hervorgehoben worden, so dass insbesondere der Hinweis darauf, dass die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs zur Fristwahrung genüge, habe übersehen werden können.

Widerspruchsfrist von einem Jahr europarechtswidrig

Sei die Widerspruchsbelehrung nicht ordnungsgemäß erfolgt, so der Bundesgerichtshof weiter, habe zwar nach § 5 a Abs. 2 Satz 4 VVG alte Fassung eine Widerspruchsfrist von einem Jahre ab der ersten Prämienzahlung gegolten. Diese Vorschrift sei jedoch europarechtswidrig und daher nicht anzuwenden gewesen. Somit bleibe bei in den Jahren von 1994-2007 abgeschlossenen Lebens- und Rentenversicherungen das Widerspruchsrecht ewig bestehen (vgl. BGH, Urt. v. 07.05.2014 - IV ZR 76/11 -).

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 07.01.2016
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

Vorinstanzen:
  • Amtsgericht München, Urteil vom 15.07.2011
    [Aktenzeichen: 273 C 32402/10]
  • Landgericht München I, Urteil vom 09.08.2012
    [Aktenzeichen: 31 S 23891/11]
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