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Bundesgerichtshof, Urteil vom 01.03.2013
V ZR 14/12 -

BGH: Grundstücks­eigentümer trifft Entscheidung über kommerzielle Verwertung von Bildern seines Grundstücks selbst bei Erlaubnis des Zugangs

Eigenmächtig aufgenommene Fotos begründen Unterlassungs­anspruch gegen Fotografen

Gestattet ein Grundstücks­eigentümer den Zugang zu seinem Grundstück, entscheidet er weiterhin allein über die kommerzielle Nutzung der von seinem Grundstück angefertigten Bilder. Macht ein Fotograf eigenmächtig Aufnahmen des Grundstücks, steht dem Grundstücks­eigentümer ein Unterlassungs­anspruch zu. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Zu den Aufgaben einer öffentlich-rechtlichen Stiftung gehörten das Bewahren, Pflegen und Zugänglichmachen von ehemals preußischen Schlössern und andere historische Bauten sowie den dazugehörigen Gartenanlagen. Die Stiftung wendete sich gegen eine Fotoagentur, welche überwiegend im Auftrag Dritter, aber auch in Eigeninitiative, ohne Genehmigung Fotos von Kulturgütern der Stiftung erstellte. Die Stiftung klagte unter anderem auf Unterlassen der Vervielfältigung, Verbreitung und öffentlichen Wiedergabe von zu privaten Zwecken angefertigten Fotos der ihr gehörenden Kulturgüter.

Vorinstanzen gaben Klage statt

Sowohl das Landgericht Potsdam als auch das Oberlandesgericht Brandenburg gaben der Klage statt. Das Oberlandesgericht begründete eine Entscheidung damit, dass die Fotoagentur das Eigentum der Stiftung verletzte, indem sie von den Gebäuden und Parkanlagen ungenehmigt Fotoaufnahmen anfertigte und verwertete. Die Fotoagentur wendete sich gegen das Berufungsurteil mit der Revision. Ihrer Meinung nach, habe der Stiftung angesichts der Erlaubnis zum Betreten des Grundstücks kein Unterlassungsanspruch zugestanden. Zudem sei das Urheberrecht der Fotoagentur und die grundrechtlich geschützte Informationsfreiheit zu beachten gewesen.

BGH bejahte Unterlassungsanspruch der Stiftung

Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass der Eigentümer durch die Verwertung von Fotografien seines Grundstücks, die ohne seine Genehmigung innerhalb der Grundstücks aufgenommen wurden, in seinem Eigentum beeinträchtigt werde und daher nach § 1004 BGB verlangen könne, die Verwertung solcher Fotografien zu unterlassen. Denn zum Recht des Grundstückseigentümers gehöre nicht nur die Abwehr von Beeinträchtigungen der Sachsubstanz, sondern auch das Recht darüber zu entscheiden, wer das Grundstück betreten und zu welchen Bedingungen dies geschehen darf. Damit einher gehe das Recht darüber zu entscheiden, wer die wirtschaftlichen Vorteile ziehen darf, die das Betreten oder Benutzen des Grundstücks eröffnet. Erlaube der Grundstückseigentümer das Betreten und Benutzen seines Grundstücks nur unter bestimmten Bedingungen, sei jede Abweichung hiervon ein Eingriff in das Eigentumsrecht und damit eine Eigentumsbeeinträchtigung.

Urheberrecht der Fotoagentur unerheblich

Das Urheberrecht der Fotoagentur habe den Unterlassungsanspruch nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht ausgeschlossen. Zwar vermittle sein Urheberrecht ein ausschließliches Recht an der Verwertung der Fotos gegenüber Dritten. Gegenüber dem Grundstückseigentümer vermittle es aber keine Befugnisse. Die Eigentumsstörung durch die ungenehmigte Verwertung der Bilder werde nicht dadurch rechtmäßig, dass dem Störer Rechte gegenüber Dritten zustehen.

Grundrecht auf Informationsfreiheit nicht beeinträchtigt

Zwar sei die Stiftung als öffentlich-rechtliche Einrichtung an die Grundrechte gebunden gewesen, so der Gerichtshof weiter. Der Unterlassungsanspruch habe jedoch nicht im Widerspruch zur Informationsfreiheit (Art. 5 GG) gestanden. Denn die Stiftung habe jedem den kostenlosen Zugang zu ihren Anwesen zu nichtkommerziellen Zwecken erlaubt. Zudem habe sie durch entsprechende Entgeltermäßigungen und -freistellungen sichergestellt, dass die Presse ihrem Auftrag zur Unterrichtung der Öffentlichkeit ungehindert nachkommen konnte. Im vorliegenden Fall sei es aber ohnehin nicht um die Presse- und Informationsfreiheit sowie der Unterrichtung der Öffentlichkeit gegangen.

Kommerzielle Verwertung stand im Vordergrund

Der Fotoagentur sei es aus Sicht der Bundesrichter allein um die kommerzielle Verwertung der Fotografien gegangen. Ihr sei es nicht darauf angekommen die Öffentlichkeit über die Anwesen der Stiftung zu informieren. Vielmehr habe sie Unternehmen entgeltlich die Fotos zur Verfügung gestellt, mit deren Hilfe diese ihre unternehmerischen Ziele verfolgen können. Zwar könne zu diesen Zielen die Information der Öffentlichkeit gehören. Dies wäre dann aber nicht Ziel der Fotoagentur, sondern des Unternehmens. Im Übrigen habe die Stiftung die kommerzielle Nutzung nicht generell untersagt, sondern lediglich von einem Entgelt abhängig gemacht.

Kein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht

Einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht (Art. 10 EMRK, Art. 11 EuGrCh) sah der Gerichtshof nicht. Die Stiftung habe einen diskriminierungsfreien Zugang zu den Kulturgütern gewährleistet. Denn sie habe die kommerzielle Nutzung stets von einem Entgelt abhängig gemacht. Darüber hinaus sehe das Gemeinschaftsrecht nicht vor, die gewerbliche Verwertung von Fotografien auch dann kostenfrei zu gestatten, wenn ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht besteht.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.06.2013
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

Vorinstanzen:
  • Landgericht Potsdam, Urteil vom 21.11.2008
    [Aktenzeichen: 1 O 161/08]
  • Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil vom 15.12.2011
    [Aktenzeichen: 5 U 13/09]
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