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Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.01.2011
- X ZR 71/10 -
Abflug vom Deutschen Flughafen – Bei Flugannullierung besteht Entschädigungsanspruch auch gegen US-Fluglinie
BGH zur gerichtlichen Zuständigkeit für Klage auf Ausgleichszahlung nach EU-Fluggastrechteverordnung
Der Bundesgerichtshof hatte über die gerichtliche Zuständigkeit für Klagen auf Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastrechteverordnung gegen ein Luftfahrtunternehmen, das seinen Sitz nicht in der Europäischen Union hat, zu entscheiden.
Die Kläger des zugrunde liegenden Falls verlangen von dem beklagten Luftfahrtunternehmen, das seinen Hauptsitz in den Vereinigten Staaten von Amerika hat, u. a. eine Ausgleichzahlung in Höhe von jeweils 600 Euro nach Artikel 5 und 7 der EU-Fluggastrechteverordnung.* Die Kläger buchten bei der Beklagten einen Flug von Frankfurt am Main in die USA. Wegen eines Defekts des Flugzeugs wurde der Flug jedoch annulliert und die Kläger konnten erst am nächsten Tag in die USA fliegen.
Amtsgericht verneint, Landgericht bejaht gerichtliche Zuständigkeit
Das Amtsgericht Frankfurt am Main wies die Klage ab, weil es sich für international nicht zuständig gehalten hat. Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte hingegen bejaht und das beklagte Luftfahrtunternehmen zur Ausgleichszahlung nebst Zinsen verurteilt. Gegen das Berufungsurteil hat das beklagte Luftfahrtunternehmen Revision eingelegt.
Bei geplantem Abflug aus Deutschland sind hiesige Gerichte für Klagen auf Ausgleichszahlung zuständig
Der Bundesgerichtshof hat die Revision in der Hauptsache zurückgewiesen. Wenn ein Luftfahrtunternehmen mit Sitz außerhalb der Europäischen Union gestützt auf die EU-Fluggastrechteverordnung auf Ausgleichszahlung in Anspruch genommen wird, sind bei einem geplanten Abflug aus Deutschland die hiesigen Gerichte zuständig. Die internationale Zuständigkeit ist in diesem Fall zwar regelmäßig nicht nach Unionsrecht und daher nicht nach der EU-Zuständigkeitsverordnung** zu bestimmen. Entscheidend sind vielmehr die Zuständigkeitsregeln der Zivilprozessordnung (ZPO). In Fällen, in denen - wie hier - der vertragsgemäße Abflug von einem
(Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 [Auszug]
Artikel 5
Annullierung
(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen
[…]
c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt …
Artikel 7
Ausgleichsanspruch
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen …
Erläuterungen
** - Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
Artikel 5
Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden:
1. […]
b) im Sinne dieser Vorschrift - und sofern nichts anderes vereinbart worden ist - ist der Erfüllungsort der Verpflichtung
- für den Verkauf beweglicher Sachen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen;
- für die Erbringung von Dienstleistungen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen
[…]
*** - Zivilprozessordnung [Auszug]
§ 29 Besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsorts
(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.01.2011
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
- Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 22.04.2009
[Aktenzeichen: 29 C 2033/08 - 73] - Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 22.04.2010
[Aktenzeichen: 16 U 84/09]
- EuGH zur gerichtlichen Zuständigkeit bei Ansprüchen von Passagieren aufgrund von Flugannullierungen
(Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 09.07.2009
[Aktenzeichen: C-204/08]) - Luftfahrtunternehmen muss bei Flugannullierung grundsätzlich Ausgleichszahlung leisten
(Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 22.12.2008
[Aktenzeichen: C-549/07])
Jahrgang: 2011, Seite: 201 DAR 2011, 201 | Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR)
Jahrgang: 2011, Seite: 382 MDR 2011, 382 | Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW)
Jahrgang: 2011, Seite: 2056 NJW 2011, 2056 | Zeitschrift: Reiserecht aktuell (RRa)
Jahrgang: 2011, Seite: 79 RRa 2011, 79 | Zeitschrift für Transportrecht (TranspR)
Jahrgang: 2011, Seite: 196 TranspR 2011, 196 | Zeitschrift: Verbraucher und Recht (VuR)
Jahrgang: 2011, Seite: 228 VuR 2011, 228 | Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM)
Jahrgang: 2011, Seite: 427 WM 2011, 427
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