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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.05.2013
- XII ZB 107/08 -
Detektivkosten im Unterhaltsrechtsstreit bei Verwendung eines GPS-Systems nicht erstattungsfähig
Überwachung mittels GPS-Systems stellt unverhältnismäßigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar
Der Bundesgerichtshof hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob Detektivkosten für die Erstellung eines umfassenden Bewegungsprofils des geschiedenen Ehegatten im Rahmen eines Unterhaltsrechtsstreits erstattungsfähig sind. Das Gericht entschied, dass auch Detektivkosten - sofern sie auf der Grundlage eines konkreten Verdachts zur Durchsetzung des Rechts notwendig waren - zu den Prozesskosten zählen können. Dies gilt allerdings nur, wenn die Mittel zur Beschaffung von Beweisen auch im Rechtsstreit verwertet werden dürfen. Daran fehlt es beispielsweise bei einem durch GPS-Sender erstellten umfassenden personenbezogenen Bewegungsprofil.
Der Kläger des zugrunde liegenden Falls war rechtskräftig zur Zahlung nachehelichen Unterhalts verurteilt worden. In jenem Verfahren hatte die Beklagte als Unterhaltsberechtigte geltend gemacht, ihre Beziehung zu einem andern Mann sei beendet. Später hatte sie die Beziehung jedoch fortgesetzt.
Kläger beauftrag Detektiv
Zur Vorbereitung einer Abänderungsklage hatte der Kläger einen Detektiv mit der Feststellung beauftragt, ob die Beklagte eine verfestigte Lebensgemeinschaft i.S.v. § 1579 Nr. 2 BGB unterhalte. Der Detektiv überwachte die Fahrten der Beklagten mit einem an ihrem Fahrzeug heimlich angebrachten GPS-Sender.
Parteien streiten über Erstattung der Detektivkosten
Nachdem die Beklagte vorprozessual die Voraussetzungen für einen Wegfall ihres Unterhaltsanspruchs verneint hatte, erkannte sie im anschließenden Abänderungsverfahren den Antrag des Klägers auf Wegfall seiner Unterhaltspflicht an. In dem Anerkenntnisurteil wurden ihr die Kosten des Verfahrens auferlegt. Im nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren stritten die Parteien darum, ob auch die
Detektivkosten können zu Prozesskosten zählen
Das Oberlandesgericht hat dies abgelehnt; der Bundesgerichtshof hat die vom Oberlandesgericht zugelassene Rechtsbeschwerde zurückgewiesen. Zu den Prozesskosten, die auf der Grundlage der Kostengrundentscheidung festgesetzt werden können, zählen nicht nur die durch Einleitung und Führung eines Rechtsstreits ausgelösten Kosten, sondern auch solche Kosten, die durch rechtmäßige Maßnahmen zur Vorbereitung eines bevorstehenden Verfahrens ausgelöst werden. Dazu können auch
Kosten zur Beschaffung von Beweismitteln müssen nur bei Verwertbarkeit der Beweise getragen werden
Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits allerdings nur insoweit zu tragen, als sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Das ist bei Kosten zur Beschaffung von Beweismitteln nur dann der Fall, wenn diese im Rechtsstreit verwertet werden dürfen. Daran fehlt es bei einem durch GPS-Sender erstellten umfassenden personenbezogenen Bewegungsprofil. Denn die Feststellung, Speicherung und Verwendung greift in unzulässiger Weise in das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verbürgte Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Ein solcher Eingriff kann durchaus durch die Wahrnehmung überwiegender schutzwürdiger Interessen der Allgemeinheit unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, etwa im Rahmen des § 100 h Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StPO, gerechtfertigt sein (vgl. insoweit auch Bundesgerichtshof, Urteil v. 04.06.2013 - 1 StR 32/13 -).
Punktuelle persönliche Beobachtung wäre geeignetes Mittel zum Nachweis einer verfestigten Lebensgemeinschaft gewesen
Da im vorliegenden Fall mit einer punktuellen persönlichen Beobachtung ein milderes geeignetes Mittel zum Nachweis einer verfestigten Lebensgemeinschaft zur Verfügung gestanden hätte, stellt sich die durchgeführte Überwachung mittels GPS-Systems aber als unverhältnismäßiger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beklagten dar, der einer Erstattungspflicht der Kosten entgegensteht.
Die maßgebliche Norm lautet wie folgt:
§ 1579 BGB (Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit)
Ein Unterhaltsanspruch ist zur versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil
1. [...]
2. der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt,
[...]
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 12.07.2013
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
- Amtsgericht Oldenburg, Urteil vom 15.04.2008
[Aktenzeichen: 6 F 2354/07] - Keine Erstattung von Detektivkosten beim Einsatz von unzulässigen Ermittlungsmethoden
(Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 20.05.2008
[Aktenzeichen: 13 WF 93/08])
- Detektivkosten im Unterhaltsverfahren können nicht bei den außergewöhnlichen Belastungen berücksichtigt werden
(Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.08.2007
[Aktenzeichen: 3 K 1062/04]) - Detektivkosten bei Streit zwischen Nicht-Eheleuten erstattungsfähig
(Oberlandesgericht Koblenz, Beschluss vom 02.01.2007
[Aktenzeichen: 14 W 785/06])
Jahrgang: 2013, Seite: 585 CR 2013, 585 | Zeitschrift: Familien-Rechts-Berater (FamRB)
Jahrgang: 2013, Seite: 288 FamRB 2013, 288 | Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ)
Jahrgang: 2013, Seite: 1387 FamRZ 2013, 1387 | Zeitschrift: Familie und Recht (FuR)
Jahrgang: 2013, Seite: 583 FuR 2013, 583 | juris - Die Monatszeitschrift (jM)
Jahrgang: 2014, Seite: 18, Entscheidungsbesprechung von Wolfram Viefhues jM 2014, 18 (Wolfram Viefhues) | Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR)
Jahrgang: 2013, Seite: 1006 MDR 2013, 1006 | Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW)
Jahrgang: 2013, Seite: 2668 NJW 2013, 2668 | Zeitschrift: NJW-Spezial
Jahrgang: 2013, Seite: 549 NJW-Spezial 2013, 549
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Dokument-Nr. 16276
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