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Bundessozialgericht, Beschluss vom 12.12.2013
- B 4 AS 9/13 R -
Hartz IV: Bundessozialgericht legt EuGH Fragen zum Gleichbehandlungsgebot für EU-Bürger zur Vorabentscheidung vor
Steht arbeitsuchenden EU-Bürgern in Deutschland ein Anspruch auf Hartz IV zu?
Das Bundessozialgericht muss darüber entscheiden, ob EU-Bürgern bei einem Aufenthalt zur Arbeitssuche in Deutschland ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zusteht. Das Bundessozialgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zum Gleichbehandlungsgebot für EU-Bürger zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Die Kläger des zugrunde liegenden Falls sind schwedische Staatsangehörige. Die 1966 in Bosnien geborene Klägerin zu 1) reiste im Juni 2010 erneut mit ihren Kindern, der im Mai 1994 geborenen Klägerin zu 2) und den in den Jahren 1998 und 1999 geborenen Klägern zu 3) und 4), in die Bundesrepublik ein. Sämtliche Kinder sind in Deutschland geboren. Den Klägern wurde am 1. Juli 2010 eine Bescheinigung nach § 5 FreizügG/EU erteilt. Nach ihrer Einreise bezog die Klägerin zu 1) Kindergeld für die Kläger zu 2) bis 4). Die Klägerinnen zu 1) und 2) waren seit Juni 2010 in kürzeren Beschäftigungen bzw. Arbeitsgelegenheiten von weniger als einem Jahr tätig, jedoch nicht mehr in der Zeit ab Mai 2011. Im Übrigen bezogen die Kläger SGB II-Leistungen, zuletzt durch Bewilligung des beklagten Jobcenters für den Zeitraum vom 1. Dezember 2011 bis 31. Mai 2012. Diese Bewilligung hob das
SG bejaht Anspruch auf Sozialleistungen
Das Sozialgericht Berlin hat den Aufhebungsbescheid aufgehoben, weil eine wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen nicht eingetreten sei. Die Kläger hätten auch im Mai 2012 Anspruch auf Arbeitslosengeld II bzw. auf Sozialgeld gehabt. Zwar vermittele bei den Klägerinnen zu 1) und 2) - nach Beendigung der Beschäftigungen - wieder ausschließlich die
Beklagte verneint Verstoß gegen Europäisches Fürsorgeabkommen
Mit seiner Revision macht das
BSG legt EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vor
Das Bundessozialgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Gilt das Gleichbehandlungsgebot des Artikel 4 VO (EG) 883/2004 - mit Ausnahme des Exportausschlusses des Artikel 70 Abs. 4 VO (EG) 883/2004 - auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen im Sinne von Artikel 70 Abs. 1, 2 VO (EG) 883/2004?
2. Falls 1) bejaht wird: Sind - ggf. in welchem Umfang - Einschränkungen des Gleichbehandlungsgebots des Artikel 4 VO (EG) 883/2004 durch Bestimmungen in nationalen Rechtsvorschriften in Umsetzung des Artikel 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG möglich, nach denen der Zugang zu diesen Leistungen ausnahmslos nicht besteht, wenn sich ein Aufenthaltsrecht des Unionsbürgers in dem anderen Mitgliedstaat allein aus dem Zweck der
3. Steht Artikel 45 Abs. 2 AEUV in Verbindung mit Artikel 18 AEUV einer nationalen Bestimmung entgegen, die Unionsbürgern, die sich als Arbeitsuchende auf die Ausübung ihres Freizügigkeitsrechts berufen können, eine Sozialleistung, die der Existenzsicherung dient und gleichzeitig auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert, ausnahmslos für die Zeit eines Aufenthaltsrechts nur zur Arbeitsuche und unabhängig von der Verbindung mit dem Aufnahmestaat verweigert?
Die Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union erfolgt auf der Grundlage von Artikel 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), der den Mitgliedstaaten eine einheitliche Auslegung und Anwendung des Unionsrechts ermöglichen soll. Das Bundessozialgericht ist als letztinstanzliches Gericht der Sozialgerichtsbarkeit nach Artikel 267 Abs. 3 AEUV verpflichtet, dem EuGH ein Vorabentscheidungsersuchen zur Auslegung einer Norm des Unionsrechts vorzulegen, wenn es dies zur Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits für erforderlich hält.
BSG verneint einen sich aus dem Europäischen Fürsorgeabkommen ergebenden Anspruch auf SGB II-Leistungen
Das Gericht geht nach Vorprüfung im Rahmen des Vorlageverfahrens davon aus, dass sich im streitigen Monat Mai 2012 ein Anspruch der Kläger auf SGB II-Leistungen nicht mehr bereits aus dem Europäischen Fürsorgeabkommen ergab und der von der Bundesregierung am 19. Dezember 2011 erklärte Vorbehalt wirksam ist. Von der richtigen Auslegung der in den Vorlagefragen bezeichneten Vorschriften des Unionsrechts hängt es ab, ob die deutsche Ausschlussklausel für
Ausschluss würde übermäßige Belastung des Leistung gewährenden Mitgliedstaates vermeiden
Die Ausschlussklausel des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II differenziert nach der Staatsangehörigkeit, weil sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts arbeitsuchenden EU-Bürgern anderer Mitgliedstaaten für die gesamte Dauer ihres Aufenthaltsrechts zur Arbeitsuche uneingeschränkt verweigert, während deutsche Staatsangehörige diese beanspruchen können. Die Frage, ob diese
Zu der Vereinbarkeit der Ausschlussklausel mit EU-Recht liegen bereits zahlreiche Entscheidungen der Sozialgerichte und Landessozialgerichte, insbesondere in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, vor.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 17.12.2013
Quelle: Bundessozialgericht/ra-online
- Hartz IV-Anspruch gilt auch für EU-Bürger aus Rumänien
(Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.11.2013
[Aktenzeichen: L 6 AS 130/13]) - Arbeitsuchende Migranten haben Anspruch auf "Hartz IV"-Leistungen
(Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.10.2013
[Aktenzeichen: L 19 AS 129/13]) - Arbeitsuchende Unionsbürger haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II
(Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15.11.2013
[Aktenzeichen: L 15 AS 365/13 B ER])
Rechtsfragen zum diesem Thema auf refrago:
Jahrgang: 2014, Seite: 159, Entscheidungsbesprechung von Bettina Karl jM 2014, 159 (Bettina Karl)
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Dokument-Nr. 17376
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