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Bundessozialgericht, Urteil vom 14.05.2014
- B 6 KA 21/13 R -
Krankenkassen müssen Kosten für Buscopan® nicht generell übernehmen
Medikament muss nicht generell für verordnungsfähig erklärt werden
Stellt ein Pharmaunternehmen beim Gemeinsamen Bundesausschuss den Antrag, ein Arzneimittel in die Liste der Medikamente aufzunehmen, die trotz fehlender Verschreibungspflicht ausnahmsweise zu Lasten der Krankenkassen verordnet werden dürfen, muss der Gemeinsame Bundesausschuss darüber umfassend entscheiden. Bei der Bearbeitung des Antrags der Firma B. in Bezug auf Buscopan® hat der Gemeinsame Bundesausschuss genau dies nicht hinreichend beachtet und muss deshalb prüfen, ob dieses Medikament als Standardtherapeutikum bei schweren und schwersten spastischen Abdominalbeschwerden in die Liste aufzunehmen ist. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundessozialgerichts hervor.
Im zugrunde liegenden Verfahren stand die Aufnahme des nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels Buscopan Dragees in die Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie im Streit.
Pharmaunternehmen beantragt Aufnahme von Buscopan Dragees in die Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie
Das
LSG weist Klage des Pharmaunternehmens ab
Das Landessozialgericht Berlin wies die Klage ab. Spastische Abdominalbeschwerden beim Reizdarmsyndrom seien keine "schwerwiegende Erkrankung" im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Allenfalls für die Indikation "spastische Abdominalbeschwerden beim schweren Reizdarmsyndrom" sei die Schwelle der "schwerwiegenden" Beeinträchtigung erreicht. Für diese Indikation fehle es aber an dem erforderlichen Antrag. Unabhängig davon handle es sich bei Buscopan Dragees zwar um eine gängige Therapiemöglichkeit, nicht aber um den Therapiestandard.
Pharmaunternehmen weist auf Form- und Verfahrensfehler hin
Die Klägerin macht mit ihrer Revision geltend, dass der Beklagte bei seiner Entscheidung Form- und Verfahrensfehler begangen habe. Spastische Abdominalbeschwerden beim Reizdarmsyndrom seien eine schwerwiegende Erkrankung, die standardmäßig mit Buscopan behandelt würden.
Gemeinsamer Bundesausschuss darf Verordnungsfähigkeit an bestimmte Voraussetzungen binden
Das Bundessozialgericht verwies darauf, dass das klagende Pharmaunternehmen berechtigt ist, die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses, ein (nur) apothekenpflichtiges Medikament nicht in die Liste der ausnahmsweise verordnungsfähigen
Krankheitsbilder beschreiben nicht per se "schwerwiegende" Erkrankung im Sinne des Gesetzes
Soweit der Gemeinsamen Bundesausschuss Buscopan® nicht generell auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 SGB V für die Behandlung des Reizdarmsyndroms und der spastischen Beschwerden bei dieser Krankheit in der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen hat, ist dessen Entscheidung nicht zu beanstanden. Diese Krankheitsbilder beschreiben nicht per se eine "schwerwiegende" Erkrankung im Sinne des Gesetzes. Das kann bei "schweren und schwersten spastischen Abdominalbeschwerden" jedoch anders sein. Da sich der Gemeinsame Bundesausschuss nach seiner Einlassung im Verfahren vor dem Landessozialgericht zumindest nicht ausdrücklich mit der Frage befasst hat, ob Buscopan® bei diesen Diagnosen und unter Berücksichtigung der für den Arzt zur Verfügung stehenden therapeutischen Alternativen sowie möglichweise zusätzlicher Voraussetzungen (Erfolglosigkeit anderer Behandlungen) Therapiestandard sein kann, muss der Gemeinsame Bundesausschuss darüber noch entscheiden. Das Begehren der Klägerin, Buscopan® generell für verordnungsfähig zu erklären, ist dagegen nicht begründet.
Rechtsvorschriften
§ 34 Ausgeschlossene Arznei-, Heil- und Hilfsmittel
(1) Nicht
1. versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
2. versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, sind von der Versorgung nach § 31 folgende
1.
2. Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen,
3. Abführmittel,
4.
Von der Versorgung sind außerdem
(6) Pharmazeutische Unternehmer können beim Gemeinsamen Bundesausschuss Anträge zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Zusammenstellung nach Absatz 1 Satz 2 und 4 stellen.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 16.05.2014
Quelle: Bundessozialgericht/ra-online
- Krankenkasse muss auch Kosten für nichtverschreibungspflichtige Medikamente übernehmen
(Sozialgericht Speyer, Urteil vom 11.06.2007
[Aktenzeichen: S 7 KR 283/06]) - BSG: Festbeträge für Cholesterinsenker Sortis rechtmäßig
(Bundessozialgericht, Urteil vom 01.03.2011
[Aktenzeichen: B 1 KR 7/10 R, B 1 KR 10/10 R, B 1 KR 13/10 R]) - Keine Verordnung von Abmagerungsmitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen
(Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.02.2008
[Aktenzeichen: L 7 B 112/07 KA ER])
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Dokument-Nr. 18222
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