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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 07.02.2012
- 1 BvL 14/07 -
Ausschluss von Nicht-EU-Bürgern vom Landeserziehungsgeld nach Bayerischem Landeserziehungsgeldgesetz verfassungswidrig
Bundesverfassungsgericht verpflichtet Gesetzgeber zur Neuregelung verfassungswidriger Vorschriften
Der Ausschluss von Nicht-EU-Bürgern bei der Gewährung des Landeserziehungsgeldes nach dem Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetz ist verfassungswidrig. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht.
Der Freistaat Bayern führte 1989 das Landeserziehungsgeld ein, das im Anschluss an den Bezug des Bundeserziehungsgeldes gewährt wird und es Eltern ermöglichen soll, über einen längeren Zeitraum Elternzeit zu nehmen und ihre Kinder selbst zu betreuen. Nach dem Landeserziehungsgeldgesetz (BayLErzGG) in seiner hier maßgeblichen Fassung des Jahres 1995 wurde das Landeserziehungsgeld nach dem Bezug des Bundeserziehungsgeldes grundsätzlich für weitere zwölf Lebensmonate des Kindes in Höhe von 500 DM monatlich gewährt. Bezugsberechtigt war gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG nur, wer die
Antrag auf Landeserziehungsgeld aufgrund der polnischen Staatsangehörigkeit zurückgewiesen
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ist polnische
Sozialgericht legt Bundesverfassungsgericht Vorschrift zur verfassungsrechtlichen Prüfung vor
Ihre hiergegen erhobene Klage führte zunächst zur Vorlage vor den Bayerischen Verfassungsgerichtshof, der die Regelung des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG für vereinbar mit der bayerischen Verfassung erklärte. Das Sozialgericht hat die Vorschrift sodann dem Bundesverfassungsgericht zur verfassungsrechtlichen Prüfung vorgelegt, weil es sie für nicht vereinbar mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem grundrechtlich gewährleisteten Schutz von Ehe und Familie hält.
Regelung sowohl in der Fassung von 1995 als auch die Nachfolgeregelung nicht mit allgemeinem Gleichheitssatz vereinbar
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Regelung des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG in der Fassung des Jahres 1995 wie auch die inhaltlich gleichen Nachfolgeregelungen nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sind, weil sie Personen, die nicht eine der dort genannten Staatsangehörigkeiten besitzen, ohne sachlichen Grund generell vom Anspruch auf
Verfassungsrechtliche Pflicht zur Förderung von Familien durch Gewährung von Erziehungsgeld besteht nicht
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde: Das zur Prüfung gestellte Staatsangehörigkeitserfordernis verletzt nicht die aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG abzuleitende Schutz- und Förderpflicht des Staates zugunsten der Familie. Denn das allgemeine verfassungsrechtliche Gebot, die Pflege- und Erziehungstätigkeit der Eltern zu unterstützen, begründet keine konkreten Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen und somit auch keine verfassungsrechtliche Pflicht des Freistaats Bayern, Familien durch die Gewährung von
Verfassungsrechtlicher Schutz der Familie ist nicht auf Deutsche beschränkt
Die Regelung des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG verstößt jedoch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), weil es an einem legitimen Gesetzeszweck fehlt, der die Benachteiligung der nicht erfassten ausländischen Staatsangehörigen rechtfertigen könnte. Die Gewährung von
Berufen auf Gesichtspunkt der Förderung so genannter Landeskinder ungerechtfertigt
Die Ungleichbehandlung kann auch nicht mit dem Ziel gerechtfertigt werden, eine Förderung auf Personen zu begrenzen, die dauerhaft in Bayern leben werden, da das Kriterium der
Bloßer „Mitnahmeeffekt“ nicht wahrscheinlich
Auch die Verhinderung von „Mitnahmeeffekten“, die daraus resultieren könnten, dass sich Personen kurzfristig in Bayern niederlassen, um in den Genuss der bayerischen Erziehungsgeldregelung zu gelangen, scheidet als tragfähiges Regelungsziel aus. Denn die
Vermeiden staatlicher Ausgaben kein Grund um Ungleichbehandlung von Personengruppen zu rechtfertigen
Fiskalische Interessen können die Schlechterstellung ausländischer Staatsangehöriger durch Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG ebenfalls nicht rechtfertigen. Staatliche Ausgaben zu vermeiden, ist zwar ein legitimer Zweck, der jedoch für sich genommen eine Ungleichbehandlung von Personengruppen nicht zu rechtfertigen vermag. Ist kein darüber hinausgehender sachlicher Differenzierungsgrund vorhanden, muss der Gesetzgeber finanzpolitischen Belangen erforderlichenfalls durch eine Beschränkung der Leistungshöhe oder der Bezugsdauer für alle Berechtigten Rechnung tragen.
Schließlich kann die Differenzierung nach der
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 08.03.2012
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online
- BSG stellt beim Bundesverfassungsgericht Anfrage zur Verfassungswidrigkeit der Voraussetzungen für Bundeserziehungsgeld an Ausländer mit bestimmten Aufenthaltserlaubnissen
(Bundessozialgericht, Entscheidung vom 03.12.2009
[Aktenzeichen: B 10 EG 5/08 R, B 10 EG 6/08 R, B 10 EG 7/08 R]) - Höhere Anforderungen an Elterngeldbezug für humanitäre Flüchtlinge verfassungsgemäß
(Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.02.2009
[Aktenzeichen: L 13 EG 67/08]) - BVerfG: Anspruch auf Erziehungsgeld für Ausländer mit Aufenthaltsbefugnis
(Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.07.2004
[Aktenzeichen: 1 BvR 2515/95])
Jahrgang: 2013, Seite: 89 JuS 2013, 89 | Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW)
Jahrgang: 2012, Seite: 1711 NJW 2012, 1711
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Dokument-Nr. 13154
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