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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 29.06.2016
- 1 BvR 1717/15 -
Verfassungsbeschwerde gegen Versagung von Schmerzensgeld nach rechtswidriger Freiheitsentziehung erfolgreich
Abweisung der Schadensersatzklage durch das Landgericht stellt Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Rechts auf Freiheit der Person dar
Das Bundesverfassungsgericht hat einer Verfassungsbeschwerde gegen die Abweisung einer Schmerzensgeldklage stattgegeben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Im Ausgangsverfahren klagte der Beschwerdeführer erfolglos auf Zahlung eines Schmerzensgeldes, weil er im Zusammenhang mit Protesten gegen einen Castortransport rechtswidrig in Gewahrsam genommen worden war. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Klageabweisung den Beschwerdeführer in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und in seinem Grundrecht auf Freiheit der Person verletzt, da das Landgericht insbesondere die Bedeutung der Verletzung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG nicht in die gebotene Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalles einbezogen hat.
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beschwerdeführer nahm vom 26. auf den 27. November 2011 anlässlich eines Castortransports an der Blockade einer Bahnstrecke teil. Der Aufforderung der Polizei, sich zu entfernen, kam der Beschwerdeführer nicht nach. Daraufhin verbrachte die Polizei ihn in eine naheliegende Gewahrsamseinrichtung, die er gegen Mittag des folgenden Tages wieder verlassen konnte. Auf Antrag des Beschwerdeführers stellte das zuständige Landgericht zunächst fest, dass die
Geldentschädigung wegen rechtswidrigem Freiheitsentzug zu Unrecht verneint
Das Bundeverfassungsgericht entschied, dass die Erwägungen, aufgrund derer das Landgericht einen Anspruch des Beschwerdeführers auf
Schutzauftrag des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wird durch Anspruch auf Ausgleich immaterieller Schäden verwirklicht
Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass der Schutzauftrag des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch den Anspruch auf Ausgleich des immateriellen Schadens verwirklicht wird. Dies gilt nicht weniger, wenn auch das Grundrecht auf Freiheit der Person betroffen ist. Dass eine
Landgericht verkennt nachhaltige Beeinträchtigung durch rechtswidrige Festsetzung des Beschwerdeführers
In den angegriffenen Entscheidungen verkennt das Landgericht die Anforderungen an die Verwirklichung des grundrechtlichen Schutzes, indem es seine Auffassung, dass die von dem Beschwerdeführer erlittene Rechtseinbuße durch die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des Gewahrsams hinreichend ausgeglichen sei, allein auf eine Würdigung der Umstände der Durchführung des Gewahrsams gestützt hat. Demgegenüber wird die Verletzung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG nicht in die gebotene Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalles einbezogen. Zu beanstanden ist insbesondere, dass das Landgericht in der mindestens achtstündigen rechtswidrigen Festsetzung des Beschwerdeführers keine nachhaltige Beeinträchtigung gesehen hat, ohne die abschreckende Wirkung zu erwägen, die einer derartigen Behandlung für den künftigen Gebrauch des Rechts auf Versammlungsfreiheit zukommen kann. Soweit das Landgericht zur Begründung der Abweisung der
Entschädigung kann nicht mit Hinweis auf Verzögerungen aufgrund von Abwicklungsproblemen der Polizei verneint werden
Das Absehen von einer Entschädigung kann auch nicht darauf gestützt werden, dass die durchgeführte
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 10.08.2016
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online
- BVerfG zu Schmerzensgeldzahlungen bei rechtswidrigem Freiheitsentzug
(Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 11.11.2009
[Aktenzeichen: 1 BvR 2853/08]) - EGMR: Fünftägige Ingewahrsamnahme während G8-Gipfel nicht gerechtfertigt
(Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 01.12.2011
[Aktenzeichen: 8080/08 und 8577/08])
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Dokument-Nr. 23014
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