Hier beginnt die eigentliche Meldung:
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10.03.2016
- 1 BvR 2844/13 -
Meinungsfreiheit schützt auch emotionalisierte Äußerungen
Beschuldigte hat nach unmittelbar vorangegangenem Angriff auf ihre Ehre "Recht auf Gegenschlag"
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Meinungsfreiheit auch die Freiheit umfasst, ein Geschehen subjektiv und sogar emotionalisiert darzustellen, insbesondere als Erwiderung auf einen unmittelbar vorangegangenen Angriff auf die Ehre, der gleichfalls in emotionalisierender Weise erfolgt ist. Das Gericht gab damit der Verfassungsbeschwerde einer Beschwerdeführerin statt, die sich gegen eine zivilgerichtliche Unterlassungsverurteilung gewandt hatte.
Der Kläger des Ausgangsverfahrens war mit der Beschwerdeführerin liiert, bis sie ihn Anfang des Jahres 2010 wegen
In der Folgezeit begehrte der Kläger von der Beschwerdeführerin die Unterlassung mehrerer
BVerfG bejaht Verletzung der Meinungsfreiheit
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die angegriffenen Entscheidungen die Beschwerdeführerin in ihrer
Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die
Persönliche Wahrnehmung von Ungerechtigkeit darf sich in emotionaler Äußerung widerspiegeln
Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist als subjektive Freiheit des unmittelbaren Ausdrucks der menschlichen Persönlichkeit ein grundlegendes Menschenrecht. Sie umfasst nicht zuletzt die Freiheit, die persönliche Wahrnehmung von Ungerechtigkeiten in subjektiver Emotionalität in die Welt zu tragen. Dabei kann insbesondere bei Vorliegen eines unmittelbar vorangegangenen Angriffs auf die Ehre eine diesem Angriff entsprechende, ähnlich wirkende Erwiderung gerechtfertigt sein. Wer im öffentlichen Meinungskampf zu einem abwertenden Urteil Anlass gegeben hat, muss eine scharfe Reaktion auch dann hinnehmen, wenn sie das persönliche Ansehen mindert.
Gerichte verkennen bei Entscheidung Freiheit der Betroffenen zur Bewertung eines Geschehen in subjektiver und sogar emotionalisiert Weise
Die angegriffenen Entscheidungen genügen diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben nicht. Zwar haben die Gerichte zutreffend einerseits das große Informationsinteresse der Öffentlichkeit und andererseits den Freispruch berücksichtigt, der dazu führt, dass die schweren Vorwürfe, die Gegenstand des Strafverfahrens waren, nicht unbegrenzt wiederholt werden dürfen. Auch haben sie berücksichtigt, wieweit die
Beschwerdeführerin steht "Recht auf Gegenschlag" zu
Zu Gunsten der Beschwerdeführerin war in die Abwägung zudem einzustellen, dass sie sich in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu dem (noch nicht rechtskräftigen) Freispruch äußerte und lediglich wiederholte, was der Öffentlichkeit aufgrund der umfänglichen Berichterstattung zu dem Strafverfahren bereits bekannt war. Die Gerichte haben überdies das vorangegangene Verhalten des Klägers nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt. Der Beschwerdeführerin steht ein "Recht auf Gegenschlag" zu und dabei ist sie nicht auf eine sachliche, am Interview des Klägers orientierte Erwiderung beschränkt, weil auch der Kläger und seine Anwälte sich nicht sachlich, sondern gleichfalls in emotionalisierender Weise äußerten. Der Kläger, der auf diese Weise an die Öffentlichkeit trat, muss eine entsprechende Reaktion der Beschwerdeführerin hinnehmen.
Werbung
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 29.04.2016
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online
- Landgericht Köln, Urteil vom 30.05.2012
[Aktenzeichen: 28 O 1065/11] - Jörg Kachelmann obsiegt im Rechtsstreit gegen ehemalige Lebensgefährtin
(Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 06.11.2012
[Aktenzeichen: 15 U 97/12]) - Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.07.2013
[Aktenzeichen: VI ZR 518/12]
Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Dokument-Nr. 22544
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/Beschluss22544
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.
Senden Sie uns diese Entscheidungen doch einfach für kostenlose-urteile.de zu. Unsere Redaktion schaut gern, ob sich das Urteil für eine Veröffentlichung eignet.