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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 17.12.2014
- 2 BvR 278/11 -
Staatliche Anerkennung der Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft hängt vom nach außen erkennbaren Willen des Betroffenen ab
Angabe "mosaisch" bei meldebehördlicher Angabe kann als Synonym für "jüdische" Religionszugehörigkeit verstanden werden
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die staatliche Anerkennung der Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft von einem nach außen erkennbaren Willen des Betroffenen abhängt. Dem Staat ist es dabei aufgrund seiner Pflicht zur religiös-weltanschaulichen Neutralität nicht gestattet, Glauben und Lehre einer Religionsgemeinschaft als solche zu bewerten und unterschiedliche Strömungen innerhalb der Rekigionsgemeinschaft zu bewerten und hieraus den möglichen Willen zur Zugehörigkeit einzelner Betroffener abzuleiten. Das Bundesverfassungsgericht gab mit seiner Entscheidung einer Beschwerde der jüdischen Gemeinde statt, die ein Ehepaar als Mitglieder ansah, das in meldebehördlichen Formularen zur Religion "mosaisch" angab, im nachhinein aber nicht als Mitglied der jüdischen Gemeinde gezählt werden wollte. Das Bundesverfassungsgericht verwies darauf, dass die Angabe "mosaisch" durchaus als Synonym für "jüdische" Religionszugehörigkeit verstanden werden kann.
Die Beschwerdeführerin ist die einzige
Kläger widersprechen Mitgliedschaft in der jüdischen Gemeinde
Die Kläger des Ausgangsverfahrens, ein in Frankreich nach jüdischem Ritus getrautes Ehepaar, sind französische Staatsangehörige jüdischer
Beschwerdeführer wenden sich gegen Entscheidung des BVerwG
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das in seiner Entscheidung erklärte, dass das staatliche Recht nicht von einer Mitgliedschaft der Kläger bei der Beschwerdeführerin ausgehen könne.
Bundesverwaltungsgericht stellt überzogene Anforderungen an erkennbaren Willen zur Religionszugehörigkeit
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass das Bundesverwaltungsgericht zwar von zutreffenden verfassungsrechtlichen Maßstäben bei der Abgrenzung zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der
Wille, einer Religionsgemeinschaft angehören zu wollen, kann in vielfältiger Weise zum Ausdruck gebracht werden
Die angegriffene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Recht aus Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 140 GG und Art. 137 Abs. 3 WRV. 1. Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV garantiert den Religionsgesellschaften die Freiheit, ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes zu ordnen und zu verwalten. Eigene Angelegenheiten in diesem Sinne sind auch die Rechte und Pflichten der Mitglieder der einzelnen
Frage der Mitgliedschaft richtet sich nach dem innerreligionsgemeinschaftlichen Recht
Gemessen an diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben hat das Bundesverwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung die Bedeutung und Tragweite von Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV verkannt. Das Bundesverwaltungsgericht geht in seiner Entscheidung zunächst zutreffend davon aus, dass sich die Frage der Mitgliedschaft nach dem innerreligionsgemeinschaftlichen Recht richtet, wenn das staatliche Recht an die Zugehörigkeit zu einer
Zwangsmitgliedschaft liegt im vorliegenden Fall nicht vor
Soweit das Bundesverwaltungsgericht darauf abstellt, ob eine Willensbekundung festgestellt werden könne, die den Schluss auf eine vom Willen des Betroffenen getragene Zuordnung zu einer
BVerwG verkennt Reichweite und Grenzen des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften
Auch soweit das Bundesverwaltungsgericht fordert, die Willensbekundung müsse sich auf die Mitgliedschaft in der konkreten rechtlich verfassten
Angabe "mosaisch" lässt Willen zur Zugehörigkeit zur Beschwerdeführerin nach außen hinreichend erkennen
Aus den Angaben der Kläger gegenüber der Meldebehörde lässt sich - erst recht in einer Gesamtschau mit den weiteren Umständen des Einzelfalles - aus Sicht eines objektiven Dritten der nach außen objektiv erklärte Wille der Kläger entnehmen, der Beschwerdeführerin angehören zu wollen. Angaben gegenüber Meldebehörden sind als voluntative Grundlage zur Begründung eines Mitgliedschaftsverhältnisses in einer
Staat ist Bewertung von Glauben und Lehre einer Religionsgemeinschaft aufgrund seiner Pflicht zur religiös-weltanschaulichen Neutralität nicht gestattet
Wenn das Bundesverwaltungsgericht sich angesichts einer von ihm angenommenen Tendenz zur Pluralisierung und Rekonfessionalisierung des Judentums daran gehindert sieht, aus der Angabe einer „mosaischen“
Mitgliedschaft in jüdischer Gemeinde kann aus der Gesamtschau der Begleitumstände bejaht werden
Unabhängig hiervon kann vorliegend jedenfalls aus der Gesamtschau der Begleitumstände die Mitgliedschaft in der konkreten Gemeinde bejaht werden. Die Beschwerdeführerin ist die einzige
Klägerin bereits vor Wegzug nach Frankreich Mitglied der Gemeinde
Dieses Verständnis der Angaben der Kläger drängt sich im vorliegenden Fall umso mehr auf, da zumindest die Klägerin bereits vor ihrem Wegzug nach Frankreich - ebenso wie ihre in der dortigen Gemeinde aktiven Eltern - Mitglied der Beschwerdeführerin war. Auch vor ihrem Wegzug nach Frankreich hatte sie von der Möglichkeit, den
Ob die Beschwerdeführerin durch die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zum Parochialrecht in ihren Rechten verletzt ist, kann danach ebenso offen gelassen werden, wie die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Verletzung weiterer Rechte.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 22.01.2015
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online
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Dokument-Nr. 20506
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