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Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27.02.2019
- BVerwG 6 C 3.18 -
Geringfügige Verspätung bei mündlicher Pflichtfachprüfung darf nicht zum Nichtbestehen der gesamten Prüfung führen
BVerwG zu den Anforderungen an die Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit von prüfungsrechtlichen Sanktionen
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die landesrechtlichen Vorschriften, die im Rahmen von berufsbezogenen Prüfungen Sanktionen vorsehen, nach dem Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG strengen Anforderungen in Bezug auf ihre Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit unterliegen.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls war zu dem Termin für die mündliche
Versäumter Prüfungsteil kann aus Gründen der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall mit 0 Punkten bewertet werden
Die von der Klägerin erhobene Klage blieb vor dem Verwaltungsgericht Minden und dem Oberverwaltungsgericht Münster ohne Erfolg. Auf ihre Revision änderte das Bundesverwaltungsgericht die vorinstanzlichen Urteile und hob den angegriffenen Bescheid des Justizprüfungsamts auf. Nach der für das Bundesverwaltungsgericht bindenden Auslegung der landesrechtlichen Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW durch das Oberverwaltungsgericht kann deren Tatbestand nicht nur dadurch verwirklicht werden, dass ein Prüfling den Termin für die mündliche
Anwendung der Vorschrift für Prüflinge nicht vorhersehbar
Nach dem prüfungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot müssen Sanktionsnormen nach ihrem Tatbestand und nach der vorgesehenen Rechtsfolge dem Prüfling ermöglichen, sich so zu verhalten, dass er jede Gefahr einer Sanktion vermeidet. Diesen Anforderungen wird § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW in der Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht nicht gerecht, da seine Anwendung für die Prüflinge nicht vorhersehbar ist. Die Norm gewinnt tatbestandlich den Charakter einer sanktionsrechtlichen Generalklausel und kann Rechtsfolgen nach sich ziehen, die in ihrem Wortlaut in keiner Weise aufscheinen.
Vorschrift verstößt gegen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Zudem verstößt die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW in ihrer Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht gegen den bundesverfassungsrechtlichen Grundsatz der
Vorschrift greift nur bei Ausstieg aus mündlicher Prüfung aus eigenem Entschluss
Das Bundesverwaltungsgericht hat § 20 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 JAG NRW verfassungskonform dahingehend ausgelegt, dass die Norm nach ihrem Tatbestand nur diejenigen Fälle erfasst, in denen ein Prüfling aus der begonnenen mündlichen
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 28.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online (pm)
- Verwaltungsgericht Minden, Urteil vom 11.11.2016
[Aktenzeichen: 8 K 1116/15] - Oberverwaltungsgericht Münster, Urteil vom 20.06.2017
[Aktenzeichen: 14 A 2441/16]
- VG Weimar: Verspäteter Schüler darf an Wiederholungsprüfung teilnehmen
(Verwaltungsgericht Weimar, Beschluss vom 08.06.2009
[Aktenzeichen: 2 E 682/09 We]) - Verlegung des Prüfungsortes für zweites juristisches Staatsexamen zulässig
(Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 04.06.2010
[Aktenzeichen: VG 15 L 180.10])
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Dokument-Nr. 27122
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