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Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15.07.2016
- BVerwG 9 C 3.16 -
Bundesverwaltungsgericht erklärt Planfeststellungsbeschluss für Waldschlösschenbrücke für teilweise rechtswidrig
Nachträglichen FFH-Verträglichkeitsprüfung erforderlich
Das Bundesverwaltungsgericht hat den Planfeststellungsbeschluss der Landesdirektion Sachsen vom 25. Februar 2004 in der Gestalt verschiedener Änderungsbescheide für den Bau der Waldschlösschenbrücke in Dresden für rechtswidrig erklärt.
Dem ursprünglichen
Sachverhalt
Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens ist ein in Sachsen anerkannter Naturschutzverein. Er hatte im April 2004 vor dem Verwaltungsgericht Dresden Klage gegen den
Verwaltungsgericht weist Klage ab
Das Verwaltungsgericht Dresden wies die Klage mit Urteil vom 30. Oktober 2008 ab und ließ die Berufung zu. Im Laufe des Berufungsverfahrens wurde der
OVG weist Berufung des Klägers zurück
Mit Urteil vom 15. Dezember 2011 hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen und gleichzeitig die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Der Kläger rügt mit seiner Revision Verfahrensverstöße des Oberverwaltungsgerichts sowie Verstöße des Planfeststellungsbeschlusses gegen das Naturschutzrecht, insbesondere das FFH- und das Vogelschutzrecht.
EuGH erklärt Fortsetzung des Projekts nur bei Ausschluss einer Verschlechterung der Lebensräume für zulässig
Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verfahren nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung im März 2014 ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union verschiedene Fragen zur FFH-Richtlinie vorgelegt (Beschluss vom 6. März 2014 - BVerwG 9 C 6.12 -). Der Gerichtshof hatte mit Urteil vom 14. Januar 2016 (Az. C-399/14) über die Vorlage entschieden. Dabei stellte der Gerichtshof klar, dass die Ausführung eines Projekts, das - wie im vorliegenden Fall - vor einer Gebietsausweisung genehmigt wurde, nach der Gebietslistung unter das sogenannte Verschlechterungsverbot des Art. 6 Abs. 2 dieser Richtlinie fällt. Ein solches Projekt darf nur dann fortgesetzt werden, wenn eine Verschlechterung der Lebensräume und eine Störung von Arten ausgeschlossen ist.
BVerwG verweist auf Fehlen einer artenschutzrechtlichen Prüfung
Das Bundesverwaltungsgericht kam zu dem Ergebnis, dass sich im vorliegenden Fall aus dem Verschlechterungsverbot eine Pflicht zur Durchführung einer nachträglichen FFH-Verträglichkeitsprüfung ergibt. Da das Vorhaben über eine Ausnahme nach Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie zugelassen werden soll, muss diese den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie entsprechen. Eine solche Untersuchung fehlt bislang. Ferner fehlt eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende artenschutzrechtliche Prüfung. Demgegenüber konnte der Kläger mit weiteren Einwendungen nicht durchdringen. Die Landesdirektion Dresden hat nun ein ergänzendes Verfahren durchzuführen, um die festgestellten Mängel zu beheben. Die weitere Nutzung der Brücke bis zum Abschluss dieser Prüfung war nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Art. 6 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206, S. 7) - FFH-Richtlinie - lautet:
"(1) Für die besonderen Schutzgebiete legen die Mitgliedstaaten die nötigen Erhaltungsmaßnahmen fest, die gegebenenfalls geeignete, eigens für die Gebiete aufgestellte oder in andere Entwicklungspläne integrierte Bewirtschaftungspläne und geeignete Maßnahmen rechtlicher, administrativer oder vertraglicher Art umfassen, die den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen nach Anhang I und der Arten nach Anhang II entsprechen, die in diesen Gebieten vorkommen.
(2) Die Mitgliedstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden, sofern solche Störungen sich im Hinblick auf die Ziele dieser Richtlinie erheblich auswirken könnten.
(3) Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.
(4) Ist trotz negativer Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art ein Plan oder Projekt durchzuführen und ist eine Alternativlösung nicht vorhanden, so ergreift der Mitgliedstaat alle notwendigen Ausgleichsmaßnahmen, um sicherzustellen, dass die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt ist. Der Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission über die von ihm ergriffenen Ausgleichsmaßnahmen. Ist das betreffende Gebiet ein Gebiet, das einen prioritären natürlichen Lebensraumtyp und/oder eine prioritäre Art einschließt, so können nur Erwägungen im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit oder im Zusammenhang mit maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt oder, nach Stellungnahme der Kommission, andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses geltend gemacht werden."
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 18.07.2016
Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online
- Dresdner Waldschlößchenbrücke: Öffentliches Interesse an Bau der Brücke überwiegt den teils erheblichen Beeinträchtigen des Naturschutzes
(Verwaltungsgericht Dresden, Urteil vom 30.10.2008
[Aktenzeichen: 3 K 923/04]) - Oberverwaltungsgericht Sachsen, Urteil vom 15.12.2011
[Aktenzeichen: 5 A 195/09]
- Dresdner Elbtalbrücke (Waldschlösschenbrücke) darf gebaut werden
(Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 12.11.2007
[Aktenzeichen: 5 BS 336/07]) - UNESCO-Welterbe: Verfassungsbeschwerde der Stadt Dresden in Sachen „Waldschlösschenbrücke“ ohne Erfolg
(Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 29.05.2007
[Aktenzeichen: 2 BvR 695/07])
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Dokument-Nr. 22908
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