Hier beginnt die eigentliche Meldung:
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 23.03.2016
- 1 BvR 184/13 -
Anordnung einer Betreuung setzt vorherige persönliche Anhörung voraus
Unterbleiben der persönlichen Anhörung begründet Rechtswidrigkeit der Anordnung der Betreuung
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass eine Betreuung mit einem tiefen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht verbunden ist und daher eine persönliche Anhörung durch das Betreuungsgericht grundsätzlich unverzichtbar ist. Das Gericht hob mit seiner Entscheidung erneut die große Bedeutung der persönlichen richterlichen Anhörung im Betreuungsverfahren erneut hervor und verwies darauf, dass die Anordnung einer Betreuung ohne diese Anhörung nicht nur das Recht auf rechtliches Gehör verletzt, sondern auch eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG darstellt.
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nachdem die Beschwerdeführerin im Dezember 2010 im Wege der einstweiligen
Beschwerdeführerin rügt Verletzung eigener Rechte durch Verlängerung der Betreuung ohne vorherige Anhörung
Die Beschwerdeführerin beantragte daraufhin beim Amtsgericht die Feststellung, dass der Beschluss über die Verlängerung der
BVerfG bejaht Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass der angegriffene Beschluss des Amtsgerichts über die Verlängerung der
Persönliche Anhörung des Betreffenden grundsätzlich unverzichtbar
Ein solcher Eingriff ist nur gerechtfertigt, wenn das zuständige Betreuungsgericht nach angemessener Aufklärung des Sachverhalts davon ausgehen darf, dass die Voraussetzungen für die Einrichtung oder Verlängerung einer
Verletzung des Persönlichkeitsrechts wird nicht durch spätere Anhörung rückwirkend geheilt
Aufgrund der engen Verbindung zwischen dem für das Betreuungsverfahren als Recht auf persönliche Anhörung ausgestalteten Gehörsrecht und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht liegt in der
Beschwerdeführerin wurde vom Amtsgericht zu keinem Zeitpunkt persönlich angehört
Das Amtsgericht hat demgegenüber die Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt persönlich angehört. Die vorliegend angegriffene erneute Verlängerung der
Nachträgliche Anhörung kann unterbliebene Anhörung durch das Betreuungsgericht nicht rückwirkend heilen
Die Gehörsverletzungen konnten auch nicht im Zuge des Verfahrens über die Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde geheilt werden. Das Unterbleiben der persönlichen Anhörung begründet die Rechtswidrigkeit der
Entscheidung des Landgerichts verletzt Beschwerdeführerin in Anspruch auf effektiven Rechtsschutz
Der Beschluss des Landgerichts, der ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Gehörsverletzung durch das Amtsgericht verneint, verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Art. 19 Abs. 4 GG gebietet den Rechtsmittelgerichten, ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht ineffektiv zu machen. Zwar ist es mit diesem Gebot vereinbar, den Rechtsschutz davon abhängig zu machen, dass ein Rechtsschutzinteresse besteht. In Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe kann das Rechtsschutzinteresse jedoch auch dann bejaht werden, wenn die direkte Belastung durch Erledigung des Hoheitsakts entfallen ist, ohne dass die betroffene Person zuvor effektiven Rechtsschutz erlangen konnte. Der Beschluss vom 3. Mai 2012, in dem das Landgericht ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Beschwerdeführerin verneint, verfehlt diese Anforderungen.
Werbung
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 04.05.2016
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online
Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Dokument-Nr. 22564
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/Beschluss22564
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.
Senden Sie uns diese Entscheidungen doch einfach für kostenlose-urteile.de zu. Unsere Redaktion schaut gern, ob sich das Urteil für eine Veröffentlichung eignet.