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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 28.01.2019
1 BvR 1738/16 -

BVerfG: Unzulässiges gerichtliches Verbot jeglicher Veröffentlichung eines Porträts

Schwerwiegender Eingriff in die Kunstfreiheit

Wird nach der Schaffung eines Porträts die Veröffentlichung des Kunstwerks in einem bestimmten Kontext beanstandet, so ist es mit der Kunstfreiheit nicht vereinbar, dass jegliche Veröffentlichung des Porträts gerichtlich untersagt wird. Dies hat das Bundes­verfassungs­gericht entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Rahmen einer Kunstausstellung zu den Themen Missbrauch und Gewalt an Kindern wurde im Jahr 2013 unter anderem ein Porträt ausgestellt, welches ein minderjähriges Mädchen mit kurzen Haaren und einem Verband am Arm zeigte. Das Bild wurde drei Jahre zuvor mit Einverständnis der Eltern und des Kindes geschaffen. Die Eltern und das Kind waren mit der Veröffentlichung des Porträts in der Ausstellung nicht einverstanden. Sie hielten die Ausstellung für geeignet, das Kind in den Zusammenhang eines Kindesmissbrauchs zu rücken. Das Kind erhob daher gegen die Künstlerin Klage auf Unterlassung, das Porträt in jeglicher Form zukünftig zu veröffentlichen oder zu verbreiten. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Halle gaben der Unterlassungsklage statt. Dagegen richtete sich die Verfassungsbeschwerde der Künstlerin, die in dem Urteil des Landgerichts einen unzulässigen Eingriff in ihre Kunstfreiheit sah.

Verbot jeglicher Veröffentlichung des Porträts unzulässig

Das Bundesverfassungsgericht entschied zu Gunsten der Künstlerin. Zwar sei die Entscheidung des Landesgerichts, dass die Art der Ausstellung geeignet gewesen sei, die Klägerin in den Zusammenhang eines Kindesmissbrauchs zu rücken, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Jedoch werde die Entscheidung den verfassungsrechtlichen Anforderungen dahingehend nicht gerecht, dass der Künstlerin jegliche Veröffentlichung und Verbreitung des Kunstwerks untersagt wird. Das Landgericht habe damit nicht ausreichend die Kunstfreiheit der Künstlerin berücksichtigt.

Pflicht zur Prüfung einer Beschränkung des Unterlassungsanspruchs

Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts sei zu beachten, dass das Gemälde selbst in keiner Weise anstößig oder sonst negativ behaftet ist. Das Landgericht hätte daher prüfen müssen, ob nicht eine Beschränkung des Unterlassungsanspruchs auf solche Ausstellungen, die das Bild in einen Zusammenhang mit Missbrauch und Gewalt an Kindern rücken, ausreichend gewesen wäre. Dadurch könne dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin Geltung verschafft werden, ohne die Kunstfreiheit übermäßig einzuschränken.

Zurückweisung an das Landgericht

Das Bundesverfassungsgericht wies den Fall an das Landgericht zurück.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 02.07.2020
Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Landgericht Halle, Urteil vom 20.06.2016
    [Aktenzeichen: 4 S 3/16]
Aktuelle Urteile aus dem Grundrechte | Kunstrecht | Medienrecht | Urheberrecht
Fundstellen in der Fachliteratur: Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR)
Jahrgang: 2019, Seite: 757
GRUR 2019, 757
 | Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW)
Jahrgang: 2019, Seite: 1277
NJW 2019, 1277

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Dokument-Nr.: 28906 Dokument-Nr. 28906

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