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Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 15.01.2013
- C-146/10 -
Bau einer Mülldeponie: Öffentlichkeit hat Anspruch auf Informationen über Bauprojekte mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt
Vorenthalten von Informationen kann nicht mit Berufung auf Schutz von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen gerechtfertigt werden
Der Öffentlichkeit muss dann Zugang zu einer städtebaulichen Entscheidung gewährt werden, wenn der Standort der Anlage mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt verbunden ist. Die Bekanntgabe einer solchen Entscheidung an die betroffene Öffentlichkeit darf nicht mit Berufung auf den Schutz von Geschäftsgeheimnissen abgelehnt werden. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.
Nach dem Übereinkommen von Aarhus* muss, wenn ein die Umwelt betreffendes Entscheidungsverfahren in Gang gesetzt wird, die betroffene
Behörde genehmigte Bau und Betrieb der Abfalldeponie, ohne die Öffentlichkeit zu informieren
Im Jahr 2006 erließ die Kreisbaubehörde Bratislava (Slowakei) eine städtebauliche Entscheidung über den Standort einer Abfalldeponie, die in einer als „Nová jama“ (Neue Grube) bezeichneten Tongrube einer Ziegelei errichtet werden sollte. Anschließend leitete die slowakische Umweltinspektion ein Genehmigungsverfahren ein, in dem Privatpersonen, die in der Stadt Pezinok wohnen, die Veröffentlichung dieser städtebaulichen Entscheidung beantragten. Die genannte Behörde genehmigte den Bau und Betrieb der Deponie, ohne diese Entscheidung vorher veröffentlicht zu haben. Auf einen von den Betroffenen bei der Verwaltung eingelegten Widerspruch hin wurde die Genehmigungsentscheidung von der zweitinstanzlichen Umweltschutzbehörde bestätigt, nachdem diese die fragliche städtebauliche Entscheidung veröffentlicht hatte.
Nationales Gericht erbittet Vorabentscheidung des EuGH zur Reichweite des Rechts der Öffentlichkeit
Die beteiligten Bürger erhoben daraufhin Klage vor den slowakischen Gerichten. Der Oberste Gerichtshof der Slowakischen Republik (Najvyšší súd Slovenskej republiky) hat in diesem Gerichtsverfahren den Gerichtshof der Europäischen Union um eine Klärung der Frage ersucht, welche Reichweite das Recht der
Nationales Gericht war zum Vorabentscheidungsersuchen verpflichtet
In seinem Urteil weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass eine nationale Verfahrensvorschrift nicht der Befugnis der nationalen Gerichte entgegenstehen kann, den Gerichtshof mit einem Vorabentscheidungsersuchen zu befassen, wenn sie Zweifel an der Auslegung des Unionsrechts haben. Das nationale Gericht behält somit diese Befugnis – selbst wenn eine nationale Vorschrift es dazu verpflichtet, der Rechtsauffassung des slowakischen Verfassungsgerichtshofs zu folgen –, und es hat die von dem Verfassungsgerichtshof vorgenommene Beurteilung unbeachtet zu lassen, wenn sich diese als unionsrechtswidrig erwiese. Als Oberster Gerichtshof ist der Najvyšší súd Slovenskej republiky sogar verpflichtet, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof zu richten.
Öffentlichkeit hätte Zugang zu städtebaulicher Entscheidung erhalten müssen
Der Gerichtshof stellt sodann fest, dass die städtebauliche Entscheidung über den Standort der fraglichen Abfalldeponie eine der Maßnahmen darstellt, auf deren Grundlage die Endentscheidung über die Genehmigung dieser Anlage erlassen wird. Zudem enthält diese städtebauliche Entscheidung
Informationen müssen Öffentlichkeit nicht zwingen vom Stadium des erstinstanzlichen Verwaltungsverfahrens an zur Verfügung stehen
Der Gerichtshof hebt weiter hervor, dass der betroffenen
Öffentlichkeit hat Recht auf Beantragung einstweiliger Anordnungen zur Vermeidung von Umweltverschmutzungen
Der Gerichtshof unterstreicht ferner, dass der Zweck der Richtlinie, der in der Vermeidung und Verminderung der
EuGH verneint Eingriff in Eigentumsrecht des Betreibers
Schließlich stellt der Gerichtshof fest, dass die Entscheidung eines nationalen Gerichts, mit der eine unter Verstoß gegen die Richtlinie erteilte Genehmigung aufgehoben wird, als solche nicht geeignet ist, einen nicht gerechtfertigten Eingriff in das Eigentumsrecht des Betreibers darzustellen.
Erläuterungen
* - Übereinkommen über den Zugang zu Informationen , die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, unterzeichnet in Aarhus am 25. Juni 1998. Dieses Übereinkommen wurde im Namen der Gemeinschaft genehmigt durch den Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 (ABl. L 124, S. 1).
** - Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (ABl. L 257, S. 26) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 166/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Januar 2006 (ABl. L 33, S. 1) geänderten Fassung.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 15.01.2013
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online
- Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren: Ministerium darf Öffentlichkeit Zugang zu Umweltinformationen verweigern
(Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 14.02.2012
[Aktenzeichen: C-204/09]) - OVG bestätigt zwangsweise Schließung der Bernauer Abfalldeponie
(Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.09.2005
[Aktenzeichen: OVG 11 S 38.05])
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Dokument-Nr. 15021
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