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Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 15.12.2016
- C-401/15 bis C-403/15 -
EuGH bejaht soziale Vergünstigungen auch für Stiefkinder von Grenzgängern
Kindsverhältnis wird im Bereich grenzüberschreitender sozialer Vergünstigungen nicht im rechtlichen sondern im wirtschaftlichen Sinne definiert
Im Bereich grenzüberschreitender sozialer Vergünstigungen kann ein Kind in einer neu zusammengesetzten Familie als Kind des Stiefelternteils angesehen werden. In diesem Bereich wird das Kindsverhältnis nicht im rechtlichen Sinne, sondern im wirtschaftlichen Sinne definiert, womit das Kind eines Stiefelternteils, der berufstätiger Grenzgänger ist, Anspruch auf eine soziale Vergünstigung hat, wenn dieser Stiefelternteil tatsächlich zu seinem Unterhalt beiträgt. Dies geht aus einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union hervor.
Zwischen Juli 2013 und Juli 2014 konnten nach luxemburgischem Recht Kinder von Grenzgängern, die in Luxemburg unselbständig oder selbständig beruflich tätig sind, eine finanzielle Studienbeihilfe unter der Voraussetzung beantragen, dass der
Behörden lehnen Zahlung von Studienbeihilfen an "Stiefkinder" ab
Frau Noémie Depesme, Herr Adrien Kauffmann und Herr Maxime Lefort leben jeder in einer neu zusammengesetzten Familie, die jeweils aus ihrer genetischen Mutter und ihrem
Nationales Gericht erbittet Vorabentscheidung des EuGH
Gegen diese Entscheidungen erhoben die drei Studenten Klage. Die mit diesen Klagen befasste Cour administrative du Luxembourg (Verwaltungsgerichtshof Luxemburg) hat daraufhin dem Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob im Bereich sozialer Vergünstigungen der Begriff "Kind" auch
EuGH: Begriff "Familienangehörige" erfasst auch Familienangehörige von Grenzgängern
In seinem Urteil weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass nach einer Unionsverordnung, nämlich der Verordnung Nr. 492/2001*, Arbeitnehmer aus einem Mitgliedstaat in jedem anderen Mitgliedstaat, in dem sie arbeiten, die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer genießen müssen. Er führt weiter aus, dass auf dem Gebiet der Unionsbürgerschaft Kinder durch eine Unionsrichtlinie, nämlich die Richtlinie 2004/38**,definiert werden als die Verwandten in gerader absteigender Linie des Ehegatten oder des Lebenspartners, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder denen von diesen Unterhalt gewährt wird. Dabei ergibt sich aus der Entwicklung der Unionsvorschriften, dass die Familienangehörigen, denen mittelbar die Gleichbehandlung nach der Verordnung Nr. 492/2011 zugutekommen kann, die Familienangehörigen im Sinne der Definition dieses Begriffs in der Richtlinie 2004/38 sind. Nichts lässt nämlich darauf schließen, dass der Unionsgesetzgeber in Bezug auf Familienangehörige eine strikte Unterscheidung zwischen den jeweiligen Anwendungsbereichen der Richtlinie2004/38 und der Verordnung Nr. 492/2011 treffen wollte, kraft deren die Familienangehörigen eines Unionsbürgers im Sinne der Richtlinie 2004/38 nicht zwangsläufig dieselben Personen wären wie die Familienangehörigen eines Unionsbürgers, wenn dieser in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer im Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 492/2011 gesehen wird. Der Gerichtshof schließt daraus, dass die Kinder des Ehegatten oder des anerkannten Lebenspartners eines Grenzgängers als dessen Kinder angesehen werden können, um in den Genuss einer sozialen Vergünstigung wie einer Studienbeihilfe kommen zu können, zumal eine weitere Unionsrichtlinie***, die nach den hier streitigen Fällen in Kraft getreten ist, bestätigt, dass der Begriff "Familienangehörige" auch die Familienangehörigen von Grenzgängern erfasst.
Gründe für Beitragsleistungen zum Unterhalt seitens des Grenzgängers nicht entscheidend
Zu der Frage, inwieweit der berufstätige
Erläuterungen
* - Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. 2011, L 141, S. 1).
** - Richtlinie 2004/38 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. 2004, L 158, S.77, berichtigt im ABl. 2004, L 229, S.35).
*** - Richtlinie 2014/54/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Maßnahmen zur Erleichterung der Ausübung der Rechte, die Arbeitnehmern im Rahmen der Freizügigkeit zustehen (ABl. 12014, L 128, S. 8).
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 24.01.2017
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online
- Kinder von Grenzgängern dürfen nicht von finanziellen Beihilfen für das Hochschulstudium in Luxemburg ausgeschlossen werden
(Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 20.06.2013
[Aktenzeichen: C-20/12]) - Beschränkung des Sonderausgabenabzugs bei Grenzgängern verstößt nicht gegen Europarecht
(Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.06.2009
[Aktenzeichen: X R 57/06])
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Dokument-Nr. 23745
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