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Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 23.04.2013
- L 1 KR 337/12 KL und L 1 KR 17/14 KL -
Kein weltweiter kostenloser Auslandskrankenversicherungsschutz für gesetzlich Versicherte
Betriebskrankenkassen dürfen keine entsprechenden Verträge mit privaten Versicherungsunternehmen abschließen
Das Hessische Landessozialgericht hat entschieden, dass die Begründung und Durchführung einer weltweiten Auslandskrankenversicherung keine Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist. Betriebskrankenkassen dürfen daher nicht mit privaten Versicherungsunternehmen den Auslandskrankenversicherungsschutz ihrer Mitglieder vertraglich regeln.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahre 2007 schlossen die R + V Betriebskrankenversicherung und die Betriebskrankenkasse PricewaterhouseCoopers - sowie über 20 weitere Betriebskrankenkassen - jeweils mit privaten Versicherungsunternehmen Gruppenversicherungsverträge über einen Auslandskrankenversicherungsschutz ihrer Mitglieder. Dieser umfasste die bei Urlaubs- oder beruflich bedingten Reisen im
Bundesversicherungsamt beendet diese Ausweitung des Versicherungsschutzes
Nach umfangreichen Prüfungen der Wirtschaftlichkeit teilte das Bundesversicherungsamt mit, dass es diese Ausweitung des Versicherungsschutzes nicht weiter dulden werde und verpflichtete schließlich im Jahr 2012 bzw. 2013 die beiden Betriebskrankenkassen, die Verträge über den Auslandskrankenversicherungsschutz zu beenden. Für die erfolgte Ausweitung des Versicherungsschutzes im
Kläger halten Auslandskrankenversicherungsschutz für zugelassene Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung
Gegen diese aufsichtsrechtliche Maßnahmen erhoben die R + V Betriebskrankenversicherung und die Betriebskrankenkasse PricewaterhouseCoopers Klage vor dem Hessischen Landessozialgericht. Sie vertreten die Auffassung, dass der Auslandskrankenversicherungsschutz eine zugelassene Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung sei. Jedenfalls sei der Gesetzeswortlaut entsprechend auszulegen. Darüber hinaus sei es unverhältnismäßig, die aufsichtsrechtliche Duldungspraxis zu beenden, ohne den Krankenkassen die Möglichkeit zu geben, den Wirtschaftlichkeitsnachweis zu erbringen. Pro versicherter Person falle lediglich ein Jahresbetrag von weniger als 4 Euro an.
Landessozialgericht bestätigt aufsichtsrechtliches Verbot
Das für aufsichtsrechtliche Streitigkeiten erstinstanzlich zuständige Landessozialgericht in Darmstadt gab dem Bundesversicherungsamt Recht. Die gesetzlichen Krankenkassen seien für einen weltweiten kostenlosen Auslandskrankenversicherungsschutz gesetzlich nicht ermächtigt. Die Verträge seien daher eine unzulässige Erweiterung des gesetzlichen Aufgabenbereiches. Die gesetzlichen Krankenkassen dürften die Beiträge ihrer Mitglieder nur für ihre gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben verwenden.
Umfangreicher Auslandskrankenversicherungsschutz ist nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenkassen
Diese Aufgaben würden die Absicherung der Versicherten gegen Krankheit bei Aufenthalt im
Hinweise zur Rechtslage
§ 31 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I)
Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuchs dürfen nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt.
§ 87 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV)
(1) Die Versicherungsträger unterliegen staatlicher Aufsicht. [...]
§ 89 SGB IV
(1) Wird durch das Handeln oder Unterlassen eines Versicherungsträgers das Recht verletzt, soll die Aufsichtsbehörde zunächst beratend darauf hinwirken, dass der Versicherungsträger die Rechtsverletzung behebt. Kommt der Versicherungsträger dem innerhalb angemessener Frist nicht nach, kann die Aufsichtsbehörde den Versicherungsträger verpflichten, die Rechtsverletzung zu beheben. [...]
§ 29 SGB IV
(1) Die Träger der Sozialversicherung (Versicherungsträger) sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung.
(3) Die Versicherungsträger erfüllen im Rahmen des Gesetzes und des sonstigen für sie maßgebenden Rechts ihre Aufgaben in eigener Verantwortung.
§ 30 SGB IV
(1) Die Versicherungsträger dürfen nur Geschäfte zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen und ihre Mittel nur für diese Aufgaben sowie die Verwaltungskosten verwenden.
§ 27 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V)
(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. [...]
§ 16 SGB V
(1) Der Anspruch auf Leistungen ruht, solange Versicherte
1. sich im
§ 18 SGB V
(1) Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die
(3) Ist während eines vorübergehenden Aufenthalts außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum eine Behandlung unverzüglich erforderlich, die auch im Inland möglich wäre, hat die
§ 13 SGB V
(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, [...] Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die
(5) Abweichend von Absatz 4 können [...] Krankenhausleistungen [...] nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der
§ 60 SGB V
(4) Die Kosten des Rücktransports in das Inland werden nicht übernommen.
§ 194 SGB V
(1a) Die Satzung kann eine Bestimmung enthalten, nach der die
§ 197 b SGB V
Krankenkassen können die ihnen obliegenden Aufgaben durch Arbeitsgemeinschaften oder durch Dritte mit deren Zustimmung wahrnehmen lassen, wenn die Aufgabenwahrnehmung durch die Arbeitsgemeinschaften oder den Dritten wirtschaftlicher ist, es im wohlverstandenen Interesse der Betroffenen liegt und Rechte der Versicherten nicht beeinträchtigt werden. [...]
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.05.2015
Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online
- EuGH zum Anspruch auf Krankenhausbehandlung im EU-Ausland
(Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 09.10.2014
[Aktenzeichen: C-268/13]) - Krankengeld bei Erkrankung während eines Auslandsurlaubs: Krankenkasse muss nur bei ordnungsgemäßem Nachweis der Arbeitsunfähigkeit zahlen
(Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 27.11.2008
[Aktenzeichen: L 8 KR 169/06])
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Dokument-Nr. 21052
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