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Landgericht Berlin, Urteil vom 17.01.2018
18 S 308/13 -

Wohn­flächen­berechnung: Flächen von Balkonen, Terrassen und Wintergärten sind nur zu einem Viertel und nicht zur Hälfte zu berücksichtigen

Häufig vorkommende fehlerhafte Praxis zur Anrechnung von Balkonflächen kann nicht als örtliche Verkehrssitte angesehen werden

Das Landgericht Berlin hat entschieden, dass entgegen einer weit verbreiteten Praxis in Berlin die Flächen von Balkonen, Terrassen und Wintergärten nur zu einem Viertel und nicht zur Hälfte zu berücksichtigen sind, um die Wohnfläche zu berechnen.

Im zugrunde liegenden Rechtsstreit ging es um die Frage, ob der Mieter einer Wohnung der von der Vermieterin gewünschten Mieterhöhung zustimmen musste. Es handelte sich um eine in Berlin-Wedding liegende Wohnung, für die in dem Mietvertrag zunächst eine Wohnfläche von 94,48 m² angegeben und diese Angabe dann durchgestrichen worden war, da der beklagte Mieter Einwände gegen diese Größe hatte. Mit Schreiben vom 31. Januar 2012 forderte die klagende Vermieterin den Mieter auf, der Erhöhung der Nettokaltmiete von bisher monatlich 423 Euro um 64,60 Euro auf 507,60 Euro zuzustimmen. Der Mieter hielt zuletzt lediglich eine Erhöhung auf 444,36 Euro für berechtigt, so dass die Vermieterin Klage gegen ihn auf Zustimmung zu der weiteren Erhöhung erhob.

Das Amtsgericht Lichtenberg sah eine Miete von 486,45 Euro als ortsüblich an und urteilte entsprechend.

Fläche von Balkonen ist lediglich mit einem Viertel anzurechnen

Die Berufung des beklagten Mieters war teilweise erfolgreich. Das Landgericht Berlin verurteilte den Mieter, einer Erhöhung lediglich auf 451,36 Euro zuzustimmen. Maßgeblich in diesem Rechtsstreit war die Wohnungsgröße, um den zulässigen Erhöhungsbetrag zu ermitteln. Dafür wurden mehrere Sachverständigengutachten eingeholt. Aufgrund der Beweisaufnahme kamen sowohl das Amtsgericht als auch in der zweiten Instanz das Landgericht zu dem Ergebnis, dass die Wohnfläche lediglich 84,01 m² betrage und anhand dieser Größe die zulässige Erhöhung zu berechnen sei. Der umbaute Wohnraum umfasse nach der sachverständigen Ermittlung 76,27 m². Entgegen einer weit verbreiteten Praxis in Berlin sei die Fläche der für diese Wohnung nutzbaren zwei Balkone lediglich mit einem Viertel hinzuzurechnen, da keine Anhaltspunkte für eine abweichende Berechnung vorlägen.

Grundsätzlich sei bei nicht preisgebundenem Wohnraum die Größe einer Wohnung nach der örtlichen Verkehrssitte zu ermitteln. Dabei kämen neben der für preisgebundenen Wohnraum seit dem 1. Januar 2004 anwendbaren Wohnflächenverordnung auch alternative Regelwerke wie zum Beispiel die DIN Vorschriften in Betracht.

Anwendung der Wohnflächenverordnung durch Privatvermieter erfolgt oft rechtsfehlerhaft

Aufgrund der durchgeführten Datenerhebung des Sachverständigen sei festzustellen, dass in zurück liegenden Zeiten die Mehrheit der Befragten die Wohnflächenverordnung anwenden würde, um die Wohnungsgröße zu ermitteln. In dieser Verordnung sei jedoch ausdrücklich festgelegt, dass die Flächen von Terrassen, Balkonen und Wintergärten nur zu einem Viertel angerechnet werden könnten. Die Umfrage habe allerdings auch ergeben, dass viele der befragten Privatvermieter insoweit die Wohnflächenverordnung rechtsfehlerhaft anwenden und die Hälfte von Balkonflächen berücksichtigen würden, während die Mehrheit der Großvermieter die Wohnflächenverordnung auch in dieser Hinsicht korrekt anwenden würden.

Es sei nicht gerechtfertigt, die bisherige häufig vorkommende Praxis als örtliche Verkehrssitte anzusehen. Denn die Mehrheit sehe ein Regelwerk als verbindlich an, das bei zutreffender Anwendung eine anderweitige Flächenberechnung vorschreibe.

Tatsächliche Wohngröße im vorliegenden Fall kleiner als im Mietvertrag festgelegt

Da in dem zu entscheidenden Fall die Wohnungsgröße tatsächlich 11,08 % weniger betrug als ursprünglich dem Mietvertrag zu Grunde gelegt, hielt das Landgericht auch einen Minderungsbetrag der ursprünglichen Miete von 11,08 % für gerechtfertigt und verurteilte die Vermieterin aufgrund der Widerklage des Beklagten, bereits erhaltenen Mietzins für die Monate Januar 2009 bis März 2012 in Höhe von 46,87 Euro monatlich zurückzuzahlen.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 15.02.2018
Quelle: Landgericht Berlin/ra-online

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Urteile zu den Schlagwörtern: Anrechnung | Balkon | Mieterhöhung | Terrasse | Wintergarten | Wintergärten | Wohnungsgröße
Fundstellen in der Fachliteratur: Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE)
Jahrgang: 2018, Seite: 256
GE 2018, 256

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Dokument-Nr.: 25534 Dokument-Nr. 25534

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Kommentare (4)

 
 
Hans Heinen schrieb am 23.02.2018

Mit großem Interesse habe ich das Urteil des Landgerichts Berlin aufgenommen. In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch auf die II. Berechnungsverordnung für Wohnflächen bis zum 31.12.2003 verweisen. Danach hat diese VO weiterhin Bestand, wenn die Wohnfläche bis zum 31.12.2003 hiernach ermittelt wurde, d.h. Balkone und Loggien werden mit 50 % angerechnet. Das Urteil LG Berlin wirkt sich also nur aus für Wohnungen, die nach dem 31.12.2003 entstanden sind.

Roland Berger antwortete am 26.02.2018

Der Hinweis von Herrn Heinen ist nicht zutreffend. § 44 Abs. 2 der II. BVO hatte folgenden Wortlaut:

"Gehören ausschließlich zu dem Wohnraum Balkone, Loggien, Dachgärten oder gedeckte Freisitze, so k ö n n e n deren Grundflächen zur Ermittlung der Wohnfläche bis zur Hälfte angerechnet werden."

Das heißt, die Anrechnung der Grundflächen von Balkonen und Loggien hatte nicht zwingend zur Hälfte zu erfolgen. Es kam und kommt nach der Rechtsprechung auf den Nutzwert des Balkons/der Loggia an. Zudem ist der Anwendungsbereich der II. BVO beschränkt auf mit öffentlichen Mitteln erstellten oder steuerbegünstigten Wohnraum.

Bei frei finanzierten Wohnungen darf die Flächenberechnung nicht nach der II. BV erfolgen (BayOblG RE WM 83, 254). Entscheidend ist danach der Wohnwert eines Balkon/einer Loggia/einer Terrasse. usw. Balkone, gelegen an einer stark befahrenen Straße oder Bahnlinie oder mit einer kleinen, nicht zum Aufenthalt geeigneten Grundfläche oder mit Blick auf einen Schrottplatz bleiben bei der Flächenberechnung unberücksichtigt. Andererseits gibt es Dachterrassen mit einem hohen Wohnwert.

Dem Wohnwert entsprechend können Balkonflächen deshalb entweder nicht oder in guten Lagen bis zu 1/4 und in Ausnahmefällen bis zur Hälfte (als Höchstmass) angerechnet werden.(BayOlG RE WM 83, 254). Normalerweise erfolgt die Anrechnung der Balkonfläche zu einem Viertel (LG Köln WuM 86, 121).

Rüdiger Hirche schrieb am 19.02.2018

Hat das Urteil damit Allgemeingültigkeit oder ist es eine Einzelfallentscheidung?

Wiesbadenerin antwortete am 19.02.2018

Gute Frage - außerdem wüßte ich auch gerne, ob es auch für zurückliegende Vertrage dann anwendbar ist

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