Hier beginnt die eigentliche Meldung:
Landgericht München I, Urteil vom 13.01.2014
- 9 O 25477/13 -
Landgericht München I verbietet Äußerungen der Stiftung Warentest bezüglich des Schokoladen-Aromas von Ritter Sport
Grenzen bei Meinungsäußerung bei Warentests muss eingehalten werden
Das Landgericht München I hat den Widerspruch der Stiftung Warentest gegen die von Ritter Sport am 28.11.2013 erwirkte einstweilige Verfügung zurückgewiesen. Die Deklaration des „natürlichen Aromas" der Voll-Nuss ist korrekt. Eine Verbrauchertäuschung liegt nicht vor.
Das Landgericht München I hat der Stiftung Warentest (Beklagte) im einstweiligen Verfügungsverfahren durch Urteil verboten, in Bezug auf die Voll-Nuss-Schokolade des Schokoladenherstellers Ritter Sport (Klägerin) folgende Behauptungen zu verbreiten:
1. „Wir haben den chemisch hergestellten Aromastoff
2. „Das Zutatenverzeichnis ist irreführend: Das Aroma ist nicht wie deklariert „natürlich“, da der nachgewiesene Aromastoff
3. „Im Zutatenverzeichnis wird nur „natürliches Aroma“ genannt. Aber die
4. „[ ],… - wegen Irreführung hätten die Nussschokoladen nicht verkauft werden dürfen. Juristisch ausgedrückt: Sie sind so nicht verkehrsfähig.“,
5. Die Bewertung „mangelhaft“ in der Rubrik „DEKLARATION“ allein mit der Fußnote „Das Zutatenverzeichnis ist irreführend: Das Aroma ist nicht wie deklariert natürlich, da der nachgewiesene Aromastoff
Sachverhalt
Die Beklagte hatte im November 2013 auf ihrer Homepage und in ihrem Heft 12/2013 das Ergebnis einer Untersuchung verschiedener Nussschokoladen veröffentlicht. Dabei erteilte sie der Sorte „Voll-Nuss“ der Klägerin die Note „mangelhaft“ und bewertete die
Streit um die Anwendung von chemisch hergestelltem Piperonal als Aromastoff
Die Klägerin und die dem Rechtsstreit beigetretene Aromenlieferantin setzen sich hiergegen zur Wehr und machen geltend, die angebliche Feststellung der Beklagten, wonach die getestete
Verstoß gegen die Aromenverordnung
Die Beklagte hält dem entgegen, unstreitig enthalte die
Testergebnis-Veröffentlichungen verletzen Rechte der Klägerin
Das Gericht stellt in seiner Entscheidung fest, dass die Klägerin durch die Testergebnis- Veröffentlichungen in ihren Rechten verletzt werde. Die Beklagte könne sich zwar grundsätzlich bei den im Interesse der Allgemeinheit durchgeführten Warentests auf eine weitgehende Meinungsäußerungsfreiheit berufen. Diese Freiheit finde ihre Grenze allerdings in den ebenfalls geschützten Interessen der Klägerin, nicht in unbilliger Weise in ihrer Stellung am Markt beeinträchtigt zu werden.
Testberichterstattung steht außer Verhältnis zu den Zielen einer Verbraucheraufklärung
Diese Grenze ist nach Auffassung des Gerichts vorliegend überschritten. Die dem Testergebnis zugrunde liegende Beurteilung beruhe auf einer Auslegung der Europäischen Aroma-Verordnung (VO (EG) Nr. 1334/2008) durch die Beklagte, die unzutreffend und nicht mehr vertretbar sei. Auch im Übrigen stehe die
Geltende Regelungen müssen kritisch hinterfragt werden
Das Gericht betont, sie verkenne zwar nicht das Bemühen der Beklagten um die Wahrung strenger Anforderungen an die Feststellung der „Natürlichkeit“ eines Aromas. Die Beklagte komme damit im Grundsatz ihrem von der Meinungsfreiheit gedeckten Auftrag nach. Auch müsse es der Beklagten selbstverständlich frei stehen, höhere Standards als die geltenden anzumahnen, jedenfalls aber die geltenden Regelungen kritisch zu hinterfragen.
Gründe für Erwägungen in Testberichterstattung nicht offengelegt
Das Gericht beanstandet jedoch, dass die Beklagte in ihrer
Gefährdung der Verbraucher bestand nie
Zu berücksichtigen sei bei der Abwägung weiterhin, dass unstreitig nie eine Gefährdung der
Kein fairer Warentest
Von einem fairen Warentest könne nicht gesprochen werden, wenn diesem in der zentralen Frage der Auslegung der Bestimmungen der Aromen-Verordnung ein nicht vertretbares, zu enges Verständnis zugrunde liege. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Beklagte – ohne Offenlegung der zugrundeliegenden Wertung – aus einer scheinbaren Tatsache nicht nur abgeleitet habe, dass es sich um kein natürliches Aroma handele, sondern sogar eine angebliche, zur mangelnden Verkehrsfähigkeit der
Frage zur Herstellung des Aromas bleibt offen
Damit bleibt die zunächst in der mündlichen Verhandlung erörterte Frage, wie das Aroma hergestellt wird, offen: Auch die Beklagte konnte nämlich nicht ausschließen, dass eine „natürliche“ Herstellung möglich ist, wenn man die von der Klägerin und vom Gericht gewählte Auslegung der Aromenverordnung zugrunde legte.
Berufung
Die Stiftung Warentest hat am 13. Januar 2014 angekündigt, gegen diese Entscheidung Berufung einlegen zu wollen.
Werbung
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 13.01.2014
Quelle: Amtsgericht München I/ra-online/Ritter Sport/Stiftung Warentest
- Werbung mit überholtem Testergebnis unzulässig und irreführend
(Oberlandesgericht Zweibrücken, Urteil vom 24.05.2012
[Aktenzeichen: 4 U 17/10]) - Testsiegel der Stiftung Warentest darf in Werbeanzeige nur bei wirklich getesteten Produkten abgebildet werden
(Landgericht Heilbronn, Urteil vom 12.01.2012
[Aktenzeichen: 8 O 381/11 Hä])
Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Dokument-Nr. 17480
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/Urteil17480
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.
Senden Sie uns diese Entscheidungen doch einfach für kostenlose-urteile.de zu. Unsere Redaktion schaut gern, ob sich das Urteil für eine Veröffentlichung eignet.