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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 21.05.2014
L 4 KR 259/11 -

Hebamme hat Anspruch auf volle Wegegeld-Vergütung bei Hausgeburt

Durchführung einer Hausgeburt ist als "besondere Lage des Falles" anzuerkennen

Das Landesozialgericht Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass die Kürzung der Wegegeld-Vergütung für Hebammenleistungen bei Hausgeburten nicht in Betracht kommt, auch wenn es eine zur Versicherten näher wohnende Hebamme gibt. Die Durchführung einer Hausgeburt ist als "besondere Lage des Falles" im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 2 Hebammen-Gebührenverordnung (HebGV) in der bis zum 31. Juli 2007 geltenden Fassung anzuerkennen.

Dem Verfahren lag der Fall einer 1957 geborenen und gelernten Hebamme zugrunde, die seit 1980 als freiberufliche Hebamme tätig ist. Die Klägerin erbrachte Hebammenleistungen in drei Versichertenfällen zwischen Februar 2005 und Januar 2007 für - von Anfang an geplante - Hausgeburten. Die von der Klägerin geltend gemachte Vergütung beinhaltete jeweils mehr als 60 % Wegegeld.

Krankenkasse kürzt Wegegeld mit Verweis auf andere näherwohnende Hebamme

Die beklagte Krankenkasse kürzte das Wegegeld unter Bezugnahme auf § 4 Abs. 3 HebGV und wurde vom Sozialgericht bestätigt. Dieses führte aus, die Krankenkasse könne die Zahlung eines Mehrbetrages an Wegegeld ablehnen, wenn eine andere als die nächstwohnende Hebamme tatsächlich Hilfe geleistet habe und der Weg von der Stelle der Leistung zur Wohnung oder Praxis der tatsächlich in Anspruch genommenen Hebamme mehr als 20 km (so genannte Toleranzgrenze) länger sei als zur Wohnung oder Praxis der nächstwohnenden Hebamme. Es liege keine "besondere Lage des Falles" vor. Die Beklagte habe Nachweise über nächstwohnende Hebammen erbracht.

LSG: Zuziehung einer weiter entfernt wohnenden Hebamme bei einer geplanten Hausgeburt einschließlich Vor- und Nachsorge gerechtfertigt

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat der Berufung der Klägerin stattgegeben und ausgeführt, bei dem Merkmal "nach der besonderen Lage des Falles" handele es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Ausfüllung von den Gerichten uneingeschränkt nachprüfbar sei. Aus der amtlichen Begründung zu § 4 HebGV gehe hervor, dass nach der besonderen Lage des Falles die Zuziehung einer weiter entfernt wohnenden Hebamme insbesondere bei einer geplanten Hausgeburt einschließlich Vor- und Nachsorge gerechtfertigt sei, solange es nur verhältnismäßig wenige Hebammen gebe, die Hausgeburt durchführen. Die ersichtliche Regelungsintention des Verordnungsgebers spreche dafür, dass die Durchführung einer Hausgeburt als besondere Lage des Falles anzuerkennen sei.

Hausgeburt stellt nach wie vor Ausnahmefall gegenüber Krankenhaus- bzw. Klinik-Geburten dar

Weiterhin führte das Landessozialgericht aus, dass die Hausgeburt nach wie vor den strikten Ausnahmefall gegenüber den Krankenhaus- bzw. Klinik-Geburten darstelle und nur die wenigsten Hebammen bereit seien, Hausgeburten zu betreuen. Darüber hinaus hat das Landessozialgericht ausgeführt, dass auch keine Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots vorliege. Aufgrund der Seltenheit von Hausgeburten und der zur Durchführung von Hausgeburten bereiten Hebammen, sei auch eine mehr als nur geringfügige Überschreitung der Toleranzgrenze im Einzelfall gerechtfertigt.

§ 4 Hebammen-Gebührenverordnung (HebGV) in der Fassung vom 21.07.2004 bis 31.07.2007 zitiert nach juris:

§ 4 Wegegeld

(1) [...]

(2) [...]

(3) Hat eine andere als die nächstwohnende Hebamme Hilfe geleistet, so kann die Krankenkasse die Zahlung des dadurch entstehenden Mehrbetrags an Wegegeld ablehnen, wenn der Weg von der Stelle der Leistung zur Wohnung oder Praxis der anderen Hebamme mehr als 20 Kilometer länger ist als zur Wohnung oder Praxis der nächstwohnenden Hebamme. Dies gilt nicht, wenn das Wegegeld anfällt, weil mehrere Hebammen die Dienstleistungen in einem Krankenhaus nach einem vereinbarten Einsatzplan aus-führen oder wenn die Zuziehung der anderen Hebamme nach der besonderen Lage des Falles aus anderen Gründen gerechtfertigt war.

(4) [...]

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 17.07.2014
Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online

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