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Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 25.01.2022
- 14 MN 121/22 -
Niedersachsen: OVG Lüneburg kippt 2G-Regelung für Sport unter freiem Himmel
Vorläufige Außervollzugsetzung der 2-G-Regelung für die Nutzung von Sportanlagen unter freiem Himmel - Umfassendes Verbot verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat § 8 b Abs. 5 Satz 1 der Niedersächsischen Verordnung über infektionspräventive Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 und dessen Varianten (im Folgenden: Corona-VO) vom 23. November 2021 (Nds. GVBl. S. 770), zuletzt geändert durch Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 14. Januar 2022 (eilverkündet unter www.niedersachsen.de/verkuendung), vorläufig außer Vollzug gesetzt, soweit danach Personen, die nicht über einen Impfnachweis gemäß § 2 Nr. 3 SchAusnahmV oder über einen Genesenennachweis gemäß § 2 Nr. 5 SchAusnahmV verfügen, die Nutzung von Sportanlagen unter freiem Himmel untersagt ist (sog. 2-G-Regelung für die Nutzung von Sportanlagen unter freiem Himmel).
Gegen diese Regelung hatte sich eine Antragstellerin, die in Niedersachsen lebt, hier Golfsport betreibt und nicht geimpft oder genesen ist, mit einem Normenkontrolleilantrag gewandt und geltend gemacht, die Infektionsschutzmaßnahme sei nicht notwendig und auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht vereinbar.
Richter geben Antrag statt - derzeitige 2G-Regelung verstößt gegen Verfassungsrecht
Dem ist der 14. Senat im Wesentlichen gefolgt. Die umfassende Untersagung der Nutzung von Sportanlagen unter freiem Himmel durch Personen, die nicht über einen Impfnachweis oder über einen Genesenennachweis verfügen, in der konkreten Ausgestaltung nach § 8 b Abs. 5 Satz 1 Corona-VO erweise sich als unangemessen und daher als verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigter Eingriff in die grundrechtlich geschützte allgemeine Handlungsfreiheit der betroffenen Personen. Fraglos bestehe unter Berücksichtigung der vorherrschenden Omikron-Variante von SARS-CoV-2, der ganz erheblichen Zahl von Neuinfektionen und der damit bereits einhergehenden und absehbar zu erwartenden Belastung des öffentlichen Gesundheitssystems derzeit auch im Land Niedersachsen ein tatsächliches Infektionsgeschehen, das die Anordnung von Infektionsschutzmaßnahmen mit dem Ziel der Reduzierung infektionsrelevanter Kontakte rechtfertige. Als angemessen könnten dabei grundsätzlich auch Beschränkungen des Zugangs zu Anlagen und Einrichtungen der Sportausübung auf Personen, die über einen Impfnachweis oder über einen Genesenennachweis verfügten, angesehen werden. Der Antragsgegner weise insoweit auch zutreffend darauf hin, dass eine Norm wie die Niedersächsische Corona-Verordnung es nicht leisten könne und auch nicht leisten müsse, auf jede noch so spezifische Konstellation einzugehen, vielmehr sei eine Pauschalierung notwendig und auch geboten. Mit der umfassenden Untersagung der Nutzung von Sportanlagen unter freiem Himmel durch Personen, die nicht über einen Impfnachweis oder über einen Genesenennachweis verfügen, habe der Antragsgegner aber die Grenzen der rechtlich zulässigen Pauschalierung überschritten.
Bei der Sportausübung mit einer Vielzahl sich körperlich anstrengender Personen in geschlossenen Räumen bestehe regelmäßig ein signifikant erhöhtes Infektionsrisiko, das eine umfassende und einheitliche Zutrittsbeschränkung auf geimpfte und genesene Personen durchaus rechtfertige. Bei der Nutzung von Sportanlagen unter freiem Himmel sei ein derart signifikant erhöhtes Infektionsrisiko nicht in jedem Fall auszumachen. Ohne Zweifel bestehe es dort, wo Mannschaftssport in Sportarten betrieben wird, die die Einhaltung eines Abstandsgebots oder einer Maskenpflicht vernünftigerweise nicht erwarten lasse (bspw. Fußball, Basketball). Bei der Ausübung von Individualsport unter freiem Himmel (bspw. Leichtathletik, Tennis, Golf) sei ein erhöhtes Infektionsrisiko hingegen fernliegend. Soweit sich das Infektionsrisiko auf den Weg zur
Richter sehen Verstoß gegen den Gleichheitssatz
Daneben verstoße die umfassende Untersagung der Nutzung von Sportanlagen unter freiem Himmel durch Personen, die nicht über einen Impfnachweis oder über einen Genesenennachweis verfügen, gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Ein sachlicher Grund dafür, dass auf Sportanlagen die Sportausübung durch nicht geimpfte oder genesene Personen vollständig untersagt werde, eine solche Sportausübung außerhalb von Sportanlagen im Rahmen der allgemeinen Kontaktbeschränkungen des § 7 a Abs. 1 Corona-VO aber gestattet bleibe, sei nicht auszumachen. Vielmehr erscheine die Reglementierung und Überwachung von Kontakten auf einer
Schwerwiegende öffentliche Interessen, die einer vorläufigen Außervollzugsetzung der danach voraussichtlich rechtswidrigen Regelung entgegenstünden, seien nicht gegeben. Die Maßnahme sei kein wesentlicher Baustein in der Strategie der Pandemiebekämpfung des Antragsgegners. Dieser sei auch nicht gehindert, neue, sich auf das Angemessene beschränkende Maßnahmen anzuordnen. Bis dahin gelte - neben den von der Außervollzugsetzung nicht betroffenen Infektionsschutzmaßnahmen insbesondere in Satz 4 des § 8 b Abs. 5 Corona-VO - auf Sportanlagen unter freiem Himmel für Personen, die nicht über einen Impfnachweis oder über einen Genesenennachweis verfügen, die allgemeine Kontaktbeschränkung nach § 7 a Abs. 1 Corona-VO.
Die Außervollzugsetzung der sog. 2-G-Regelung für die Nutzung von Sportanlagen unter freiem Himmel wirkt nicht nur zugunsten der Antragstellerin in diesem Verfahren. Sie ist vielmehr in ganz Niedersachsen allgemeinverbindlich.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 25.01.2022
Quelle: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, ra-online (pm/pt)
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Dokument-Nr. 31332
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