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Oberlandesgericht Braunschweig, Urteil vom 22.03.2023
1 Ss 40/22 -

Grenzen der Strafaussetzung zur Bewährung

Keine Strafaussetzung bei erhebliche Bedenken im Hinblick auf eine zukünftige Straffreiheit

Das Oberlandesgericht Braunschweig hat die Begründung und Bewertung einer Entscheidung des Landgerichts Braunschweig über die Aussetzung der Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung beanstandet. Das Landgericht Braunschweig wird nun erneut über die Frage der Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung zu entscheiden haben.

Das Landgericht Braunschweig hatte den Angeklagten unter anderem wegen Körperverletzung, tätlichen Angriffs und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten verurteilt. Die Entscheidung, die Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, hat das LG im Wesentlichen damit begründet, dass der Angeklagte bisher nur zu Geldstrafen verurteilt worden sei und sich in der ersten Instanz bei dem Geschädigten entschuldigt habe. Auch unter Berücksichtigung der persönlichen Lebensumstände des Angeklagten könne die Strafe unter Zurückstellung erheblicher Bedenken noch zur Bewährung ausgesetzt werden. Die gegen ihn erlassenen Bewährungsauflagen seien geeignet, ihn von weiteren Straftaten abzuhalten. Das LG hat ferner berücksichtigt, dass bei einer Aussetzung der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit besondere Milderungsgründe vorliegen müssen. Diese seien in dem Teilgeständnis und der Entschuldigung des Angeklagten zu sehen.

OLG: Keine Aussetzung bei Zweifeln an zukünftige Straffreiheit

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft, die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt war, hat das OLG die Entscheidung des Landgerichts über die Aussetzung der Vollstreckung aufgehoben. Die Strafkammer habe ihrer Prognoseentscheidung einen unzutreffenden Maßstab zugrunde gelegt, urteilte der Senat. Für die Annahme einer günstigen Prognose genüge es nicht, dass die Kammer diese nicht ausschließen könne, denn Zweifel gehen in diesem Fall zu Lasten der angeklagten Person. Wenn das Gericht, wie im hiesigen Fall formuliere, „erhebliche Bedenken im Hinblick auf eine zukünftige Straffreiheit“ zu haben, dürfe es die Strafe aus Rechtsgründen nicht zur Bewährung aussetzen.

Aussetzungsentscheidung unzureichend begründet

Auch sei näher zu begründen, weshalb die von dem Angeklagten erstinstanzlich geäußerte Entschuldigung ohne Weiteres für die Annahme besonderer Umstände, die bei einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr für die Aussetzung der Vollstreckung erforderlich sind, herangezogen werden könne, da dieser sein Geständnis in der Hauptverhandlung in erheblicher Weise wieder eingeschränkt habe. Der Senat hat weiter darauf verwiesen, dass es bei bestimmten Deliktsgruppen einer eingehenden Auseinandersetzung bedarf, ob die Verteidigung der Rechtsordnung eine Vollstreckung der Strafe gebiete. Dies sei insbesondere bei Straftaten gegen Polizeibeamten der Fall, die im besonderen Maße mit dem Schutz der Rechtsordnung betraut seien. Die Revision des Angeklagten sowie die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft hat der Senat als unbegründet verworfen.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.05.2023
Quelle: Oberlandesgericht Braunschweig, ra-online (pm/ab)

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