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Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 27.09.2016
- 10 U 13/16 -
Behindertentestament: Eltern müssen ihrem behinderten Kind bei vorhandenem größeren Vermögen keinen über den Pflichtteil hinausgehenden Erbteil hinterlassen
OLG Hamm zur Wirksamkeit eines sogenannten Behindertentestamentes
Vererben vermögende Eltern ihrem behinderten Kind einen Erbteil mittels eines sogenannten Behindertentestaments in der Weise, dass das Kind auch beim Erbfall weiterhin auf Leistungen der Sozialhilfe angewiesen ist, ist das Testament nicht bereits deswegen sittenwidrig und nichtig. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm und bestätigte das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Essen.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die vermögenden Eheleute aus Sprockhövel sind die Eltern dreier Kinder, unter anderem des heute 40 Jahre alten Sohnes mit einem genetisch bedingten Down-Syndrom. Der Sohn lebt in einem Behindertenwohnheim in Wuppertal und steht unter gesetzlicher Betreuung. Von dem im vorliegenden Verfahren klagenden Landschaftsverband Westfalen-Lippe wird er seit dem Jahre 2002 in seinem Lebensunterhalt mit staatlichen Leistungen unterstützt, die sich bis zum Jahre 2014 auf insgesamt ca. 106.000 Euro beliefen.
Sachverhalt
Im Jahre 2000 errichteten die Eltern ein gemeinschaftliches Testament in Form eines sogenannten Behindertentestaments. Durch dessen Regelungen sollte der Erbteil des behinderten Sohnes bei einem Erbfall dem Kläger als Träger der
Im Jahre 2010 verstarb die seinerzeit 68 Jahre alte Mutter. Der nach ihrem Tod ausgestellte Erbschein weist den behinderten Sohn als Miterben mit einem Anteil von 0,1375 und den heute 81 Jahre alten Vater sowie die beiden anderen Geschwister mit Erbteilen von insgesamt 0,8625 Anteilen aus. Dabei kam dem Erbteil des behinderten Sohnes ein Wert von über 960.000 Euro zu.
Sozialhilfeträger hält Testament für sittenwidrig und unwirksam
Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger als Träger der
Klage und Berufung des Sozialhilfeträgers bleiben erfolglos
Die Klage blieb in erster Instanz erfolglos, weil das Landgericht das Testament als rechtswirksam angesehen hat. Die Berufung des Klägers blieb ebenfalls überwiegend erfolglos. Das Oberlandesgericht Hamm hat die Wirksamkeit des sogenannten Behindertentestaments bestätigt und die Auskunftsansprüche des Klägers abgewiesen, soweit sie von einem unwirksamen Testament ausgehen. Auskunft kann der Kläger nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts allerdings über - möglicherweise ausgleichungspflichtige - Schenkungen vor dem Eintritt des Erbfalls beanspruchen, weil die Beklagten diese Auskunft auch bei einem wirksamen Testament zu erteilen haben.
Erblasser kann behindertes Kind im Rahmen der Testierfreiheit bei Erbfolge benachteiligen
Das sogenannten
Anordnung einer Testamentsvollstreckung macht Testament nicht sittenwidrig
Das Testament sei auch nicht deswegen sittenwidrig, weil die Eltern eine Testamentsvollstreckung angeordnet hätten. Mit dieser hätten die Eltern sicherstellen wollen, dass ihrem behinderten Sohn der Erbteil auf Dauer erhalten bleibe. Aus dem Erbteil sollten Annehmlichkeiten und Therapien finanziert werden können, die vom Träger der
Ausschluss des Zugriff des Sozialhilfeträgers auf Nachlass auch nach dem Tod des behinderten Sohns begründet keine Sittenwidrigkeit
Die Anordnung der Vor- und Nacherbfolge, die im Ergebnis dazu führe, dass der Kläger selbst nach dem Tod des behinderten Sohnes nicht auf sein etwaig noch verbliebenes
Erbe muss nicht zu Gunsten des Sozialhilfeträgers ausgeschlagen werden
Zu berücksichtigen sei zudem, dass der
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 16.02.2017
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online
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Dokument-Nr. 23855
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