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Reichsgericht, Urteil vom 07.12.1911
- VI 240/11 -
Linoleumteppich-Fall: Sorgfaltspflichtverletzung kann schon vor Vertragsabschluss zu Schadensersatzansprüchen führen (RGZ 78, 239)
Zur Vertragshaftung aus Verschulden bei Vertragsanbahnung (culpa in contrahendo)
Jedes Lehrbuch zum Allgemeinen Schuldrecht zitiert ihn: Den vom Reichsgericht 1911 entschiedenen Linoleumteppich-Fall. Zentrales Problem des Falls ist die Frage, ob schon vor Abschluss eines Vertrags vorvertragliche Pflichten entstehen, die im Fall der Verletzung vertragliche Schadensersatzansprüche auslösen. Im Bürgerlichen Gesetzbuch fand sich keine gesetzliche Regelung. Die Richter behalfen sich mit dem gewohnheitsrechtlich anerkannten und von Rudolph von Jhering 1861 entwickelten Rechtsinstitut der culpa in contrahendo. Heute ist die Haftung für vorvertragliches Verschulden gesetzlich klar geregelt und in § 311 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 280 Abs. 1 BGB verankert.
Der Fall spielt in einem Kaufhaus. Die Klägerin begibt sich mit ihrer Tochter nach verschiedenen Einkäufen in das Linoleumlager, um einen Linoleumteppich zu kaufen. Dort wird sie von einem Handlungsgehilfen des Kaufhauses bedient. Dieser legt ihr unterschiedliche Muster vor. Sie wählt eines aus. Um an die betreffende Linoleumrolle heranzukommen und sie hervorzuholen, stellt der Handlungsgehilfe zwei andere Rollen etwas beiseite. Die Rollen fallen um und treffen die Klägerin und ihr Kind. Beide werden zu Boden gerissen und verletzt. Zum Kauf des Teppichs kommt es nicht mehr. Die Klägerin verklagt daraufhin die Kaufhausbetreiberin auf Schadensersatz vor dem Landgericht Berlin, das der Klage stattgibt. Kammergericht und Reichsgericht bestätigen das Urteil.
Handlungsgehilfe trifft Verschulden an Unfall
Die Richter entschieden, dass den Handlungsgehilfen ein
Bereits mit Aufnahme von Vertragsverhandlungen beginnt vertragliche Haftung
Die beklagte Kaufhausbetreiberin hafte gemäß § 278 BGB für das
Aus vorvertraglichem Schuldverhältnis ergeben sich Sorgfaltspflichten
Dies sei kein bloß tatsächlicher Vorgang, wie ihn etwa eine reine Gefälligkeitshandlung darstellen würde. Vielmehr sei ein dem Kauf vorbereitendes Rechtsverhältnis zwischen den Parteien entstanden, das einen vertragsähnlichen Charakter trage. Es habe insofern rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten erzeugt, als den Parteien die Pflicht erwachsen sei, bei der Vorlegung und der Besichtigung der Ware die gebotene Sorgfalt für die Gesundheit und das Eigentum des anderen Teils einzuhalten. Es sei in der Rechtsprechung des Reichsgerichts anerkannt, dass sich aus einem Vertrags- oder Schuldverhältnis
Kaufhausbetreiberin muss sich Verschulden ihres Handlungsgehilfen zurechnen lassen
Die Beklagte müsse sich das
Deliktische Haftung für Verrichtungsgehilfen ist wegen Entlastungsmöglichkeit unzureichend
Die Richter führten weiter aus, dass es auch dem allgemeinen Rechtsempfinden widerstreiten würde, die Grundsätze der
Die Entscheidung ist aus dem Jahr 1911 und erscheint im Rahmen der Reihe "Urteile, die Rechtsgeschichte geschrieben haben".
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Haftet der Inhaber eines Warenhauses für das Verschulden seines Angestellten, der einen Kauflustigen beim Vorlegen von Waren körperlich verletzt?
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 10.03.2011
Quelle: ra-online (we), RGZ 78, 239
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