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Sozialgericht Heilbronn, Beschluss vom 19.11.2014
S 10 AS 3793/14 -

Befristetes Hausverbot für Hartz IV-Empfängerin im Jobcenter bereits bei erstmaliger Störung des Hausfriedens

Nachhaltige Störung des Dienstablaufs und des Hausfriedens durch rücksichtsloses Verhalten rechtfertigt Hausverbot

Das Sozialgericht Heilbronn hat entschieden, dass ein Jobcenter einer Hartz IV-Empfängerin bereits bei erstmaliger Störung des Hausfriedens ein befristetes Hausverbot erteilen darf.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die 30jährige Hartz IV-Empfängerin aus Neckarsulm sprach am 17. Oktober 2014 ohne vorherige Terminabsprache beim Jobcenter Landkreis Heilbronn vor und verlangte, ihr sofort die bereits bewilligten Sozialleistungen in bar auszuzahlen. Auf die Bitte, im Wartebereich Platz zu nehmen, wurde die Leistungsempfängerin äußerst ungehalten. Zu einem hinzugerufenen Sicherheitsmann rief sie "Was möchtest du, du Möchtegernglatzkopf?" Das Jobcenter erteilte der Frau sodann einige Tage später ein für knapp zwei Monate befristetes Hausverbot und ordnete dessen Sofortvollzug an. Dem widersprach die Leistungsempfängerin. Der Präventivcharakter des Hausverbotes verbiete es, sie für vorangegangenes Verhalten zu bestrafen. Zudem habe es sich bei ihr nur um eine "einmalige Taktlosigkeit" gehandelt.

Hausverbot hat Warnfunktion

Vor dem Sozialgericht Heilbronn begehrte die Frau, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen das Hausverbot wiederherzustellen. Ihr Eilantrag blieb jedoch erfolglos. Zwar müsse eine Behörde auch mit schwierigen Besuchern zurechtkommen und diese ihr Anliegen ungehindert vortragen lassen. Vorliegend habe die Leistungsempfängerin aber Dienstablauf und Hausfrieden durch ihr rücksichtsloses Verhalten nachhaltig gestört. Das Hausverbot habe hier eine Warnfunktion, derartiges Verhalten bereits vom ersten Vorfall an nicht zu dulden. Es sei hier auch verhältnismäßig, weil es auf knapp zwei Monate befristet sei und die Frau sich weiterhin schriftlich und telefonisch an ihren Sachbearbeiter wenden könne.

Hinweis zur Rechtslage:

§ 86 a Sozialgerichtsgesetz [SGG]:

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. [...]

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt [...] in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.

§ 86 b SGG:

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag [...] in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen [...]

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 26.11.2014
Quelle: Sozialgericht Heilbronn/ra-online

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Kommentare (3)

 
 
Quälgeist schrieb am 10.12.2014

das eine unrecht heilt das andere nicht.

die behörde ist dazu verpflichtet, bewilligte leistungen firstgemäß zahlbar zu machen, denn sie muss selbstverständlich ihre eigenen bescheide auch vollstrecken.

sie hat also den vorfall sozusagen selbst verursacht.

das heisst aber noch lange nicht, dass sich das jobcenter, oder wie hier vorliegend dritte(!) - deswegen beleidigen lassen müssen.

während die frau meine solidarität hat, gibt es an dem urteil aber erst einmal nichts zu kritisieren.

Astrid B schrieb am 04.12.2014

Dieses Urteil zeigt mal wieder, wie dringend notwendig 1jährige Praktika für jeden Rechtsreferendar in einem der unzähligen Jobcenter und Sozialstationen in diesem Land sind. Die praktizierenden Juristen haben keine Ahnung von der Aggressivität des Wachdienstpersonals in vielen Jobcentern, keine Ahnung davon, wie systematisch durch ein Gesetz, dass Obdachlosigkeit und Hunger in den Dienstanweisungen impliziert, Gewalt produziert wird.

Als ich zum 1. mal in ein Jobcenter ging, wurde ich als kleine Frau mit Termin von 2 Bullterriern aufgehalten, die die Sicherheit ihres "Schutzobjektes" allein durch mein Eintreten in die Räumlichkeiten gefährdet sahen, mich dazu beleidigten und körperlich bedrohten, damit ich Ihnen mein Einladungsschreiben zeigte. Es ist nicht für jeden Hilfesuchenden in diesem Land "normal" von dummdreisten und aggressiven Wachpersonal in Empfang genommen zu werden. "Kunden"-Interesse sieht anders aus.

Hugo Vohrmann schrieb am 01.12.2014

Nicht O.K.

Die Agressivität ist doch verständlich bei solchen restrektiven Verhalten von Beamten un der Ungerechtigkeit im gesamten, was mit HartzIV zu tun hat. Wer schützt HatzIV - Empfänger vor Willkür. Siehe auch die vor Gericht behandelten Fälle.

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