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Landgericht Berlin, Urteil vom 23.07.2012
- 12 O 506/11 -
Fall "Hexogen-Geschäft": Verkauf von rechtsradikalen Gruppen anziehenden Artikeln ist kein ausreichender Grund für Kündigung eines Gewerberaummietvertrages durch den Vermieter
Zur Frage der Kündigung eines Gewerberaummietvertrages eines Geschäfts mit rechtsradikaler Zielgruppe
Der Vermieter eines Ladengeschäfts kann einem Mieter nicht allein deshalb kündigen, weil in dem Geschäft auch Artikel angeboten werden, durch die sich rechtsradikale Gruppierungen angezogen fühlen. Ein Mieter muss hierüber den Vermieter nicht bei Anmietung aufklären. Ein Mieter muss den Vermieter auch nicht darüber aufklären, dass er stellvertretender Landeschef der NPD ist. Dies geht aus einem Urteil des Landgerichts Berlin hervor.
Im zugrunde liegenden Fall hatte die Vermieterin Rückgabe der Räume mit der Begründung verlangt, der Beklagte habe sie bei Abschluss des Mietvertrages arglistig getäuscht, weil er sie nicht auf die rechtsradikale Zielgruppe und Ausrichtung des Geschäfts sowie auf seine eigene herausragende Position in der rechtsradikalen Szene hingewiesen habe. Deswegen habe sie den Mietvertrag wirksam angefochten.
Geschäft wird als wichtigster rechtsextremistischer Treffort im Verfassungsschutzbericht des Landes Berlin erwähnt
Das in den streitgegenständlichen 'Räumen ansässige Geschäft wird auf der Internetseite der Kneipe "Zum Henker" beworben, die im Verfassungsschutzbericht des Landes Berlin von 2010 als "wichtigster rechtsextremistischer Treffort in Berlin" bezeichnet wird. Der Name des Geschäftes, "Hexogen", nimmt Bezug auf den gleichnamigen Sprengstoff. Das Angebot umfasst u.a. diverse Bekleidung wir Military-Bekleidung und Bekleidung für Security Personal. In der Folge kam es vermehrt zu Presseberichten über das in den streitgegenständlichen Räumlichkeiten ansässige Geschäft.
Vermieter erklärt Anfechtung des Vertrages
Die Vermieterin hatte schriftlich die
Landgericht weist Klage auf Räumung des Geschäfts ab
Das Landgericht Berlin wies die Klage ab. Die Klage sei unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch gegen den Beklagten gemäß § 546 Absatz 1 BGB auf Räumung und Herausgabe der Mietsache, da das zwischen den Parteien zustande gekommene Mietverhältnis nicht beendet ist.
Kein Anfechtungsgrund - Beklagte hatte keine Aufklärungspflicht
Der Vertrag sei nicht durch
Aufklärungspflicht besteht nur, wenn ausschließlich Bekleidung einer Marke angeboten wird, die in Öffentlichkeit mit rechtsradikalen Gesinnungen in Verbindung gebracht
Eine solche Aufklärungspflicht sei angenommen worden, wenn in dem vermieteten Ladenlokal nahezu ausschließlich Bekleidung einer Marke angeboten wird, die in der Öffentlichkeit mit rechtsradikalen Gesinnungen in Verbindung gebracht wird und dementsprechendes Konfliktpotential besitzt.
Dies sei vorliegend aber nicht der Fall. Der Beklagte vertreibe in seinem Geschäft Ausrüstungsgegenstände für paramilitärisches Outdoor-Training und Militäruniformen. Es bestehen insofern bereits Zweifel an der Schlüssigkeit des Vortrags, da nicht erkennbar sei, um was für Gegenstände es sich im einzelnen handelt. Hinzu komme, dass, auch wenn es so sei, dass sich rechtsradikale Gruppierungen von einem solchen Angebot angezogen fühlen, es sich doch nicht ausschließlich an einen solchen Kundenkreis richtet. Das Ladensortiment biete insofern für sich kein Konfliktpotential.
Beklagter musste nicht auf seine Eigenschaft als stellvertretender Landeschef der NPD hinweisen
Eine Aufklärungspflicht könne auch nicht daraus hergeleitet werden, dass der Beklagte stellvertretender Landeschef der
Die Klägerin habe weiterhin keinen Anspruch gegen den Beklagten gemäß § 985 BGB auf Herausgabe der Mietsache, da diesem mit dem weiterhin bestehenden Mietvertrag ein Recht zum Besitz der Mietsache zusteht.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 08.08.2012
Quelle: ra-online, Landgericht Berlin (vt/pt)
- "Thor Steinar": Gewerberaummieter muss Vermieter vor Anmietung über außergewöhnliche Umstände aufklären, die für den Vermieter von Bedeutung sind
(Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.08.2010
[Aktenzeichen: XII ZR 123/09]) - Ladenmieter muss vor Anmietung den Vermieter über Verkauf von "Thor Steinar"-Bekleidung informieren
(Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.08.2010
[Aktenzeichen: XII ZR 192/08])
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Dokument-Nr. 13931
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