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Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.06.2023
X ZR 84/22 -

BGH: Fluggesellschaft haftet für verpassten Anschlussflug wegen fehlender Unterstützung eines auf Rollstuhl angewiesenen Fluggastes

Anspruch auf Ausgleichszahlung

Verpasst ein auf den Rollstuhl angewiesener Fluggast seinen Anschlussflug, weil er als letztes das Flugzeug verlassen musste, und erreicht er sein Ziel dadurch mit einer großen Verspätung, so steht ihm ein Anspruch auf Ausgleichszahlung nach Art. 7 Abs. 1 Fluggast­rechte­verordnung (VO) zu. Die Fluggesellschaft ist in diesem Fall wegen Verstoßes gegen Art. 11 Abs. 1 VO für die Ankunftsverspätung verantwortlich. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 2019 wollten zwei Personen von Frankfurt a.M. über Budapest nach St. Petersburg fliegen. Einer der Personen war dabei auf einen Rollstuhl angewiesen. Da diese Person in Budapest erst als letzter das Flugzeug verlassen durfte, verpassten die Fluggäste den Anschlussflug. Da die Fluggesellschaft keine Ersatzbeförderung anbot, buchten die Fluggäste eigenmächtig einen alternativen Flug und erreichten St. Petersburg schließlich mit einer Verspätung von knapp zehn Stunden. Nachfolgend klagten die beiden Fluggäste auf Ersatz der Kosten für den Ersatzflug und auf Ausgleichszahlung wegen der Verspätung.

Amtsgericht wies Klage ab, Landgericht bejaht Anspruch auf Kostenerstattung für Ersatzflug

Während das Amtsgericht Frankfurt a.M. die Klage abwies, bejahte das Landgericht Frankfurt a.M. zumindest den Anspruch auf Erstattung der Kosten für den Ersatzflug. Den Anspruch auf Ausgleichszahlung verneinte es dagegen. Seiner Auffassung nach habe die Beklagte zwar gegen Art. 11 Abs. 1 VO verstoßen, indem sie den Kläger nicht ausreichend beim Umsteigen unterstützt habe. Dies führe aber nicht zu einem Ausgleichsanspruch nach Art. 7 VO, da Art. 11 VO nicht auf diese Vorschrift verweist. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision der Kläger.

Bundesgerichtshof bejaht Anspruch auf Ausgleichszahlung

Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten der Kläger. Diesen stehe der Anspruch auf Ausgleichszahlung zu. Denn für die Ankunftsverspätung der Kläger sei die Beklagte verantwortlich. Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen sei für eine große Ankunftsverspätung verantwortlich, wenn es einem Fluggast unter Verstoß gegen Art. 11 Abs. 1 VO die Möglichkeit genommen hat, einen direkten Anschlussflug rechtzeitig zu erreichen. Dass Art. 11 VO nicht auf Art. 7 VO verweist, spiele dabei keine Rolle. Daraus ergebe sich nämlich nicht, dass die Vorschrift in diesem Zusammenhang irrelevant ist.

Vorrangiger Ausstieg des auf Rollstuhl angewiesen Fluggastes

Die Beklagte sei hier nach Ansicht des Bundesgerichtshofs verpflichtet gewesen, die beiden Kläger nach Ankunft in Budapest vorrangig aussteigen zu lassen.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 30.10.2023
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 23.08.2021
    [Aktenzeichen: 30 C 4714/20 (45)]
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 23.06.2022
    [Aktenzeichen: 2/24 S 173/21]
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MDR 2023, 1033
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NJW 2023, 2487

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Dokument-Nr.: 33394 Dokument-Nr. 33394

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