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Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 22.10.2015
- 1 K 5060/13 -
Verdachtsunabhängige Personenkontrolle der Bundespolizei im ICE rechtswidrig
Unzulässige Verdachtsunabhängige Personenkontrolle eines Dunkelhäutigen im ICE
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat eine von Beamten der Bundespolizei in einem ICE durchgeführte Identitätsfeststellung mit anschließendem Datenabgleich eines in Kabul geborenen deutschen Staatsangehörigen mit dunkler Hautfarbe für rechtswidrig erklärt.
Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens, ein 30-jähriger deutscher Staatsangehöriger mit dunkler Hautfarbe, macht mit seiner Klage geltend, dass er am 19. November 2013 gegen 22.30 Uhr von drei Beamten der
Bundespolizei hält erfolgte Personenkontrolle für zulässig und rechtmäßig
Die Bundesbahnpolizeidirektion Stuttgart, welche in dem Fall die Bundesrepublik Deutschland vertrat, berief sich ihrerseits darauf, dass die Kontrolle rechtmäßig gewesen sei. Der
Voraussetzungen für eine zulässige polizeiliche Personenkontrolle
Das Verwaltungsgericht Stuttgart entschied, dass die
Ermächtigungsgrundlage im Bundespolizeigesetz genügt nicht den zu beachtenden Anforderungen an Polizeikontrollen
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat bereits 2010 zur vergleichbaren Rechtslage in Frankreich entschieden, dass eine nationale Regelung, die den Polizeibehörden eine Befugnis zur Durchführung von verdachtsunabhängigen Identitätskontrollen im Grenzgebiet zu anderen Schengenstaaten einräumt, den erforderlichen Rahmen für die diesen Behörden eingeräumte Befugnis vorgeben muss, um insbesondere das Ermessen zu lenken, über das sie bei der tatsächlichen Handhabung der Befugnis verfügen. Dieser Rahmen muss gewährleisten, dass die tatsächliche Ausübung der Befugnis zur Durchführung von Identitätskontrollen nicht die gleiche Wirkung wie Grenzübertrittskontrollen haben kann (EuGH, Urteil vom 22.06.2010 - C-188/10 und C-189/10). Diesen auch vom deutschen Gesetzgeber zu beachtenden Anforderungen genügt die vorliegend herangezogene Ermächtigungsgrundlage im Bundespolizeigesetz nicht. Es fehlt an verbindlichen Regelungen hinsichtlich Intensität und Häufigkeit der Kontrollen.
§ 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG könnte danach als Ermächtigungsgrundlage für verdachtsunabhängige Personenkontrollen nur dann herangezogen werden, wenn die Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage der Art. 23 ff. des Schengener Grenzkodex vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der betreffenden Binnengrenze einführt. Dies war zum Zeitpunkt der hier zu beurteilenden
Gericht lässt Frage einer möglichen Kontrolle aufgrund der Hautfarbe offen
Die Frage, ob möglicherweise die Hautfarbe des Klägers bei der Entscheidung, gerade ihn und nicht andere Mitreisende in dem betreffenden Waggon zu kontrollieren, eine Rolle gespielt hat, und wie dies rechtlich zu bewerten wäre, hat das Gericht offen gelassen.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 26.10.2015
Quelle: Verwaltungsgericht Stuttgart/ra-online
- Racial Profiling: Polizei darf keine Ausweiskontrolle eines Dunkelhäutigen aufgrund der Hautfarbe durchführen
(Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29.10.2012
[Aktenzeichen: 7 A 10532/12.OVG]) - Bundespolizei darf zur Identitätsfeststellung Zugreisende verdachtsunabhängig kontrollieren
(Verwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 28.02.2012
[Aktenzeichen: 5 K 1026/11.KO])
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Dokument-Nr. 21769
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