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Verwaltungsgericht Wiesbaden, Beschluss vom 16.09.2013
- 7 L 919/13.WI -
NPD darf ohne den Nachweis einer Haftpflichtversicherung keine Wahlplakate aufstellen
Verwaltungsgericht weist Eilantrag der NPD auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurück
Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat entschieden, dass die Stadt Wiesbaden der NPD das Aufstellen von Wahlplakaten untersagen darf, solange die Partei keinen Nachweis über eine gültige Haftpflichtversicherung vorlegt.
Im zugrunde liegenden Streitfall hatte die Stadt Wiesbaden die notwendige Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zum Plakatieren anlässlich der bevorstehenden Landtags- und Bundestagswahl - wie bei allen anderen Parteien - gemäß ihrer "Plakatierungsrichtlinien" (Ziffer 1.2g der Richtlinien der Landeshauptstadt Wiesbaden für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zur Aufstellung von beweglichen Plakatständern und -tafeln sowie Transparenten der Parteien und Wählergemeinschaften in Wahlkampfzeiten, genehmigt durch Magistratsbeschluss Nr. 0987 vom 8. November 2005) von dem vorherigen Nachweis einer entsprechenden
Gericht lehnt Anspruch der NPD auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zum Aufstellen der Wahlplakate ab
Der von der
Wahlsichtwerbung darf nicht durch gänzliche oder weitgehende Verweigerung vorgesehener Erlaubnisse beschnitten werden
Das Gericht legt in seiner Begründung dar, dass die Aufstellung von Plakatständern im öffentlichen Straßenraum eine erlaubnispflichtige Sondernutzung darstellt, die der Erlaubnis der Straßenbehörde bedarf. Das Straßengesetz enthalte hierzu keine näheren Vorgaben, nach welchen Maßstäben die Erlaubnis versagt werden kann oder muss; über einen Antrag habe die Stadt daher nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Hierbei seien in erster Linie straßenrechtliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, aber auch alle sonstigen Rechtsnormen zu beachten, um die Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustands zu vermeiden. Es sei aber auch allgemein anerkannt, dass für die Zeit des Wahlkampfes, jedenfalls in der Regel in den letzten sechs Wochen vor dem festgesetzten Wahltermin, der „heißen“ Wahlkampfphase, den zur Wahl zugelassenen Parteien und Gruppierungen aufgrund der Bedeutung der Wahlen in einem demokratischen Staat und der Bedeutung der Parteien für die Wahlen ein Anspruch zusteht, in angemessener Weise
Stadt darf Erteilung der Sondernutzungserlaubnis an Bedingungen knüpfen
Die Stadt Wiesbaden ist nach Auffassung des Gerichts auch unter Berücksichtigung der verfassungsmäßigen Rechte der Parteien jedoch nicht verpflichtet, die im Übrigen gebührenfreie Sondernutzungserlaubnis ohne jegliche Bedingungen und Beschränkungen zu erteilen. Die Stadt übernehme durch die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis auch eine Schutzpflicht gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern. Dieser werde sie dadurch gerecht, indem sie den Nachweis einer entsprechenden
Recht auf Gleichbehandlung der Parteien nicht verletzt
Auch das Recht auf Gleichbehandlung bzw. Chancengleichheit der Parteien untereinander sei nicht verletzt, da die Stadt Wiesbaden ihre gängige Verwaltungspraxis konsequent angewandt habe, indem sie von allen Parteien vor Erteilung der Sondernutzungserlaubnis einen entsprechenden Versicherungsnachweis verlangt habe. Die Plakatierungsrichtlinie bestehe seit fast acht Jahren. In allen seit Inkrafttreten durchgeführten Wahlkämpfen hätten die teilnehmenden Parteien entsprechende Versicherungen nachgewiesen.
2009 wurde Haftpflichtversicherung nachgewiesen und Sondernutzungserlaubnis erteilt
Die
NPD muss Weigerungen der Versicherungen zum Vertragsabschluss nachweisen können
Die
Abgabe einer Haftungsübernahme bzw. Freistellungserklärung gegenüber der Stadt nicht ausreichend
Das Gericht hält die Vorlage eines Versicherungsnachweises auch für das geeignete Mittel, Geschädigten im Falle einer Schadensrealisierung einen möglichst solventen Schuldner in Form einer Versicherung gegenüberzustellen. Soweit die
Anhaltspunkte für ein Unterbinden der Wahlwerbung der NPD „durch die Hintertür“ nicht erkennbar
Anhaltspunkte dafür, dass die Stadt Wiesbaden gezielt auf die Wahlkampfführung einer für die Landtags- und Bundestagswahlen zugelassenen und durch das Bundesverfassungsgericht nicht verbotenen Partei einwirken und quasi „durch die Hintertür“ eine unerwünschte
§ 16 Hessisches Straßengesetz - Sondernutzung
(1) Der Gebrauch der öffentlichen Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) bedarf der Erlaubnis der Straßenbaubehörde. Die Erlaubnis soll nicht erteilt werden, wenn behinderte Menschen durch die Sondernutzung in der Ausübung des Gemeingebrauchs erheblich beeinträchtigt würden.
(2) Die Erlaubnis darf nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden. Bedingungen und Auflagen sind zulässig. Eine auf Zeit erteilte Erlaubnis kann widerrufen werden, wenn es das Wohl der Allgemeinheit erfordert.
(3) Der Erlaubnisnehmer hat dem Träger der Straßenbaulast alle Kosten zu ersetzen, die diesem durch die Sondernutzung zusätzlich entstehen. Hierfür kann der Träger der Straßenbaulast angemessene Vorschüsse und Sicherheiten verlangen.
(4) Bei der Errichtung und bei dem Betrieb der Sondernutzungsanlage hat der Erlaubnisnehmer die anerkannten Regeln der Technik zu beachten. Arbeiten an der Straße bedürfen der Zustimmung der Straßenbaubehörde.
(5) Wechselt der Träger der Straßenbaulast, so bleibt eine gemäß Abs. 1 erteilte Erlaubnis bestehen.
(6) Der Erlaubnisnehmer hat keinen Ersatzanspruch bei Widerruf der Sondernutzungserlaubnis oder bei Sperrung, Änderung oder Einziehung der öffentlichen Straße. Im Falle des Abs. 2 Satz 3 ist der Betroffene vom Träger der Straßenbaulast angemessen zu entschädigen. Über die Entschädigung entscheidet das Regierungspräsidium.
(7) Ist nach den Vorschriften des Straßenverkehrsrechts eine Erlaubnis für eine übermäßige Straßenbenutzung oder eine Ausnahmegenehmigung erforderlich, so bedarf es keiner Erlaubnis nach Abs. 1. Vor ihrer Entscheidung hat die zuständige Behörde die sonst für die Sondernutzungserlaubnis zuständige Behörde zu hören. Die von dieser geforderten Bedingungen, Auflagen und Sondernutzungsgebühren sind dem Antragsteller in der Erlaubnis oder Ausnahmegenehmigung aufzuerlegen.
Satzung über Sondernutzungen an öffentlichen Straßen und über Sondernutzungsgebühren in der Landeshauptstadt Wiesbaden (Sondernutzungssatzung)
§ 6 Kostenersatz, Haftung
(1) Der Erlaubnisnehmer hat der Stadt alle Kosten zu ersetzen, die ihr durch die Sondernutzung zusätzlich entstehen. Bei durch Baumaßnahmen veranlassten Sondernutzungen, insbesondere durch Bauzäune, Gerüste und Container, haften ungeachtet einer Erlaubnis auch der Bauherr und das bauausführende Unternehmen auf Kostenersatz. Zur Deckung von Ansprüchen der Stadt auf Kostenersatz können jederzeit angemessene Vorschüsse und Sicherheitsleistungen verlangt werden. Dies gilt auch, wenn Beschädigungen an der Straße oder Straßeneinrichtungen zu besorgen sind.
(2) Der Erlaubnisnehmer hat die Stadt von allen Ansprüchen Dritter freizustellen, die wegen der Sondernutzung oder der Art ihrer Ausübung gegen die Stadt erhoben werden. Die Stadt kann von dem Erlaubnisnehmer jederzeit den Abschluss einer Versicherung wegen solcher Ansprüche sowie den Nachweis regelmäßiger Prämienzahlung verlangen.
(3) - (4) [...]
§ 11 Gebührenbefreiung, Gebührenermäßigung
(1) Als Sondernutzungen sind gebührenfrei: 1. Kreuzungen der Straße mit ober- oder unterirdischen Leitungen der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Fernwärme oder Wasser sowie der öffentlichen Abwasserleitungen jeweils mit den Hausanschlüssen,
2. von der Straßenbauverwaltung allgemein eingeführte private Hinweisschilder zur besseren Orientierung der Verkehrsteilnehmer,
3. Informationsstände politischer Parteien, karitativer, kirchlicher, gemeinnütziger Organisationen,
4. Plakatständer und -tafeln, wenn sie von politischen Parteien oder Wählervereinigungen aus Anlass von Wahlen und im Rahmen der politischen Meinungsbildung aufgestellt werden.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 16.09.2013
Quelle: Verwaltungsgericht Wiesbaden/ra-online
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Dokument-Nr. 16783
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