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Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.12.2010
VI ZR 30/09 und VI ZR 34/09 -

BGH: Bildagenturen müssen vor Weitergabe archivierter Fotos nicht Zulässigkeit der beabsichtigten Berichterstattung prüfen

Austausch zulässigerweise archivierten Bildmaterials steht unter Schutz der Pressefreiheit

Bildagenturen sind nicht dazu verpflichtet, vor Weitergabe archivierter Fotos an die Presse die Zulässigkeit der beabsichtigten Presse­bericht­erstattung zu überprüfen. Dies entschied der Bundesgerichtshof.

Die Beklagten des zugrunde liegenden Falls betreiben Bildarchive zur kommerziellen Nutzung durch Presseunternehmen. Der mehrfach wegen Tötungsdelikten verurteilte Kläger verbüßt seit 1983 eine lebenslange Freiheitsstrafe. Über seine Taten wurde in den fünfziger, sechziger und frühen achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts ausführlich berichtet. Die Beklagten gaben auf Anfrage ein bzw. zwei Bildnisse aus den fünfziger und sechziger Jahren an das Magazin "Playboy" weiter, das damit einen Artikel "Die Akte … Psychogramm eines Jahrhundertmörders" bebilderte. Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagten hätten die Fotos ohne seine hierzu erforderliche Einwilligung verbreitet und dadurch sein Recht am eigenen Bild verletzt. Die Beklagten haben sich auf das Recht der Pressefreiheit berufen. Die Klagen waren darauf gerichtet, den Beklagten aufzugeben, die Weitergabe der Fotos zu unterlassen. Das Landgericht hat die Klagen abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihnen – mit Einschränkungen - stattgegeben.

Der Bundesgerichtshof hat auf die von ihm zugelassenen Revisionen die Berufungsurteile aufgehoben und die Klagen abgewiesen.

Inhaber von Bildagentur muss Rechtmäßigkeit der beabsichtigten Presseberichterstattung nicht überprüfen

Der Austausch zulässigerweise archivierten Bildmaterials steht unter dem Schutz der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG). Diese gewährleistet nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht nur die Freiheit der Verbreitung von Nachrichten und Meinungen; sie schützt vielmehr auch den gesamten Bereich publizistischer Vorbereitungstätigkeit, zu der insbesondere die Beschaffung von Informationen gehört. Dem ist bei der Auslegung des Begriffs des "Verbreitens" von Bildnissen in § 22 Kunsturhebergesetz Rechnung zu tragen. Eine quasi presseinterne Weitergabe von Fotos durch ein Bildarchiv darf deshalb grundsätzlich nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Inhaber der Bildagentur prüft, ob die unter Verwendung der Fotos beabsichtigte Presseberichterstattung rechtmäßig sein wird. Die Verantwortung für eine Presseveröffentlichung trägt alleine das veröffentlichende Presseorgan, das auch die Zulässigkeit der Verwendung der Fotos nach den §§ 22, 23 Kunsturhebergesetz zu prüfen hat. Der betroffene Abgebildete hat dadurch keinen fühlbaren Nachteil. Durch die Weitergabe von Fotos im quasi presseinternen Bereich wird sein Persönlichkeitsrecht allenfalls geringfügig beeinträchtigt.

§ 22 Kunsturhebergesetz (KunstUrhG)

Recht am eigenen Bilde

Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, dass er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 07.12.2010
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

Vorinstanzen:
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 17.04.2008
    [Aktenzeichen: 2/3 O 129/07 und 2/3 O 90/07]
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 23.12.2008
    [Aktenzeichen: 11 U 22/08 und 11 U 21/08]
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Fundstellen in der Fachliteratur: Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR)
Jahrgang: 2011, Seite: 244
MMR 2011, 244
 | Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW)
Jahrgang: 2011, Seite: 755
NJW 2011, 755

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Dokument-Nr.: 10686 Dokument-Nr. 10686

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