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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 05.12.2006
1 BvR 2186/06 -

Teile des neuen Hufbeschlaggesetzes vorläufig gestoppt

Aussetzung des Gesetzes bis zur Entscheidung über Verfassungsbeschwerde gegen dieses

Die Beschwerdeführer wenden sich mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und der damit verbundenen Verfassungsbeschwerde als praktizierende oder zukünftige Huftechniker und Hufpfleger sowie als Betreiber von Schulen für Hufpflege und Huftechnik gegen die Unterwerfung ihrer beruflichen Tätigkeiten unter das neue Hufbeschlaggesetz, das zum 1. Januar 2007 in Kraft treten soll.

„Hufpfleger“ übernehmen die Hufversorgung von Pferden ohne jeden Hufschutz oder mit lediglich temporärem Hufschutz. Als „Huftechniker“ werden Spezialisten für alle Arten der Hufhilfsmittel und des Hufschutzes mit Ausnahme des – bisher schon dem Hufschmied vorbehaltenen Eigenbeschlages bezeichnet. Nachdem das neue Gesetz „Hufbeschlag“ als „die Gesamtheit aller Verrichtungen an einem Huf zum Zweck des Schutzes, der Gesunderhaltung, der Korrektur oder der Behandlung“ definiert, dürfen die Tätigkeiten der Hufpfleger und Huftechniker grundsätzlich nur noch von geprüften und staatlich anerkannten Hufbeschlagschmieden ausgeübt werden. Diese Anerkennung setzt unter anderem eine zweijährige hauptberufliche Beschäftigung bei einem Hufbeschlagschmied voraus. Hufbeschlagschulen dürfen zukünftig nur betrieben werden, wenn sie staatlich anerkannt sind. Hierfür ist unter anderem erforderlich, dass in der Schule ausreichend Hufbeschlaglehrschmiede beschäftigt werden. Die Anerkennung als Hufbeschlaglehrschmied kann nur nach einer mindestens fünfjährigen Tätigkeit als Hufbeschlagschmied erfolgen.

Der Antrag der Beschwerdeführer auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hatte Erfolg. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts setzte das Hufbeschlaggesetz bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, längstens für die Dauer von sechs Monaten, insoweit einstweilen aus, als Personen, die Verrichtungen an Hufen zum Zweck des Schutzes, der Gesunderhaltung, der Korrektur oder der Behandlung vornehmen, ohne dabei einen Eisenbeschlag anzubringen, sowie Personen und Einrichtungen, die zu solchen Verrichtungen ausbilden, den Bestimmungen dieses Gesetzes unterworfen werden.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Der Ausgang der Verfassungsbeschwerde ist offen. Sie ist nicht unzulässig, insbesondere sind die Beschwerdeführer selbst, unmittelbar und gegenwärtig durch die gesetzliche Regelung betroffen. Von einem verkündeten, wenngleich auch noch nicht in Kraft getretenen Gesetz kann dann eine gegenwärtige Beschwer ausgehen, wenn – wie im vorliegenden Fall – bereits aktuell klar abzusehen ist, dass und auf welche Weise die Beschwerdeführer von der angegriffenen Vorschrift betroffen sein werden. Die Verfassungsbeschwerde gegen die Neuregelung ist in Hinblick auf Art. 12 GG (Berufswahlfreiheit) auch nicht offensichtlich unbegründet. Aufgrund der Neuregelung sind die Beschwerdeführer an der Fortsetzung ihrer beruflichen Tätigkeiten und der entsprechenden Ausbildung gehindert, solange sie nicht die neuen Zugangsvoraussetzungen in Gestalt schmiedetechnischer Kenntnisse und Fertigkeiten erwerben und nachweisen oder zur Ausbildung anbieten können. Der hierin liegende Eingriff in die Berufsfreiheit bedarf einer gesetzlichen Grundlage, die ihrerseits den Anforderungen der Verfassung genügt. Ob das Hufbeschlaggesetz diesen Anforderungen entspricht, bedarf der Überprüfung im Verfassungsbeschwerdeverfahren.

Da der Ausgang der Verfassungsbeschwerde offen ist, ist über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Wird die Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes begehrt, ist dabei ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Die Folgenabwägung führt zum Erlass der einstweiligen Anordnung. Erginge die einstweilige Anordnung nicht, erwiese sich die Verfassungsbeschwerde später jedoch als begründet, so entstünden den Beschwerdeführern mit In-Kraft-Treten des Gesetzes besonders schwere und praktisch nicht wieder gutzumachende persönliche und wirtschaftliche Nachteile, zudem würden sie zu später nur schwer korrigierbaren Berufswahlentscheidungen gezwungen. Erginge die einstweilige Anordnung hingegen und hätte die Verfassungsbeschwerde später keinen Erfolg, so könnten die Beschwerdeführer ihre berufliche Betätigung einstweilen fortsetzen mit den von Seiten des Gesetzgebers prognostizierten Gefahren. Die Folgen einer fortgesetzten beruflichen Tätigkeit der Beschwerdeführer fallen hier jedoch weniger ins Gewicht, weil auch auf Basis der Stellungnahme des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz keine schwerwiegenden Gefährdungen der Tiergesundheit zu erwarten wären.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 11.12.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 118/06 des BVerfG vom 11.12.2006

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