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Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom 12.07.2017
- 1 BvR 2222/12, 1 BvR 1106/13 -
Pflichtmitgliedschaft in Industrie- und Handelskammer: Verfassungsbeschwerden erfolglos
Beitragspflicht verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden
Die an die Pflichtmitgliedschaft in Industrie- und Handelskammern gebundene Beitragspflicht ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies hat das Bundesverfassungsgericht entschieden und damit die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen.
In den vorliegenden Verfahren machten zwei Kammermitglieder geltend, dass die gesetzlich normierte
Gewerbetreibender ist automatisch Pflichtmitglied in Industrie- und Handelskammer
Die Industrie- und Handelskammern sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisiert, an die die Kammermitglieder Beiträge zahlen müssen.
Prüfungsmaßstab ergibt aus Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit
Erwägungen des Gerichts:
1. Der Prüfungsmaßstab für den Schutz vor Pflichtmitgliedschaften in „unnötigen“ Körperschaften ergibt sich aus dem
Beitragserhebung und Pflichtmitgliedschaft grundsätzlich Eingriffe in allgemeine Handlungsfreiheit
2. Sowohl die Beitragserhebung als auch die
Interessensvertretung, Förderung von Verwaltungsaufgaben legitimer Zweck für Pflichtmitgliedschaft
a) Die Einbindung in die Industrie- und Handelskammern im Wege der
Beiträge ermöglichen Erfüllung von Aufgaben
b) Die Regelungen zur
Gesamtinteressensvertretung der regionalen Wirtschaft erfordert vollständige Erfassung von Gewerbetreibenden
c) Der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Beschwerdeführerinnen erscheint unter Berücksichtigung des weiten Einschätzungsspielraums des Gesetzgebers erforderlich. Es ist nicht ersichtlich, dass den Industrie- und Handelskammern Aufgaben zugewiesen wurden, die unnötige Kosten nach sich ziehen, oder dass es andere Möglichkeiten gebe, finanzielle Mittel mit geringerer Eingriffswirkung gleichermaßen verlässlich von den Betroffenen zu erheben. Eine freiwillige Mitgliedschaft ist keine verfassungsrechtlich eindeutig weniger belastende Alternative. Die Zielsetzung des Gesetzgebers, das Gesamtinteresse der regionalen Wirtschaft zu erfassen, ist notwendig mit einer möglichst vollständigen Erfassung der Gewerbetreibenden und ihrer Interessen verbunden, die nach § 1 Abs. 1 IHKG „abwägend und ausgleichend“ zu berücksichtigen sind.
Durch Pflichtmitgliedschaft verliehene Rechte berechtigt Erhebung der Kammerumlage
d) Die
§ 1 Abs. 1 IHKG beinhaltet keine reine Interessensvertretung
Die Wahrnehmung des Gesamtinteresses gelingt allerdings nur, wenn abweichende Interessen einzelner Mitglieder oder grundlegende Interessenkonflikte, die für einzelne Mitglieder von erheblicher Bedeutung sind, in den Industrie- und Handelskammern berücksichtigt werden. § 1 Abs. 1 IHKG beinhaltet ein Abwägungsgebot und gerade nicht die Aufgabe der reinen Interessenvertretung. Daraus folgt auch ein Minderheitenschutz. Abweichende Interessen oder grundlegende Interessenkonflikte dürfen nicht unterschlagen werden. Das kann es erforderlich machen, unterschiedliche Positionen in der Darstellung des Abwägungsmaterials zu benennen, diese ausführlich auszuweisen oder auch ein echtes Minderheitenvotum zu ermöglichen.
Beitragspflicht mit Demokratieprinzip vereinbar
3. Die
Aufgaben hinreichend demokratisch legitimiert
a) Die Wahrnehmung der Aufgaben der Industrie- und Handelskammern ist hinreichend demokratisch legitimiert. Sie nehmen in einem abgegrenzten Bereich eigenverantwortlich öffentliche Aufgaben wahr, indem sie private Interessen gebündelt zur Geltung bringen, zielen aber nicht auf Eingriffe in Rechte Dritter und mit Ausnahme der Erhebung der Beiträge auch nicht auf Eingriffsbefugnisse zu Lasten der Mitglieder. Die Anforderungen sind in den gesetzlichen Regelungen in der fachrechtlichen Auslegung hinreichend vorgeprägt. Das gilt im Zusammenspiel mit der Rechtsaufsicht für die Beitragsordnung auch für die
Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Binnenverfassung
b) Darüber hinaus ergeben sich aus dem
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 02.08.2017
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ ra-online
- Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 11.09.2012
[Aktenzeichen: 22 ZB 12.1843] - Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 30.07.2012
[Aktenzeichen: 22 ZB 11.1518] - Verwaltungsgericht Augsburg, Urteil vom 05.05.2011
[Aktenzeichen: Au 2 K 09.743]
- Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 05.02.2013
[Aktenzeichen: 8 A 1190/12.Z] - Verwaltungsgericht Kassel, Urteil vom 20.04.2012
[Aktenzeichen: 3 K 1741/10.KS]
- GmbH muss trotz Gewerbeabmeldung IHK-Beiträge zahlen
(Verwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 29.09.2008
[Aktenzeichen: 3 K 393/08.KO]) - Pflichtmitgliedschaft und Beitragspflicht in der IHK für englische "Limited" mit Geschäftsniederlassung in Deutschland
(Verwaltungsgericht Darmstadt, Entscheidung vom 07.11.2006
[Aktenzeichen: 9 E 793/05])
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Dokument-Nr. 24637
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