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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 08.12.2010
- 2 BvR 1287/08 -
Preisvergleich via Internetportal: Zahnarzt verstößt mit Teilnahme an Patientenauktion nicht gegen zahnärztliche Berufspflichten
Im Internet abgegebene Kostenschätzung kann nicht generell als berufsrechtswidrige Werbung qualifiziert werden
Zahnärzte, die Teilnehmer eines Internet-Portals sind, auf dem Patienten einen Heil- und Kostenplan ihres Zahnarztes einstellen können, um von anderen Zahnärzten eine alternative eigene Kostenschätzung zu erhalten, verstoßen nicht gegen ihre zahnärztlichen Berufspflichten. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht.
Der Beschwerdeführer, ein niedergelassener
Hintergrund
Ein Nutzer dieses Portals wählte den Beschwerdeführer nach dessen Kostenschätzung aus und erhielt seine Kontaktdaten. Zur Vereinbarung eines Untersuchungstermins und zur Abgabe eines verbindlichen Kostenangebots kam es aber nicht, weil dem Nutzer der Weg zur Praxis des Beschwerdeführers zu weit war.
Zahnarzt darf ohne persönliche Untersuchung keine Kostenschätzung abgeben
Das Landesberufsgericht für Zahnärzte bestätigte den vom Berufsgericht gegen den Beschwerdeführer ausgesprochenen Verweis. Die Abgabe einer Kostenschätzung ohne vorherige Untersuchung verstoße gegen die Pflicht des Zahnarztes, seinen Beruf nach den Geboten der ärztlichen Ethik und der Menschlichkeit auszuüben und dem ihm im Zusammenhang mit dem Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Der
Bundesverfassungsgericht sieht Arzt in geschützter Berufsfreiheit verletzt
Auf die Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht das Urteil des Landesberufsgerichts für Zahnärzte aufgehoben, weil es den Beschwerdeführer in seiner durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit verletzt.
Fehlen einer persönlichen Untersuchung vor Abgabe der Kostenschätzung ist nicht als Verletzung der Berufspflicht zu beurteilt
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde: Es ist nicht mit Art. 12 Abs. 1 GG zu vereinbaren, dass das Gericht das Fehlen einer persönlichen Untersuchung des Patienten vor der Abgabe der Kostenschätzung in der vorliegenden Konstellation als Verletzung einer Berufspflicht beurteilt. Denn es sind keine Gründe des Gemeinwohls zu erkennen, nach denen eine solche Untersuchung im konkreten Fall geboten gewesen wäre.
Internetplattform erleichtert Nutzern Preisvergleich und Kontaktanbahnung
Dass bereits im Stadium der Anbahnung der Arzt-Patienten-Beziehung eine persönliche Untersuchung des Patienten für eine unverbindliche Kostenschätzung erforderlich sein soll, ist nicht plausibel. Die Entwicklung eines Vertrauensverhältnisses wird durch die Nutzung der Internetplattform keineswegs ausgeschlossen, da, wenn der Patient sich für einen
Gefahr von „Lockvogelangeboten“ kann nicht pauschal unterstellt werden
Auch die Nutzung des Internets als solche ist nicht geeignet, Gemeinwohlbelange zu beeinträchtigen. Auf der als „virtueller Marktplatz“ fungierenden Internetplattform mag zwar die Gefahr von so genannten „Lockvogelangeboten“, d. h. der Methode, Patienten mit besonders günstigen Angeboten in die Praxis zu locken, um ihm gegenüber später lukrativere Leistungen abzurechnen, nicht auszuschließen sein. Dieses Vorgehen kann aber ohne konkrete Anhaltspunkte nicht als Regelfall unterstellt werden. Sofern im Einzelfall ein „Lockvogelangebot“ abgegeben werden sollte, erlaubt dies schon unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit kein allgemeines Verbot, eine Kostenschätzung über das
Nutzung des Internets führt nicht zu Verunsicherung der Patienten und allgemeinem Vertrauensverlust gegenüber Zahnärzten
Ferner ist es auch nicht mit der verfassungsrechtlich garantierten Berufsfreiheit vereinbar, eine im
Weder der Arzt noch Portalbetreiber sollten Interesse an Einstellung unrealistisch niedriger Schätzungen haben
Aufgrund der deutlichen Hinweise auf der Eingangsseite des Portals und in dessen allgemeinen Geschäftsbedingungen ist den Nutzern der Internetplattform bekannt, dass die Schätzung unverbindlich ist und eine bindende Kostenaufstellung erst nach einer persönlichen Untersuchung abgegeben werden kann. Die Kostenschätzung hat auch einen klaren Bezugspunkt, nämlich den ursprünglichen Befund- und Behandlungsplan und die sich daraus ergebenden zahnärztlichen und zahntechnischen Leistungen. Zudem dürften weder der Arzt noch die Portalbetreiber ein Interesse an der Einstellung unrealistisch niedriger Schätzungen haben, da eine spätere, nicht auf nachvollziehbaren Gründen beruhende Erhöhung der
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 22.12.2010
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online
Jahrgang: 2011, Seite: 331 MMR 2011, 331
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Dokument-Nr. 10771
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