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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30.03.2022
- 2 BvR 2069/21 -
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 20.04.2022
- 2 BvR 1713/21 -
Verfassungsbeschwerden gegen Auslieferungen nach Schweden und in die Türkei erfolgreich
EuGH nicht angerufen - Recht auf gesetzlichen Richter nicht gewahrt
Mit zwei Beschlüssen vom 30. März 2022 und vom 20. April 2022 - 2 BvR 1713/21 - hat das Bundesverfassungsgericht zwei Verfassungsbeschwerden teilweise stattgegeben, die sich gegen fachgerichtliche Entscheidungen richteten, mit denen die Auslieferungen eines Beschwerdeführers zum Zwecke der Vollstreckung einer Maßregel nach Schweden und ein anderer zum Zwecke der Strafverfolgung in die Türkei - für zulässig erklärt wurden. Die angegriffenen Beschlüsse der Fachgerichte verletzen die Beschwerdeführer jeweils in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Fachgerichte hätten gemäß Art. 267 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nicht von einem Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union absehen dürfen.
Dem Verfahren 2 BvR 1713/21 liegt der folgende Sachverhalt zugrunde: Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, leidet an einer paranoiden Schizophrenie, die in Afghanistan nicht behandelt werden konnte. Im Jahr 2017 reiste er nach Schweden ein und wurde dort im März 2018 zu einer freiheitsentziehenden Maßregel der „rechtspsychiatrischen Fürsorge“ verurteilt. Im April 2019 reiste der Beschwerdeführer in die Bundesrepublik Deutschland ein. Gestützt auf den Europäischen Haftbefehl der schwedischen Staatsanwaltschaft ersuchten die schwedischen Behörden, den Beschwerdeführer zum Zwecke der weiteren Vollstreckung der gegen ihn verhängten freiheitsentziehenden Maßregel nach Schweden zu überstellen. Nach dem Ende einer knapp einmonatigen Unterbringung wurde der Beschwerdeführer aufgrund der Entscheidung des Oberlandesgerichts, in der die Auslieferungshaft des Beschwerdeführers angeordnet wurde, festgenommen. Der Beschwerdeführer beantragte, den Auslieferungshaftbefehl außer Vollzug zu setzen, damit er in einer psychiatrischen Klinik stationär weiterbehandelt werden könne. Eine Veränderung des zwischenzeitlich gesicherten Behandlungssettings könne seinen Gesundheitszustand erheblich gefährden und den erreichten Behandlungserfolg zunichtemachen. Das Oberlandesgericht lehnte den Antrag auf Außervollzugsetzung ab und ordnete Haftfortdauer an. Nachdem es in der Justizvollzugsanstalt in den folgenden Tagen beim Beschwerdeführer zu einer Exazerbation der paranoiden Schizophrenie gekommen war, hob das Oberlandesgericht den Auslieferungshaftbefehl und die Haftfortdauerentscheidung auf. Der Beschwerdeführer wurde daraufhin erneut untergebracht. Mit angegriffenem Beschluss aus dem August 2021 erklärte das Oberlandesgericht die
Türkei fordert Auslieferung eines in Italien als Flüchtling anerkanntenTürken
Dem Verfahren 2 BvR 2069/21 liegt der folgende Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2010 reiste der Beschwerdeführer aus der Türkei aus und bat in Italien um politisches Asyl. Im Mai 2010 wurde er bestandskräftig von den italienischen Behörden als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt. Gestützt auf einen Haftbefehl des 1. Schwurgerichts Bingöl/Türkei aus dem Juni 2020, schrieben die türkischen Behörden den Beschwerdeführer über Interpol zur Festnahme zum Zwecke der
EuGH hätte zu Aufklärungs- und Prüfungspflichten der Vollstreckungsbehörde bei psychischer Krankheit befragt werden müssen
Die angegriffenen Entscheidungen der Oberlandesgerichte über die Zulässigkeit der
Kann die Flüchtlingsanerkennung in Italien ein Auslieferungshindernis darstellen?
Im Verfahren 2 BvR 2069/21 wirft der Sachverhalt die entscheidungserhebliche Frage auf, ob die bestandskräftige Anerkennung des Beschwerdeführers als Flüchtling durch die italienischen Behörden im Mai 2010 für das Auslieferungsverfahren in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund der unionsrechtlichen Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung nationalen Rechts verbindlich ist und damit einer
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 13.05.2022
Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (pm/ab)
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Dokument-Nr. 31751
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