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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 09.10.2009
2 BvR 2115/09 -

Verfassungsbeschwerde gegen Auslieferungsentscheidungen erneut erfolgreich

Verletzung des Grundrechts auf Schutz vor Auslieferung

Da ein Auslieferungsbeschluss des Oberlandesgerichts München willkürlich das Grundrecht auf Auslieferungsschutz eines Beschwerdeführers verletzte, hat das Bundesverfassungsgericht erneut einer Verfassungsbeschwerde stattgegeben, die sich gegen die Bewilligungsentscheidung wendete, die Auslieferung zur Strafverfolgung für zulässig zu erklären.

Der Beschwerdeführer, der die deutsche und die griechische Staatsangehörigkeit besitzt, wehrt sich seit dreieinhalb Monaten gegen seine Auslieferung zur Strafverfolgung, um die griechische Behörden auf der Grundlage von mittlerweile drei Europäischen Haftbefehlen ersuchen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht bereits im September 2009 entschieden hatte, dass die Bewilligung der Auslieferung auf der Grundlage des ersten Europäischen Haftbefehls Grundrechte des Beschwerdeführers verletzt hatte, erklärte das Oberlandesgericht München die Auslieferung wegen des zweiten Europäischen Haftbefehls erneut für zulässig und ordnete Auslieferungshaft an. Die Generalstaatsanwaltschaft entschied wiederum, die Auslieferung zu bewilligen. Gegen beide Entscheidungen wandte sich der Beschwerdeführer mit seiner zweiten Verfassungsbeschwerde (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 03.09.2009 - 2 BvR 1826/09 -).

Beschluss verletzt willkürlich Grundrecht auf Auslieferungsschutz

Das Bundesverfassungsgericht hat der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Bewilligungsentscheidung der Generalstaatsanwaltschaft und den Beschluss des Oberlandesgerichts München wendet, die Auslieferung des Beschwerdeführers zur Strafverfolgung für zulässig zu erklären. Die Entscheidungen wurden aufgehoben und zur erneuten Entscheidung über die Auslieferung an ein anderes Oberlandesgericht zurückverwiesen. Nach wie vor beanstandet das Gericht nicht prinzipiell die Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen nach Griechenland auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls, stellt aber fest, dass der Auslieferungsbeschluss des Oberlandesgerichts willkürlich das Grundrecht des Beschwerdeführers auf Auslieferungsschutz verletzt. Der Beschluss unterschreitet die Mindesterfordernisse an Art und Tiefe der Begründung richterlicher Entscheidungen, weil er – wiederum mit Blick auf Verjährungsfragen – wesentliche Rechtsfragen übergeht und den Sachverhalt nicht hinreichend weit aufgeklärt hat.

Tatvorwürfe müssen sorgfältig geprüft werden – Überschlägige Rechtsprüfung nicht ausreichend

Der verfassungsrechtliche Maßstab des Willkürverbots verlangt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Begründung einer fachrichterlichen Entscheidung unter anderem dann, wenn sie sich für die Beteiligten nicht bereits eindeutig aus dem Gesetz ergibt. Strengere Vorgaben für die richterliche Sorgfalt folgen im Auslieferungsverfahrensrecht zudem unmittelbar aus Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG, der ein hohes Maß an Rechtssicherheit verlangt. Danach darf ein Tatvorwurf jedenfalls nicht so diffus formuliert sein, dass die Überprüfung von Auslieferungshindernissen unmöglich wird. Die Fachgerichte müssen auch im Europäischen Haftbefehlsverfahren, das der Vereinfachung der Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union innerhalb eines zusammenwachsenden Wirtschafts- und Rechtsraums dient, möglichst sorgfältig überprüfen, ob die konkreten Tatvorwürfe strafbares Verhalten beschreiben. Sie dürfen sich nicht mit einer lediglich überschlägigen Rechtsprüfung begnügen.

Tatvorwurf nicht eindeutig genug

Die Verletzung des Grundrechts auf Schutz vor Auslieferung ergab sich im vorliegenden Fall zum einen daraus, dass sich das Oberlandesgericht München mit der zentralen Frage einer möglichen innerstaatlichen Verjährung der in Rede stehenden Tatvorwürfe aus den Jahren 2002 und 2003 nicht auseinandergesetzt hat. Seine kursorischen Erwägungen zur fehlenden Verfolgungsverjährung zum Nachteil des Beschwerdeführers werden den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine fachgerichtliche Entscheidung nicht gerecht. Sie sind nicht tragfähig und lassen keine Prüfung der Rechtslage erkennen. Zum anderen hätte sich das Oberlandesgericht München auch nicht mit der bloßen Feststellung begnügen dürfen, die Auslieferungsunterlagen seien konkret genug formuliert. So ist insbesondere nicht nachvollziehbar, dass der Tatvorwurf, der lediglich in allgemeiner Weise das Vorliegen von Geschäftsbeziehungen schildert, ergänzt um die Behauptung, es habe in diesem Zusammenhang ein nicht näher erläutertes betrugsrelevantes Verhalten des Beschwerdeführers gegeben, der Auslieferungsentscheidung zugrundegelegt wurde.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 13.10.2009
Quelle: ra-online, BVerfG

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