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Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 03.10.2001
1 Ss OWi 824/01 -

Geschwindig­keits­überschreitung eines Hausarztes kann wegen Vorliegens einer Notsituation gerechtfertigt sein

Erforderlich sind aber Feststellungen zur Länge der Anfahrtsstrecke des Arztes, der gewonnenen Zeitersparnis durch die Geschwindig­keits­überschreitung, den örtlichen Verhältnissen und der durchschnittlichen Anfahrtszeit eines Notarztes

Ein Hausarzt darf unter bestimmten Umständen die zulässige Höchst­geschwindig­keit überschreiten, wenn dies aufgrund des Vorliegens einer Notsituation gerechtfertigt ist. In diesem Zusammenhang ist es aber erforderlich, dass der Tatrichter Feststellungen zur Länge der Anfahrtsstrecke des Arztes, der gewonnenen Zeitersparnis durch die Geschwindig­keits­überschreitung, den örtlichen Verhältnissen und der durchschnittlichen Anfahrtszeit eines Notarztes macht. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: An einem Nachmittag im September 2000 überschritt eine Autofahrerin innerorts die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 32 km/h. Gegen ihr wurde daraufhin ein Bußgeld von 200 DM und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Dagegen wehrte sich die Autofahrerin mit ihrem Einspruch. Sie verwies darauf, dass sie auf dem Weg zu einem Notfallpatienten gewesen sei, der einen dritten Herzinfarkt erlitten habe. Sie selbst sei die Haus- und Vertrauensärztin des Patienten.

Amtsgericht hielt Geschwindigkeitsüberschreitung für gerechtfertigt

Das Amtsgericht Brilon hielt angesichts des Noteinsatzes die Geschwindigkeitsüberschreitung für gerechtfertigt und sprach daher die Autofahrerin frei. Dagegen richtete sich die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft. Sie gab zu bedenken, dass die Hinzuziehung eines Notarztes eine geeignetere Möglichkeit gewesen wäre, die medizinische Versorgung des Patienten sicherzustellen.

Oberlandesgericht hielt Ausführungen des Amtsgerichts zur Geeignetheit eines Notarztes für unzureichend

Das Oberlandesgericht Hamm führte zum Fall aus, dass die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit mit dem Ziel, einem akut erkrankten Patienten erste Hilfe zu leisten, nach § 16 OWiG gerechtfertigt sein könne. Dies setze aber voraus, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung überhaupt zu einem messbaren Zeitgewinn führt und somit gegenüber der Hinzuziehung eines Notarztes ein geeigneteres Mittel zur Gefahrenabwehr darstellt. Ausführungen des Amtsgerichts haben dazu jedoch gefehlt. In diesem Zusammenhang sei insbesondere zu beachten, dass einem Notarzt Sonderrechte zustehen und der Notarztwagen eine medizinische Ausstattung zur Erstversorgung aufweist.

Weitere Feststellungen erforderlich

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts müssen Feststellungen zur Länge der Anfahrtsstrecke des Arztes, der gewonnenen Zeitersparnis durch die Geschwindigkeitsüberschreitung, den örtlichen Verhältnissen und der durchschnittlichen Anfahrtszeit eines Notarztes getroffen werden. Zudem sei zu berücksichtigen gewesen, dass eine Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer erheblichen Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer hätte führen könne. Daher seien weitere Feststellungen zur allgemeinen Verkehrslage und Verkehrsdichte zur Tatzeit erforderlich gewesen.

Aufhebung des Urteils und Zurückweisung des Falls

Das Oberlandesgericht hob daher die Entscheidung des Amtsgerichts auf und wies den Fall zur Neuverhandlung zurück.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 03.02.2015
Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Amtsgericht Brilon, Urteil vom 15.03.2001

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Dokument-Nr.: 20555 Dokument-Nr. 20555

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Kommentare (1)

 
 
Konradowski schrieb am 04.02.2015

Es ist mehr als bedauerlich, daß diese Ärztin hier klagen mußte. Ein gesunder Menschenverstand hätte dem zuständigen Staatsanwalt und auch schon der Behörde sicherlich gut getan. Warum werden eigentlich die Prozeßkosten nicht diesen Personen auferlegt?? Die können sich einfach alles erlauben und die Richter müssen sich damit beschäftigen.

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