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Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 16.12.2016
L 7 AL 35/15 -

Vorzeitige Meldepflicht: Arbeitslosengeld ohne Sperrzeit

Sozialpädagogin muss sich nicht drei Monate vor Ende des Anerkennungsjahres arbeitssuchend melden

Arbeitnehmer und Auszubildende sind grundsätzlich verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit zu melden. Diese Meldepflicht besteht nicht bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis. Personen, die im Rahmen eines Praktikantenverhältnisses ein Anerkennungsjahr absolvieren, müssen sich nicht vorzeitig arbeitssuchend melden. Dies hat das Hessische Landessozialgericht in seiner Entscheidung bekanntgegeben.

Im vorliegenden Fall studierte eine Frau an der Fachhochschule Sozialpädagogik und absolvierte anschließend ein einjähriges Anerkennungsjahr. Danach meldete sie sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Die Arbeitsagentur gewährte dies, allerdings mit einer Sperrfrist von sieben Tagen, weil die Frau sich nicht vor Beendigung des Anerkennungsjahres arbeitsuchend gemeldet habe. Bei der Ausbildung zur Sozialpädagogin handele es sich nicht um ein betriebliches Ausbildungsverhältnis. Das Anerkennungsjahr werde auch nicht zum Zweck der Übernahme in ein anschließendes Beschäftigungsverhältnis eingegangen. Dem widersprach die Sozialpädagogin. Das Anerkennungsjahr müsse wie ein betriebliches Ausbildungsverhältnis behandelt werden, für welches keine entsprechende Meldepflicht gelte.

Anerkennungsjahr stehe betrieblichem Ausbildungsverhältnis gleich

Das Gericht gab der Sozialpädagogin Recht. Erfolge die Meldung der Arbeitsuche erst nach Beendigung des Anerkennungsjahres, so dürfe keine Sperrzeit verhängt werden. Das Anerkennungsjahr stehe insoweit einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis gleich.

Sinn und Zweck der vorzeitigen Meldepflicht

Dies folge aus Sinn und Zweck der entsprechenden Sperrzeitregelung. Die Pflicht zur frühzeitigen Meldung der Arbeitsuche diene grundsätzlich dazu, die Eingliederung in Arbeit zu beschleunigen, die Vermittlung effektiver zu machen und damit Arbeitslosigkeit und Entgeltersatzleistungen möglichst zu vermeiden. Bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis habe der Gesetzgeber eine frühe Meldepflicht nicht für erforderlich gehalten, weil die Auszubildenden überwiegend vom Ausbildungsbetrieb weiterbeschäftigt würden. Zudem entscheide sich dies meist erst unmittelbar nach dem Bestehen der Abschlussprüfung.

Übernahmequote von 70 Prozent macht Meldepflicht entbehrlich

Die Berufspraktikanten im Anerkennungsjahr würden eine der dualen Ausbildung vergleichbare Ausbildung in Betrieb und Berufsschule durchlaufen. Auch würden sie mit einer Übernahmequote von 70 Prozent später von der Ausbildungsstelle übernommen werden. Daher seien eine frühzeitige Vermittlungstätigkeit und somit auch eine Meldepflicht entbehrlich. Hinzu komme, dass das Berufspraktikum erst mit dem bestandenen Kolloquium erfolgreich abgeschlossen sei. Damit könne vorher die Arbeitsverwaltung kaum etwas für eine beschleunigte Eingliederung unternehmen.

Hinweise zur Rechtslage

§ 38 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) - früher: § 37 b SGB III

(1) Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet, sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, haben sie sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu melden. (...) Die Pflicht zur Meldung gilt nicht bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis.

§ 159 SGB III - früher: § 144 SGB III

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. ²Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn Versicherungspflichtig sind

7. die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 25.01.2017
Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ ra-online

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