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Landgericht Bonn, Urteil vom 08.01.2015
6 S 138/14 -

Scheinabrechnung zur Fristwahrung: Vorsätzlich falsche Betriebs­kosten­abrechnung wahrt nicht die Abrechnungsfrist

Nach­zahlungs­anspruch des Vermieters gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB ausgeschlossen

Der Vermieter muss eine Betriebs­kosten­abrechnung gemäß § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungs­zeitraums dem Mieter mitteilen. Andernfalls ist sein Anspruch auf Nachzahlung gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB ausgeschlossen. Erstellt der Vermieter vorsätzlich eine falsche Abrechnung, so gilt die Abrechnungsfrist als nicht eingehalten. Dies hat das Landgericht Bonn entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Da die Vermieterin einer Eigentumswohnung von ihrem Verwalter nicht rechtzeitig die Jahresabrechnung für 2011 erhielt, erstellte sie im Dezember 2012 auf Basis des Jahres 2010 die Betriebskosten für das Jahr 2011. Aus dieser ergab sich eine Nachforderung von fast 257 Euro. Nachdem die Vermieterin von ihrem Verwalter die Jahresabrechnung erhielt, fertigte sie im April 2013 eine neue und nunmehr richtige Abrechnung für das Jahr 2011 an. Aus dieser ergab sich eine Nachforderung von ca. 345 Euro. Die Vermieterin machte nunmehr gegenüber ihrem Mieter den Nachzahlungsbetrag aus der ersten Abrechnung geltend. Da sich der Mieter weigerte den Betrag zu zahlen, kam der Fall vor Gericht.

Amtsgericht verneint Anspruch auf Nachzahlung

Das Amtsgericht Siegburg verneinte einen Anspruch auf den Nachzahlungsbetrag aus der im Jahr 2012 erstellten Betriebskostenabrechnung. Denn es habe sich bei dieser lediglich um eine Alibi- bzw. Scheinabrechnung gehandelt, deren Zweck allein die Umgehung der Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB gewesen sei. Gegen diese Entscheidung legte die Vermieterin Berufung ein.

Landgericht verneint ebenfalls Fristwahrung durch Scheinabrechnung

Das Landgericht Bonn bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Berufung der Vermieterin zurück. Ihr habe gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB kein Anspruch auf die Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung vom Dezember 2012 zugestanden. Zwar sei die Abrechnung dem Mieter innerhalb der Frist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB zugegangen. Es habe sich aber um eine vorsätzlich falsche Abrechnung gehandelt, deren einziger Zweck die Fristwahrung und somit die Umgehung der Ausschlussfrist zur Geltendmachung der Nachforderung gewesen sei. Solche Alibi- bzw. Scheinabrechnungen seien nicht geeignet, die Abrechnungsrist zu wahren.

Bei vorsätzlich falschen Nebenkostenabrechnungen genügt nicht formelle Wirksamkeit zur Fristwahrung

Der Bundesgerichtshof habe zwar entschieden, so das Landgericht, dass zur Fristwahrung eine formell wirksame Nebenkostenabrechnung genüge. Auf die inhaltliche Richtigkeit komme es nicht an. Dies gelte nach Auffassung des Landgerichts aber nicht in den Fällen, in denen der Vermieter eine vorsätzlich falsche, nicht ernst gemeinte Abrechnung vorlegt, die allein der Fristwahrung und somit der Sicherung eventueller Nachforderungen diene. Andernfalls könne ein Vermieter eine die Abrechnungsfrist wahrende Nebenkostenabrechnung erteilen, in welcher pure, relativ hohe Fantasiezahlen genannt werden, sodass sich nach Ablauf der Abrechnungsfrist durch eine verspätete aber zutreffende Abrechnung ergebene Nachforderungen gesichert wären. Dies entspreche nicht dem Sinn und Zweck von § 556 Abs. 3 Satz 2 und 3 BGB.

Schutz durch negative Feststellungsklage sowie Leistungsklage unerheblich

Soweit angeführt werde, dass der Mieter bei Erhalt einer Scheinabrechnung ausreichend durch eine negative Feststellungsklage, gerichtet auf Feststellung, dass der Nachzahlungsbetrag aus der Alibiabrechnung nicht geschuldet sei, sowie durch eine Leistungsklage, gerichtet auf Erteilung einer inhaltlich richtigen Abrechnung, geschützt sei, folgte das Landgericht dem nicht. Denn es sei mit dem Sinn und Zweck des § 556 Abs. 3 Satz 2 und 3 BGB nicht vereinbar dem Mieter im Falle einer vorsätzlich falschen Abrechnung den Klageweg aufzubürden.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 15.09.2015
Quelle: Landgericht Bonn, ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Amtsgericht Siegburg, Urteil vom 30.05.2014
    [Aktenzeichen: 126 C 5/14]
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Kommentare (1)

 
 
Antefix schrieb am 30.01.2017

Ein klarer Fall: Die Vermieterin ist m.E. ein privates Risiko eingegangen, dass der Mieter, wie oft üblich, auch ihre Schein-Abrechnung vertrauensvoll akzeptiert. Hätte sie von ihm mehr bekommen, als später ausgerechnet wurde, hätte sie ungefragt wohl nichts zurückgegeben. Ihr Verschätzen um 88 Euro in die gegenläufige Richtung schien ihr um so unerträglicher und offenbar sogar die Berufungskosten wert...

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