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Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 01.02.2001
3 U 187/99 -

Bei abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum dürfen Lebensmittel nicht mehr als Normalware verkauft werden

Kunden dürfen von einem Supermarkt erwarten, keine Produkte in den Regalen vorzufinden, deren Mindesthaltbarkeitsdatum bereits abgelaufen ist

Käufer von Lebensmitteln dürfen davon ausgehen, in einem normalen Supermarktregal ausschließlich Lebensmittel vorzufinden, deren Mindesthaltbarkeitsdatum nicht abgelaufen ist. Der Verkäufer ist demnach verpflichtet, nur Ware mit gültigem Haltbarkeitsdatum anzubieten. Dies geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg hervor.

Mehrere Kunden eines Supermarktes, die vor allem Kaffee und leicht verderbliche Lebensmittel aus dem Kühlregal erworben hatten, bemerkten nach ihrem Kauf, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum der Waren bereits seit mehreren Wochen abgelaufen war. Als die Kunden den Kaffee zurückbrachten, stellten sie gemeinsam mit einem Mitarbeiter fest, dass die gesamte Palette mit abgelaufenem Datum angeboten wurde. Da dies bereits mehrfach vorgefallen war, hatte das Unternehmen den verantwortlichen Filialleiter daraufhin entlassen.

Abgelaufene Produkte dürfen nicht als "Normalware" weiterverkauft werden

Als ein Verbraucherverband hiervon erfuhr verklagte es die Supermarkt-Kette vor dem Oberlandesgericht Hamburg. Das Gericht forderte in seiner Entscheidung die Supermarkt-Kette dazu auf, in Zukunft keine Lebensmittel mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum zum Verkauf anzubieten. Die Klage sei gemäß §§ 1, 3, 13 Abs. 2 UWG, 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG begründet.

In einer Stellungnahme gab das Unternehmen zunächst an, es habe die abgelaufene Ware nicht absichtlich als "Normalware" weiterverkauft. Es habe sich um Ausreißer gehandelt, die bei einer Größenordnung von 11.120 angebotenen Artikeln hinzunehmen seien. Alle notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen gegen derartige Vorfälle seien zuvor getroffen worden.

Kunde darf Ware mit gültigem Haltbarkeitsdatum erwarten

Das Oberlandesgericht hatte in seiner Entscheidung die Frage zu klären, ob ein Kunde erwarten könne, in einem "normalen" Verkaufsregal ausschließlich Waren ohne abgelaufenes Haltbarkeitsdatum vorzufinden, denn dann würde der Verbraucher ohne klarstellenden Hinweis in seinen Erwartungen getäuscht und irregeführt, wenn er dem Regal Waren mit abgelaufenen Haltbarkeitsdatum entnehme. Das Oberlandesgericht bejahte diese Frage und folgte damit entsprechenden Entscheidungen der Oberlandesgerichte Köln (GRUR 1988, 920 - "Mindesthaltbarkeitsdatum") und Hamm (WRP 1992, 714 - "Haltbarkeitsdatum").

Bei einem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher sei eine Irreführung anzunehmen. Diese beruhe nicht auf der "Flüchtigkeit" des Verbrauchers, wenn er das Datum nicht prüft, sondern auf der ihm selbstverständlichen Annahme, ihn werde keine Ware angeboten, deren Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Deshalb habe der (durchschnittliche) Verbraucher keinen Anlass, die Ware zu überprüfen. Mit der Präsentation der Ware in einem normalen Regal gebe der Kaufmann zu erkennen, hier biete er normale Ware an, die im Hinblick auf das Haltbarkeitsdatum keine Besonderheiten aufweist, und er führt damit den Verkehr irre, weil dieser glaubt, dem Haltbarkeitsdatum deshalb keine besondere Aufmerksamkeit widmen zu müssen. Demnach liege eine Täuschung durch konkludentes Tun, nicht durch Unterlassen vor.

Ein Mindesthaltbarkeitsdatum schaffe eine Erwartung beim Kunden, der davon ausgehe, das Produkt bis zum Ablauf ohne Bedenken verbrauchen zu können und nach Ablauf diese Gewissheit nicht mehr zu haben. Vernünftigerweise werde der Käufer kein Risiko eingehen und Ware mit nicht abgelaufenem Datum bevorzugen. Der Kunde könne vom Händler erwarten, dass dieser ihm keine Ware zweiter Wahl so anbiete, dass er dies nicht bemerke. Somit müsse er nicht damit rechnen, abgelaufene Ware in einem normalen Regal anzutreffen. Produkte des täglichen Bedarfs werden nach Meinung des Gerichts nicht mit der gleichen Umsicht gekauft wie größere Anschaffungen, eher in Eile und unter Zeitdruck, so dass hier vom Käufer keine hohe Aufmerksamkeit zu erwarten sei.

Bestätigt sah sich das Gericht in seiner Auffassung auch durch die Reaktion des betroffenen Supermarktes. Dieser habe im Ausstellen der Ware mit abgelaufenem Datum wohl selbst einen Fehler gesehen, da er diese "selbstverständlich" von den Kunden zurückgenommen und sogar den verantwortlichen Filialleiter entlassen habe.

Die Entscheidung ist aus dem Jahre 2001und erscheint im Rahmen der Reihe "Wissenswerte Urteile".

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 24.01.2012
Quelle: ra-online, Oberlandesgericht Hamburg (vt/st)

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