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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 26.06.2012
2 U 10/11 -

Extra-Gebühren für Pfändungsschutzkonto unzulässig

Bank darf für Führen eines Girokontos als Pfändungsschutzkonto kein höheres Entgelt verlangen, als für Girokonten mit ansonsten vergleichbarem Leistungsumfang

Eine Bank darf in ihren Allgemeinen Geschäftsgebühren keine Zusatzgebühren für die Umwandlung eines allgemeinen Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto (so genanntes P-Konto) erheben. Dies entschied das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein und gab damit einer entsprechenden Klage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände gegen eine Direktbank mit Sitz in Schleswig-Holstein statt.

Banken sind seit dem 1. Juli 2011 verpflichtet, auf Antrag des Kontoinhabers ein Girokonto in ein Pfändungsschutzkonto umzuwandeln. Greift ein Gläubiger durch Kontopfändung auf das Kontoguthaben des Schuldners zu, verbleibt dem Schuldner bei einem Pfändungsschutzkonto der monatliche Betrag zur Existenzsicherung (Pfändungsfreibetrag) auf dem Konto, über den er dann verfügen kann. Seit dem 1. Januar 2012 können Schuldner nur noch mit Hilfe eines Pfändungsschutzkontos ihr Kontoguthaben vor Pfändungen schützen. Die nach der früheren gesetzliche Regelung (§ 850 k ZPO a. F.) bestehende Möglichkeit einer Aufhebung der Pfändung durch das Vollstreckungsgericht ist entfallen. Auch die Verfügung über eingehende Sozialleistungen kann der Schuldner sich bei einem debitorisch geführten Konto nur noch durch die Umwandlung in ein Pfändungsschutzkonto sichern.

Bank erhebt für Führung eines Pfändungsschutzkontos monatliche Gebühr von 10,90 Euro

Im zugrunde liegenden Streitfall erhob die beklagte Direktbank ohne eigenes Filialnetz für die Führung eines Girokontos keine Gebühren. In der Führung des kostenlosen Girokontos sind unter anderem die Teilnahme am Online-Banking sowie die "ec-/Maestro-Karte" und die Visakarte enthalten. Für die Führung eines Pfändungsschutzkontos erhebt die Direktbank dahingegen eine monatliche Gebühr von 10,90 Euro. Nach ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen sind nach Umwandlung eines Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto die Nutzung der ausgegebenen Karten sowie die (weitere) Bereitstellung eines Dispositionskredits nicht mehr möglich. Zugleich sehen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor, dass ein Anspruch auf Rückumwandlung eines Pfändungsschutzkontos in ein Girokonto nicht besteht.

Gegen die Verwendung dieser Klauseln klagte der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände.

Klausel benachteiligt Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht gab der Klage statt und erklärte die beanstandeten Klauseln in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Direktbank für unwirksam, weil sie den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

Bank erfüllt mit Führen eines Pfändungsschutzkontos gesetzliche Pflicht

Die Bank darf für das Führen des Girokontos als Pfändungsschutzkonto kein höheres Entgelt fordern, als sie selbst für Girokonten mit ansonsten vergleichbarem Leistungsumfang verlangt. Mit dem Führen eines Pfändungsschutzkontos erfüllt die beklagte Direktbank ihre gesetzliche Pflicht, nach der der Kunde jederzeit verlangen kann, dass das Kreditinstitut sein Girokonto als Pfändungsschutzkonto führt. Mit der Erhebung eines Sonderentgelts versucht die Direktbank Aufwendungen für die Erfüllung eigener Pflichten auf den Kunden abzuwälzen, ohne hierfür eine echte Gegenleistung zu erbringen.

Fehlende Nutzungsmöglichkeit für bereits ausgegebene EC- oder Maestro-Karten bei Pfändungsschutzkonto stellt unangemessene Benachteiligung des Kunden dar

Die Klausel, nach der die Nutzungsmöglichkeit bereits ausgegebener Karten sofort mit Umwandlung des Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto endet, stellt ebenfalls eine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar. Die Nutzung der ausgegebenen Karten erfolgt im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses, dessen Beendigung einer Kündigungserklärung und eines Kündigungsgrundes seitens der Bank bedarf. Die beklagte Bank muss auch bei der Umwandlung eines Kontos in ein Pfändungsschutzkonto im Einzelfall prüfen, ob eine Kündigung des Kartenvertrags (eventuell auch nur in Bezug auf die Kreditkarte erfolgen kann) oder ob die Karten wie bisher genutzt werden können.

Klausel zur Bereitstellung eines Dispositionskredits unklar

Das Gericht hat die Klausel, nach der bei einem Pfändungsschutzkonto "die (weitere) Bereitstellung eines Dispositionskredits nicht mehr möglich ist", als unklar beanstandet. Für den betroffenen Kunden wird nicht deutlich, ob er nach der Umwandlung den Kredit sofort zurückzahlen muss, ob er eine Kündigungserklärung der Bank abwarten darf oder ob er lediglich die erhöhten Zinsen für die bloß geduldete Überziehung zahlen muss.

Unmögliche Rückumwandlung des Pfändungsschutzkontos in Girokonto benachteiligt Kunden unangemessen

Die Klausel, nach der ein Anspruch auf Rückumwandlung eines Pfändungsschutzkontos in ein Girokonto nicht besteht, stellt eine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar. Das Girokonto wird nur auf Verlangen des Kunden als Pfändungsschutzkonto geführt wird, um sein Existenzminimum zu schützen. Dieser Schutz soll ihm jedoch nicht aufgezwungen werden. Entfällt das Verlangen des Kunden, gelten die bisherigen Regelungen über den Girokontovertrag weiter.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 27.06.2012
Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht/ra-online

Aktuelle Urteile aus dem Bankrecht | Vertragsrecht
Fundstellen in der Fachliteratur: Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR)
Jahrgang: 2013, Seite: 293
MDR 2013, 293

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