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Bundessozialgericht, Urteil vom 30.09.2015
B 3 KR 14/14 R -

Versicherte hat keinen Anspruch auf Kostenübernahme für Silikonprothese bei fehlendem Endglied des Zeigefingers durch die Krankenkasse

Fehlen des Zeige­finger­end­gliedes ist nicht mit wesentlichen Beeinträchtigung von Körperfunktionen verbunden

Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass das Fehlen des letzten Gliedes des Zeigefingers die Greif- und Haltefunktion einer Hand nicht nennenswert beeinträchtigt und einer Versicherte daher keinen Anspruch auf Kostenübernahme für eine Silikonprothese durch die Krankenkasse zusteht.

Der bei der beklagten Krankenkasse versicherten Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls fehlt das Endglied des Zeigefingers der rechten Hand. Deshalb beantragte sie die Versorgung mit einer individuell angefertigten Silikonfingerprothese entsprechend einem Kostenvoranschlag in Höhe von 3.513,77 Euro. Sie arbeite mit Kundenkontakt am Flughafenschalter und fühle sich in der Öffentlichkeit starrenden Blicken ausgesetzt. Beim Musizieren, beim Modellbau sowie bei der Bedienung der Tastatur und der Maus ihres Computers am Arbeitsplatz und zu Hause biete ihr die Silikonprothese einen erheblichen Funktionsgewinn. Zudem sei es ohne den Schutz durch eine Fingerprothese äußerst schmerzhaft, wenn der Finger beim Greifen an Gegenstände stoße.

Im Vordergrund stehender kosmetischer Aspekt rechtfertigt keine Kostenzusage durch Krankenkasse

Die Krankenkasse lehnte den Antrag ab, da die Klägerin durch den Verlust des Zeigefingerendgliedes nicht wesentlich beeinträchtigt sei, und die Fingerepithese funktionell weitgehend unbedeutend bleibe. Im Vordergrund stehe der kosmetische Aspekt, der eine Kostenzusage nicht rechtfertige. Eine eventuelle Druckschmerzhaftigkeit könne durch eine Schutzkappe oder Verbandmaterial vermindert werden.

LSG verneint Kostenübernahmepflicht der Krankenkasse

Die Klägerin blieb mit der Klage und der Berufung erfolglos. Das Hessische Landessozialgericht führte aus, dass auch im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs die Krankenkassen nicht für solche Innovationen aufzukommen hätten, die keine wesentlichen Gebrauchsvorteile bewirkten und sich auf einen besseren Komfort oder eine bessere Optik beschränkten. Einen wesentlichen Gebrauchsvorteil habe die Klägerin weder vorgetragen noch sei dies den Unterlagen zu entnehmen.

Klägerin verweist auf geschuldeten Behinderungsausgleich

Mit der Revision rügte die Klägerin die Verletzung von § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Sie begehrte eine Naturalfingerprothese mit der weitestgehend individuellen Anpassung an die gesunde Hand und mit der besten Griffigkeit. Denn es sei ein möglichst weitgehender Behinderungsausgleich geschuldet, der auch die Vermeidung einer Stigmatisierung beinhalte. Darüber hinaus biete ihr die Fingerprothese im gesamten täglichen Leben Gebrauchsvorteile, weil die im Wesentlichen durch Daumen und Zeigefinger gestaltete Greiffunktion der Hand durch den Verlust des Zeigefingers erheblich eingeschränkt werde.

Leistungsanspruch ergibt sich nicht bereits zur Wiederherstellung der vollständigen körperlichen Integrität

Die Revision der Klägerin blieb vor dem Bundessozialgericht jedoch ohne Erfolg. Grundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Versorgung mit einer Silikonfingerprothese ist § 33 Abs. 1 SGB V. Als Körperersatzstück soll die Fingerprothese im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs eingesetzt werden, in dem die gesetzliche Krankenversicherung die Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung einer beeinträchtigten Körperfunktion zu bewirken hat. Das gilt grundsätzlich unabhängig davon, wie wichtig die fehlende Funktion für den Betroffenen konkret oder generell ist. Eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung scheidet jedoch selbst für Hilfsmittel, die ein fehlendes Körperteil ersetzen, ausnahmsweise dann aus, wenn das Defizit des Betroffenen zu keinen oder allenfalls ganz geringfügigen Funktionsbeeinträchtigungen führt, die durch das begehrte Hilfsmittel nicht ausgeglichen werden können. Der Leistungsanspruch ergibt sich - soweit keine Funktionsbeeinträchtigung vorliegt - nicht bereits zur Wiederherstellung der vollständigen körperlichen Integrität bzw. eines vollständigen, unversehrten Körperbildes.

Greif- und Haltefunktion der Hand nicht nennenswert beeinträchtigt

Das Fehlen des letzten Gliedes des Zeigefingers beeinträchtigt die Greif- und Haltefunktion der Hand nicht nennenswert, wie sich auch aus den Regelungen des SGB IX und des BVG über den Ausgleich für den Verlust eines Fingerendgliedes ergibt. Den Schutz vor Schmerzen beim Anstoßen des nicht durch einen Fingernagel geschützten Stumpfes leistet eine Fingerkappe nicht weniger sicher als die von der Klägerin begehrte Prothese.

Fingerdefekt für die Öffentlichkeit kaum auffällig

Da das Fehlen des Zeigefingerendgliedes nicht mit einer wesentlichen Beeinträchtigung von Körperfunktionen verbunden ist, liegt keine Krankheit im Sinne des § 27 SGB V vor, deren Behandlungserfolg mit Hilfe eines Hilfsmittels zu sichern wäre. Auch unter dem Aspekt einer "entstellenden Wirkung" liegt in dem Verlust des Fingerendgliedes weder eine Behinderung noch eine Krankheit. Beim für die Öffentlichkeit typischen oberflächlichen Kontakt fällt der Fingerdefekt der Klägerin kaum auf. Diesem kommt insgesamt allenfalls die Wirkung einer kleineren ästhetischen Unregelmäßigkeit ohne Krankheitswert zu, deren Beseitigung bzw. Kaschierung - soweit sie vom Betroffenen gewünscht wird - als kosmetische Maßnahme dem Bereich der Eigenverantwortung angehört.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 23.10.2015
Quelle: Bundessozialgericht/ra-online

Vorinstanzen:
  • Sozialgericht Frankfurt am Main, Urteil
    [Aktenzeichen: S 25 KR 531/11]
  • Hessisches Landessozialgericht, Urteil
    [Aktenzeichen: L 8 KR 6/13]
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Kommentare (2)

 
 
Dr. Anette Oberhauser schrieb am 27.10.2015

Das Bundessozialgericht hat in dieser Entscheidung insbesondere den Krankheitsbegriff präzisiert. Einigkeit besteht deshalb, dass eine Krankheit nur vorliegt, wenn der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt. Im Hinblick auf die zur Annahme der Entstellung führenden Auffälligkeit muss eine beachtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sein. Jene Auffälligkeit muss naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit auslösen und erwarten lassen, dass der Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben und der Gemeinschaft zurückzuziehen droht, so dass die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gefährdet ist. Außerdem muss die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi „im Vorbeigehen“ bemerkbar ist. Die im Sozial- und Medizinrecht spezialisierte Kanzlei Dr. Anette Oberhauser kann Sie in allen Fragen des Sozialrechts kompetent beraten und vertreten.

Armin schrieb am 23.10.2015

Eine Entscheidung deren Willkürlichkeit sich bereits aufdrängt und für jeden Betroffenen auf den ersten Blick ersichtlich ist!

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