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Amtsgericht Hamburg-Bergedorf, Urteil vom 29.05.2024
412 Ds 25/23 -

Strafbarkeit des Vermieters wegen Betrugs durch Unterlassen aufgrund unterlassener Aufklärung über Wegfall des Eigenbedarfs

Aufklärungspflicht des Vermieters bis zur Räumung der Wohnung durch Mieter

Klärt ein Vermieter nach ausgesprochener Eigen­bedarfs­kündigung seinen Mieter nicht darüber auf, dass der Eigenbedarf weggefallen ist, so kann eine Strafbarkeit wegen Betrugs durch Unterlassen gemäß §§ 263 Abs. 1, 13 StGB bestehen. Die Aufklärungspflicht des Vermieters besteht bis zur Räumung der Wohnung durch den Mieter. Dies hat das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 2016 plante eine Frau zusammenmit ihrem Lebensgefährten zurück in ihre Heimat Hamburg zu ziehen. Sie erwarb aufgrund dessen ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück in Hamburg, um dort ein neues Wohnhaus zu errichten. Die im Haus lebenden Mieter erhielten eine Eigenbedarfskündigung. Es folgte ein Räumungsrechtsstreit, der schließlich in der zweiten Instanz mit einem Räumungsvergleich beendet wurde. Die Mieter zogen im August 2020 aus dem Haus. Nachfolgend stellte sich heraus, dass die Vermieterin spätestens seit Oktober 2019 ihren Plan zur Rückkehr nach Hamburg aufgegeben hatte. Sie verkaufte das Grundstück im Dezember 2020. Die Staatsanwaltschaft Hamburg klagte die Vermieterin nunmehr wegen Betrugs durch Unterlassen an.

Strafbarkeit wegen Betrugs aufgrund unterlassener Aufklärung

Das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf entschied, dass sich die Angeklagte aufgrund der unterlassenen Aufklärung über den Wegfall des Eigenbedarfs noch vor dem Auszug der Mieter wegen Betrugs durch Unterlassung gemäß §§ 263 Abs. 1, 13 StGB strafbar gemacht habe.

Pflicht zur Aufklärung über Wegfall des Eigenbedarfs

Die Angeklagte sei verpflichtet gewesen, so das Amtsgericht, die Mieter über den Wegfall des Eigenbedarfs aufzuklären. Diese Pflicht ergebe sich aus der vertraglichen Beziehung der Mietvertragsparteien. Durch die Aufklärungspflicht werde dem besonderen, sich von gewöhnlichen vertraglichen Austauschbeziehungen abhebenden, existenziellen Abhängigkeitsverhältnis des Mieters von seinem Vermieter Rechnung getragen. Sie entspreche dem im Mietrecht verankerten hohen Mieterschutzniveau und führe, gerade in Ballungsräumen mit erheblicher Wohnungsknappheit, nicht zu einer unangemessene Beeinträchtigung des Vermieters in seinem Eigentumsrecht. Vielmehr sei sie Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums und stehe im Einklang mit dem politischen und gesellschaftlichen Willen zur Eindämmung einseitiger profitorientierter Bestrebungen auf dem Wohnungsmarkt.

Bestehen der Aufklärungspflicht bis zur endgültigen Räumung der Wohnung

Die Aufklärungspflicht des Vermieters bestehe nach Ansicht des Amtsgerichts bis zum Zeitpunkt der endgültigen Räumung der Wohnung. Dies gelte auch dann, wenn der Mieter im Vertrauen auf das Vorliegen des Eigenbedarfs mit dem Vermieter einen gerichtlichen Räumungsvergleich schließt. Denn ein solcher erfolge auf Seiten des Mieters regelmäßig unter dem Eindruck eines mit nicht unerheblichen psychischen und finanziellen Belastungen verbundenen Räumungsprozess.

Vermögensschaden in Form des Besitzverlustes an Wohnung

Den Mietern sei aufgrund der täuschungsbedingten Vermögensverfügung ein Vermögensschaden in Form des Besitzverlustes an der Wohnung entstanden, so das Amtsgericht. Unerheblich sei dabei die Behauptung der Angeklagten, dass die Immobilie zum Zeitpunkt der Räumung stark renovierungsbedürftig gewesen sei und daher der Wert des Besitzrechts gegen Null tendiere. Denn die Angeklagte sei als Vermieterin verpflichtet gewesen, die Bewohnbarkeit der Wohnung sicherzustellen. Würde man dies anders sehen, könne ein Vermieter sich der strafrechtlichen Verantwortung dadurch entziehen, dass er eine Unbewohnbarkeit der Wohnung verursacht.

Einziehung des Verkaufserlöses

Das Amtsgericht ordnete zudem die Einziehung des Erlöses aus dem Verkauf der Immobilie im Dezember 2020 abzüglich der entrichteten Einkommenssteuer und der Kosten für die Anschaffung des Grundstücks im Jahr 2016 an.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 23.12.2024
Quelle: Amtsgericht Hamburg-Bergedorf, ra-online (zt/WuM 2024, 618/rb)

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Kommentare (1)

 
 
Ich wieder schrieb vor einer Stunde

Einen wunderschönen guten Morgen, das ist ja mal ein sehr schönes urteil, allerdings sehe ich schon wieder Schaum vor dem Mund bei Vermieterfrust. Allerdings, der Verlust jeglicher Wertsteigerung ist schon ein sehr gutes Argument, es sich künftig zu überlegen.

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