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Bundesgerichtshof, Urteil vom 31.07.2014
4 StR 147/14 -

BGH: Kein Mord an Beifahrer aufgrund spontanen Selbst­mord­entschlusses des Fahrers eines Pkw

Keine bewusste Ausnutzung der Arg- und Wehrlosigkeit des Beifahrers

Wird ein Beifahrer wegen eines Selbstmordversuchs des Pkw-Fahrers getötet, so liegt kein heimtückischer Mord nach § 211 StGB vor, wenn der Pkw-Fahrer die latent vorhandene Suizidabsicht spontan und ungeplant umgesetzt hat. In diesem Fall hat der Pkw-Fahrer nämlich die Arg- und Wehrlosigkeit des Beifahrers nicht bewusst ausgenutzt. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Januar 2013 steuerte ein Pkw-Fahrer das Fahrzeug in Selbstmordabsicht mit mindestens 90 km/h gegen einen Baum. Während der Pkw-Fahrer selbst schwer verletzt überlebte, verstarb seine auf dem Beifahrersitz befindliche Ehefrau an den Folgen ihrer durch die Kollision erlittenen Verletzungen. Die Staatsanwaltschaft erhob aufgrund dessen gegen den Pkw-Fahrer unter anderem Anklage wegen heimtückischen Mordes.

Landgericht bejaht Strafbarkeit wegen Totschlags

Das Landgericht Leipzig wertete den Sachverhalt als Totschlag mit vorsätzlichem Eingriff in den Straßenverkehr. Eine Strafbarkeit wegen heimtückischen Mordes verneinte es dagegen, da Zweifel bestanden haben, dass der Angeklagte die Arg- und Wehrlosigkeit seiner Ehefrau bewusst zur Tatbegehung ausgenutzt habe. Es sei nicht auszuschließen gewesen, dass er den Entschluss zum Selbstmord in einer psychischen Ausnahmesituation spontan gefasst habe. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten.

Bundesgerichtshof verneint Strafbarkeit wegen heimtückischen Mordes

Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies daher die Revision sowohl der Staatsanwaltschaft als auch des Angeklagten zurück. Dieser habe sich wegen Totschlags strafbar gemacht. Eine Strafbarkeit wegen heimtückischen Mordes sei dagegen ausgeschlossen gewesen.

Keine bewusste Ausnutzung der Arg- und Wehrlosigkeit der Ehefrau

Ein heimtückischer Mord setze unter anderem voraus, so der Bundesgerichtshof, dass der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst ausnutzt. Er müsse sich bewusst sein, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber einem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen. Dass dies hier der Fall war, sei fraglich gewesen. Entweder habe ein das Ausnutzungsbewusstsein nicht in Frage stellender Bilanzselbstmord oder aber eine spontane, ungeplante Umsetzung latent vorhandener Suizidabsichten vorgelegen, die zu einer psychischen Ausnahmesituation mit einer ausgeprägten Einengung des Bewusstseinsinhalts und damit zum Fehlen des Ausnutzungsbewusstseins geführt habe. Bei bestehenden Zweifeln müsse von der für den Angeklagten günstigeren Konstellation ausgegangen werden.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 27.01.2017
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Landgericht Leipzig, Urteil vom 21.11.2013
    [Aktenzeichen: 1 KLs 303 Js 3281/13]
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Fundstellen in der Fachliteratur: Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ)
Jahrgang: 2015, Seite: 30
NStZ 2015, 30
 | Zeitschrift für Schadenrecht (zfs)
Jahrgang: 2015, Seite: 110
zfs 2015, 110

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Dokument-Nr.: 23765 Dokument-Nr. 23765

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