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Amtsgericht München, Urteil vom 24.11.2020
824 Cs 431 Js 162556/20 -

Gefühlte Nichteinhaltung der Corona-Abstandsregeln führt zur Körperverletzung

Müllsack mit Gartenabfälle stellt kein gefährliches Werkzeug dar

Die zuständige Strafrichter am Amtsgericht München verurteilten einen 71jährigen Münchner Rentner wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 70 Euro.

Auf dem Wertstoffhof in München-Langwied kam es zu einem Streit zwischen dem Angeklagten und einem anderen 81jährigen Rentner über die Einhaltung der Corona Abstandsregeln. Im Verlaufe dieses Streits holte nach Überzeugung des Gerichtes der Angeklagte mit seinem noch zum Teil mit Gartenabfällen gefüllten Sack schwungvoll zur Seite aus und traf dadurch den Geschädigten mit dem Sack oder mit Gartenabfällen jedenfalls bedingt vorsätzlich im Gesicht. Der Geschädigte erlitt dadurch Schürfwunden und Schwellungen im Bereich des linken Auges und der linken Backe.

Müllsackattacke auf einem Wertstoffhof

Der Angeklagte bestritt die Tat absichtlich begangen zu haben. Er gab an, er habe in gebührendem Abstand gewartet, jedoch habe der Kläger den Mindestabstand unterschritten. Zudem gab der Angeklagte an, den Kläger beim Entleeren seiner Gartenabfälle nicht gesehen zu haben, wodurch dieser einige der Abfälle abbekommen habe. Er habe nach Mitarbeitern gerufen, die ihm aber nicht geholfen haben sollen. Der Zeuge erklärte, der Angeklagte habe aggressives Verhalten gezeigt und ihn dann mit einem Abfallsack direkt attackiert. Ein Mitarbeiter des Wertstoffhofs sei dazwischen gegangen, um den Zeugen vor weiterem Schaden zu bewahren. Daraufhin sei der Zeuge nach Hause gefahren. Er habe Verletzungen im Gesicht und am linken Auge gehabt, welches sogar operiert werden musste. Der aktiv gewordene Mitarbeiter des Werkstoffhofs bestätigte weitestgehend die Aussage des Klägers, während eine weitere Zeugin angab, den Kläger und den Angeklagten sich streiten gesehen zu haben. Der Mindestabstand sei laut ihr nicht eingehalten worden.

Müllsack kein gefährliches Werkzeug

Der Strafrichter begründete sein Urteil u.a. so: "Aufgrund der Angaben der neutralen Zeugen geht das Gericht davon aus, dass der Angeklagte sehr erbost darüber war, dass der Geschädigte seiner Auffassung nach die Abstandsregeln nicht einhielt. Deshalb hat er schließlich mit dem Sack ausgeholt und den Geschädigten entweder mit dem Sack oder mit darin befindlichen Gartenabfällen getroffen. Dabei nahm er zumindest billigend in Kauf, dass der Geschädigte dadurch auch verletzt wurde. Der Sack mit Gartenabfällen war dabei allerdings nicht als gefährliches Werkzeug im Sinne des § 224 StGB anzusehen, da aufgrund seiner konkreten Verwendung in diesem Fall nicht mit besonders erheblichen Verletzungen zu rechnen war. Zugunsten des Angeklagten war zu berücksichtigen, dass er nicht vorbestraft ist. Außerdem ging der Körperverletzung ein Streit über die Einhaltung der Abstandsregeln voraus." Der Angeklagte wurde zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 70 Euro verurteilt.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 24.12.2020
Quelle: Amtsgericht München, ra-online (pm/aw)

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Kommentare (2)

 
 
Rechtsanwaltservice schrieb am 28.12.2020

Es kommt ja darauf an, was im Sack war. Wenn da Stöcke oder Steine drin waren, würde ich bei Schlag ins Gesicht durchaus von einem der Art der Verwendung und Zielrichtung des Anschlages durchaus von einem gefährlichen Werkzeug ausgehen. Wegen der Unterschreitung des Sicherheitsabstandes ggü. einem Hochbetagten ist allerdings ein Abzug vom Strafmaß angezeigt weswegen die Strafe auch für die Annahme eines gefährlichen Werkzeuges angemessen ist. Daß er operiert werden musste bezweifele ich - man nennt das unter normalen Menschen "verarztet". Die Überschrift ist übrigens nicht gut gewählt. Man könnte meinen, die Abstandsverletzung sei die Körperverletzung!

Gerd Maximini schrieb am 25.12.2020

Ihr Leitsatz: "Gefühlte Nichteinhaltung der Corona-Abstandsregeln führt zur Körperverletzung" erschließt sich nicht aus den Entscheidungsgründen! Sie war Ursache der Tathandlung, aber nicht strafbare Handlung selbst; diese Zusammenfassung des Urteils im LS ist missverständlich.

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