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Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17.03.2005
- BVerwG 3 C 20.04 -
Keine Ausgleichsleistung für die Erben des Hitler-Ministers Hugenberg
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass den Erben von Dr. Alfred Hugenberg keine Ausgleichsleistung für die entschädigungslose Enteignung seines Gutes zusteht, da er dem nationalsozialistischen System erheblichen Vorschub geleistet hat (§ 1 Abs. 4 AusglLeistG).
Hugenberg (1865 bis 1951) gründete nach 1916 einen Presse- und Medienkonzern. 1919 wurde er für die Deutschnationale Volkspartei – DNVP – Mitglied der Nationalversammlung und war bis 1945 Reichstagsabgeordneter. 1928 übernahm er den Vorsitz der DNVP. Zusammen mit der NSDAP und dem "Frontkämpferbund Stahlhelm" gründete er 1931 die "Harzburger Front". Im Januar 1933 wurde Hugenberg Reichsminister für Wirtschaft, Landwirtschaft und Ernährung im Kabinett Hitler. Im Juni 1933 trat er von seinen Minister- und Parteiämtern zurück. Von 1946 bis 1951 befand er sich in britischer Internierung. Im Rahmen der Entnazifizierung wurde er 1950 als "Entlasteter" eingestuft.
Eine Rückübertragung des Gutes war 1994 bestandskräftig abgelehnt worden. Den Antrag auf die Gewährung einer Ausgleichsleistung nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz lehnte das Sächsische Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen mit Bescheid vom 18. April 2001 ab, da Hugenberg dem nationalsozialistischen System erheblichen Vorschub geleistet habe. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht Dresden abgewiesen.
Die Revision der Klägerin, einer aus den Erben Hugenbergs bestehenden Gesellschaft, blieb erfolglos. Das Bundesverwaltungsgericht hat bestätigt, dass in Bezug auf Hugenberg die Voraussetzungen für einen Anspruchsausschluss nach § 1 Abs. 4 AusglLeistG vorliegen. Nach dieser Regelung wird eine Ausgleichsleistung für eine entschädigungslose Enteignung auf besatzungshoheitlicher Grundlage unter anderem dann nicht gewährt, wenn derjenige, von dem der Anspruchsteller seine Rechte ableitet, dem nationalsozialistischen System erheblichen Vorschub geleistet hat.
Ein erhebliches Vorschubleisten im Sinne von § 1 Abs. 4 AusglLeistG ist bereits in der Phase der Errichtung des nationalsozialistischen Systems möglich und nicht erst nach dessen Etablierung. Voraussetzung für einen Anspruchsausschluss ist in objektiver Hinsicht, dass nicht nur gelegentlich oder beiläufig, sondern mit einer gewissen Stetigkeit Handlungen vorgenommen wurden, die dazu geeignet waren, die Bedingungen für die Errichtung, die Entwicklung oder die Ausbreitung des nationalsozialistischen Systems zu verbessern oder Widerstand zu unterdrücken, und dies auch zum Ergebnis hatten. Der Nutzen, den das Regime aus dem Handeln gezogen hat, darf nicht nur ganz unbedeutend gewesen sein. Die subjektiven Voraussetzungen des Ausschlusstatbestandes sind erfüllt, wenn die betreffende Person dabei in dem Bewusstsein gehandelt hat, ihr Verhalten könne diesen Erfolg haben. Die Einstufung als "Entlasteter" im Rahmen der Entnazifizierung ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.
Ein solches erhebliches Vorschubleisten zugunsten des nationalsozialistischen Systems ist auf der Grundlage der vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen sowie allgemeinkundiger Erkenntnisse zu den Umständen der nationalsozialistischen Machtergreifung bei Hugenberg anzunehmen. Durch die auf Hugenberg zurückgehende Aufnahme der NSDAP in das Bündnis gegen den Young-Plan und deren Einbeziehung in die "Harzburger Front" stieg das Ansehen der NSDAP in der Bevölkerung, Hitler wurde "salonfähig". 1933 entschloss sich Hugenberg als bekannter und einflussreicher Politiker, Minister im Kabinett Hitler zu werden. Ohne Mitwirkung Hugenbergs wäre Hitler nicht zum Reichskanzler ernannt worden. In die Zeit der Regierungsbeteiligung Hugenbergs fallen außerdem wichtige von ihm mitgetragene Rechtsakte, die wesentlich zur Errichtung des nationalsozialistischen Systems beigetragen haben, wie etwa das Ermächtigungsgesetz.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 21.03.2005
Quelle: Pressemitteilung Nr. 14/2005 des BVerwG vom 17.03.2005
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