alle Urteile, veröffentlicht am 31.05.2022
Landgericht Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 06.04.2022
- 4 O 208/21 -
"Idyllisches Wohnen" entpuppt sich als Täuschung: Grundstückskaufvertrag kann angefochten werden
Auch Maklerin muss Courtage zurückzahlen
Der Käufer eines Grundstücks kann den Kaufvertrag wegen Täuschung anfechten, wenn ihm der Verkäufer in wesentlichen Punkten falsche Versprechungen gemacht hat. In diesem Fall verliert auch die Immobilienmaklerin ihren Anspruch auf die Maklercourtage, und zwar auch dann, wenn sie nichts von der Täuschung wusste. Den bereits gezahlten Maklerlohn muss sie wieder zurückzahlen. Das entschied die 4. Zivilkammer des Landgericht Frankenthal in einem aktuellen Verfahren.
Ein Ehepaar aus Baden erwarb Ende 2016 eine Immobilie im Außenbereich einer kleinen Gemeinde im Landkreis Germersheim. Im Exposé der Maklerin wurde das Objekt beworben mit: "Idyllisches Wohnen in ruhiger sonniger Alleinlage". Allerdings hatte der Verkäufer noch vor dem Verkauf von der Baubehörde erfahren, dass das Außenbereichsgelände nur in Kombination mit einem landwirtschaftlichen Betrieb zu Wohnzwecken genutzt werden dürfe. Den Käufern, die somit dort nicht wohnen durften, teilte er dies jedoch nicht mit. Auch die Maklerin hatte davon keine Kenntnis.Als das Ehepaar im Laufe des Jahres 2017 erfuhr, dass die erworbene Immobilie... Lesen Sie mehr
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.05.2022
- 6 AZR 224/21 -
Kein Wiedereinstellungsanspruch in der Insolvenz
Klage auf Wiedereinstellung gleichzeitig mit Klage gegen Wirksamkeit der Kündigung führt zur Unterbrechung beider Klagen
In der Insolvenz des Arbeitgebers besteht kein Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers. Ist ein solcher Anspruch vor Insolvenzeröffnung bereits gegenüber dem Schuldner entstanden, erlischt er mit Insolvenzeröffnung, so das Bundesarbeitsgericht. Die Insolvenzordnung bindet durch § 108 Abs. 1 InsO den Insolvenzverwalter nur an bereits vom Schuldner begründete Arbeitsverhältnisse, kennt jedoch keinen Kontrahierungszwang des Insolvenzverwalters. Einen solchen Zwang kann nur der Gesetzgeber anordnen.
Der Kläger war bei einem Betten- und Matratzenhersteller mit rund 300 Arbeitnehmern beschäftigt. Dieser kündigte das Arbeitsverhältnis wirksam zum 31. Juli 2019 wegen Betriebsstilllegung. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, noch während der Kündigungsfrist sei ein Betriebsübergang auf die spätere Schuldnerin beschlossen und am 1. August 2019 vollzogen worden. Er nahm deshalb... Lesen Sie mehr
Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Urteil vom 24.05.2022
- 9 KN 6/18, 9 KN 7/18 und 9 KN 74/18 -
Stadt darf Spielgerätesteuer von von 18 % auf 22 % erhöhen
Vergnügungssteuersatzung der Stadt Königslutter am Elm ist wirksam - Satzung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat mit drei Urteilen Normenkontrollanträge gegen die am 1. Januar 2018 in Kraft getretene „2. Nachtragssatzung der Satzung der Stadt Königslutter am Elm über die Erhebung von Vergnügungssteuern“ vom 21. Dezember 2017 abgelehnt.
Mit der 2. Nachtragssatzung hat die Stadt Königslutter am Elm den Steuersatz für die in ihrem Gebiet erhobene Spielgerätesteuer für Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit von 18 % auf 22 % des Einspielergebnisses erhöht. Gegen diese Erhöhung haben sich zwei Spielhallenbetreiber (Az. 9 KN 6/18 und 9 KN 7/18) sowie ein gewerblicher Spielgeräteaufsteller (Az. 9 KN 74/18) gewandt, die auf der... Lesen Sie mehr
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Bundessozialgericht, Urteil vom 19.05.2022
- B 8 SO 13/20 R -
Behinderungsbedingte Mehrkosten einer Urlaubsreise als soziale Teilhabeleistung vom Sozialhilfeträger zu erstatten
Urlaubsreisen als Form der Freizeitgestaltung stellt legitimes soziales Teilhabebedürfnis dar
Behinderte Menschen können Eingliederungshilfeleistungen für solche Kosten erhalten, die entstehen, weil sie bei einer Urlaubsreise auf eine Begleitperson angewiesen sind. Dies hat das Bundessozialgericht entschieden.
Der auf einen Rollstuhl angewiesene, behinderte Kläger beschäftigt zu seiner Pflege rund um die Uhr drei Assistenten. Er unternahm im Juli 2016 eine 7-tägige Schiffsreise auf der Nordsee mit zwei Landausflügen. Einen seiner Assistenten nahm er zur Sicherstellung seiner Pflege auf die Reise mit. Seine eigenen Reisekosten trug der Kläger selbst. Er machte gegenüber dem beklagten Sozialhilfeträger... Lesen Sie mehr
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24.05.2022
- 6 C 9.20 -
Protestcamps - hier: Klimacamp - sind laut Bundesverwaltungsgericht als Versammlungen durch das Grundrecht der Versammlungsfreiheit geschützt
"Klimacamp 2017" im Rheinland unterfiel mit Infrastruktureinrichtungen der Versammlungsfreiheit
Das "Klimacamp 2017" im Rheinland war eine durch Art. 8 GG geschützte Versammlung. Das Polizeipräsidium Aachen als Versammlungsbehörde hat sich zu Unrecht darauf berufen, dass ein als Übernachtungsfläche mit Zelten und Sanitäreinrichtungen genutztes Feld von dem Anwendungsbereich des Art. 8 GG und des Bundesversammlungsgesetzes (VersammlG) ausgenommen gewesen sei. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden und in diesem Zusammenhang Maßgaben für den Schutz von sog. Protestcamps durch das Grundrecht der Versammlungsfreiheit entwickelt.
Die Klägerin meldete das Klimacamp für die Dauer von elf Tagen im August 2017 als öffentliche Versammlung unter freiem Himmel bei dem Polizeipräsidium Aachen an. Das Polizeipräsidium wies der Klägerin in Form einer auf § 15 Abs. 1 VersammlG gestützten Ortsauflage eine von der Klägerin gemietete Fläche und einen dieser Fläche benachbarten Sportplatz in Erkelenz als Versammlungsflächen... Lesen Sie mehr
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Verwaltungsgericht Göttingen, Urteil vom 18.05.2022
- 3 A 67/19 -
Kosten, die durch Verletzung der Gewässerunterhaltungspflicht seitens der Stadt entstanden sind, dürfen nicht in Kalkulation der Abfallgebühren eingerechnet werden
Abfallgebühren 2019 von der Stadt Göttingen zu Unrecht erhoben
Das Verwaltungsgericht Göttingen hat einen Abfallgebührenbescheid der Stadt Göttingen für das Jahr 2019 aufgehoben.
Ende der 1960'er Jahre wollte die Stadt Göttingen die alte Müllkippe der früher selbständigen Gemeinde Geismar erweitern und künftig als Bau- und Bodenschuttdeponie nutzen. Die Erweiterung hätte ein Gewässer, den Bruchweggraben, zugeschüttet, was unzulässig gewesen wäre. Deshalb beantragte die Stadt Göttingen als Unterhaltungspflichtige für diesen Graben bei dem damals zuständigen Landkreis... Lesen Sie mehr