die zehn aktuellsten Urteile, die zum Schlagwort „Anwesenheitspflicht“ veröffentlicht wurden
Verfassungsgerichtshof Berlin, Beschluss vom 24.01.2018
- 20 A/18 -
Richter darf Anwesenheit des Angeklagten und dessen Verteidigers zwecks Foto- und Filmaufnahmen der Presse nicht vorschreiben
Unzulässiger Eingriff in Persönlichkeitsrecht und Recht auf informationelle Selbstbestimmung
Ein Richter darf den Angeklagten und dessen Verteidiger nicht dazu verpflichten, vor Beginn der Hauptverhandlung zwecks Foto- und Filmaufnahmen durch die Presse anwesend zu sein. Eine solche Anordnung stellt einen unzulässigen Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung dar. Dies hat der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Januar 2018 gestatte der vorsitzende Richter einer Strafkammer des Landgerichts Berlin, dass die Presse zehn Minuten vor Beginn der Hauptverhandlung Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungsaal anfertigen darf. Die Erlaubnis erfolgte unter Auflagen. So mussten Aufnahmen der Angeklagten anonymisiert veröffentlicht werden. Zudem ordnete der Richter an, dass die Angeklagte und deren Verteidiger während der Aufnahmen im Saal anwesend sein müssen. Dies hielten die Betroffenen für unzulässig. Sie beantragten daher beim Landes-Verfassungsgerichtshof den Erlass einer einstweiligen Anordnung zwecks Aussetzung der angeordneten Anwesenheitspflicht.... Lesen Sie mehr
Verwaltungsgericht Aachen, Urteil vom 03.12.2015
- 6 K 1400/15 -
Beginn eines Universitätsstudiums parallel zur Berufsausbildung rechtfertigt keine Löschung des Lehrvertrages aus dem Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse
Möglichkeit des Selbststudiums in den Abendstunden und am Wochenende ermöglicht auch ordnungsgemäße (Vollzeit-)Ausbildung parallel zum Studium
Das Verwaltungsgericht Aachen hat entschieden, dass allein der Beginn eines Universitätsstudiums parallel zur Berufsausbildung nicht die Löschung des Lehrvertrages aus dem Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse rechtfertigt. Da auch bei einem Bachelorstudium eine Anwesenheitspflicht nur in geringem Umfang besteht und das Selbststudium ohne Weiteres auf die Abendstunden und/oder das Wochenende gelegt werden kann, ist es nach Auffassung des Gerichts nicht ausgeschlossen, dass parallel zum Studium eine ordnungsgemäße (Vollzeit-)Ausbildung stattfinden kann.
Die Auszubildende des zugrunde liegenden Verfahrens hatte im Oktober 2013 mit einem Pferdegestüt, deren Inhaber ihr Stiefvater ist, einen Vertrag über die Ausbildung zur Pferdewirtin geschlossen. Die Arbeitszeit wurde im Ausbildungsvertrag auf 8 Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich festgelegt. Im September 2014 nahm die Klägerin parallel zu ihrer Ausbildung einen Bachelorstudiengang... Lesen Sie mehr
Oberlandesgericht Braunschweig, Beschluss vom 19.03.2014
- 1 Ss 15/14 -
Verwerfung der Berufung bei unentschuldigtem Nichterscheinen des Angeklagten zur Berufungsverhandlung
Anwesenheit eines zur Verteidigung bereiten Rechtsanwalt unerheblich
Erscheint der Angeklagte zu seiner Berufungsverhandlung nicht, so führt dies zur Verwerfung seiner Berufung. Dabei spielt es keine Rolle, ob ein zur Vertretung des Angeklagten bereiter Rechtsanwalt anwesend ist. Dies hat das Oberlandesgericht Braunschweig entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall verwarf das Landgericht Braunschweig die Berufung eines Angeklagten gemäß § 329 Abs. 1 StPO, da er zur Berufungsverhandlung nicht erschien. Dagegen legte der Angeklagte Revision ein. Er führte an, dass eine Berufungsverwerfung bei Nichterscheinen des Angeklagten nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (18633) unzulässig ist,... Lesen Sie mehr
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Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 08.11.2012
- 30804/07 -
EGMR: Zurückweisung einer Berufung im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Ausbleiben des Angeklagten verstößt gegen die Menschenrechtskonvention bei Anwesenheit eines zur Vertretung bereiten Verteidigers
Nichtentscheidung über Berufung stellt unzulässige Entziehung des Rechts auf Verteidigung (Art. 6 Abs. 3 c) EMRK) dar
Wird eine Berufung im Rahmen eines Strafverfahrens deswegen zurückgewiesen, weil der Angeklagte unentschuldigt fernblieb, so liegt darin ein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), wenn ein zur Vertretung bereiter Verteidiger anwesend ist. Durch die Nichtentscheidung über die Berufung wird dem Angeklagten in unzulässiger Weise das Recht auf Verteidigung nach Art. 6 Abs. 3 c) EMRK entzogen. Dies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Februar 2003 wurde ein Angeklagter wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 15 EUR verurteilt. Gegen diese Entscheidung legte der Angeklagte Berufung ein. Zur Berufungsverhandlung erschien er jedoch nicht. Er ließ sich stattdessen von seinem Anwalt vertreten. Das Berufungsgericht verwarf angesichts des nicht... Lesen Sie mehr